Tageslichtplanung

Optimale Fensterplanung mit Mehrwert

Dachfenster
30.11.2021

Von: Redaktion Dach Wand
ÖNorm EN 17037 bildet den aktuellen Stand der Technik im Bereich "Tageslicht in Gebäuden" ab. Sie legt statt konkreter Angaben zu Architekturlichten Vorgaben für die Tageslichtbedingungen im Innenraum fest.

Wir verbringen 90 Prozent unserer Zeit in Gebäuden. Daher ist es wichtig, in diesen Gebäuden eine Verbindung nach außen zu schaffen. Die Versorgung des Innenraums mit ausreichend Tageslicht spielt dabei eine besondere Rolle, um den Aufenthalt und die Nutzung des Raums möglichst angenehm und gesund zu gestalten. "Aktuelle Richtlinien dazu werden den Bedürfnissen von Bewohner und Nutzer in den meisten Fällen nicht gerecht", erklärt Christina Brunner, Tageslicht- und Planungsexpertin bei Velux Österreich. Die geforderten 12 Prozent Architekturlichte, bezogen auf die Nutzfläche, sind kein Garant für eine ausgewogene und adäquate Belichtung im Raum.
Im Februar 2019 trat die Tageslichtnorm ÖNorm EN 17037 in Österreich in Kraft. Ein Monat danach, im März 2019, wurde sie europaweit eingeführt und liefert nun – neben Empfehlungen zu Aussicht, Besonnung und der Vermeidung von Blendung – aktualisierte und erweiterte Richtwerte zur Sicherstellung einer angemessenen Tageslichtversorgung. Anders als bisherige Richtlinien basieren diese nicht auf dem Verhältnis von Fenstergrößen zu Raumgröße, sondern auf der tatsächlichen Belichtung des Raums. Die Tageslichtnorm ÖNorm EN 17037 führt einen europaweiten Standard ein und geht deutlich über die bestehenden Anforderungen der Landesbauordnungen hinaus.

Die europäische Tageslichtnorm fordert eine angemessene Tageslichtversorgung von Räumen.
Die europäische Tageslichtnorm fordert eine angemessene Tageslichtversorgung von Räumen.

Bewertungskategorien für Tageslicht

Die einzelnen Aspekte können mithilfe der Norm in die Bewertungskategorien "gering", "mittel" und "hoch" eingeordnet werden. Für eine ausreichende Tageslichtversorgung für vertikale und geneigte Fenster führt die Norm zwei Kriterien auf. Diese Vorgaben beziehen sich jeweils auf eine Fläche im Raum (Bezugsebene) in Höhe von 85 Zentimeter mit jeweils 50 Zentimeter Abstand zu den Wänden:

  • Auf 50 Prozent der Fläche sollen mindestens 300 Lux (Beleuchtungsstärke) während 50 Prozent der Tageslichtstunden erreicht werden.
  • Auf 95 Prozent der Fläche sollen mindestens 100 Lux während 50 Prozent der Tageslichtstunden erreicht werden.

Unter Einsatz von horizontalen Oberlichtern gilt:

  • Auf 95 Prozent der Fläche sollen mindestens 300 Lux während 50 Prozent der Tageslichtstunden erreicht werden.

Damit ist aber jeweils nur die Empfehlungsstufe "gering" erreicht. Die Überprüfung kann mittels Berechnung des Tageslicht-Quotienten stattfinden. "Das Verfahren zur Überprüfung der Tageslichtversorgung ist im Vergleich zu der einfachen Angabe einer Mindest-Fenstergröße wesentlich aussagekräftiger, um den Nutzen eines Gebäudes eine angemessene Menge an Tageslicht zur Verfügung zu stellen", erklärt Christina Brunner.

Faustformel: In den meisten Fällen führt eine Fensterfläche von 20 bis 25 Prozent der Grundfläche des Raums zur Erfüllung der Tageslicht-Norm.

Christina Brunner, Tageslicht- und Planungsexpertin bei Velux Österreich

Einfache Faustformel zur Berechnung von Tageslicht

"Da die Berechnung relativ komplex und für unsere meisten Partner im Handwerk sehr aufwändig wäre, wollten wir hier eine Hilfestellung bieten", so Brunner. So kann eine Faustformel bei der Annäherung an die ausreichende Fensterfläche helfen. Dafür führte Velux einige Berechnungen mit verschiedenen Muster-Räumen durch. Aus den jeweils benötigten Glasflächen ließ sich folgende Ableitung erschließen: In den meisten Fällen führt eine Fensterfläche von 20 bis 25 Prozent der Grundfläche des Raums zur Erfüllung der Tageslicht-Norm. "Mit dieser Faustformel fällt es Bauherren und Handwerkern einfacher, sich der Norm möglichst praktikabel anzunähern."
Wer eine verlässliche Erfüllung der Norm garantieren will, muss noch eine Validierung, etwa mit einer geeigneten Software, wie zum Beispiel dem "Velux Daylight Visualizer" durchführen.

Nach den Richtwerten der europaweit gültigen Tageslichtnorm sollen auf 50 Prozent der Bezugsfläche im Raum 300 Lux und auf 95 Prozent der Fläche mindestens 100 Lux erreicht werden.

Schwerpunkte für Aussicht, Besonnung und Blendung

Neben der Helligkeit in Innenräumen geht die Tageslichtnorm auch auf die Themen Aussicht, Besonnung und Blendung ein. Für die "Sichtverbindung nach außen" liefert die Norm Qualitätsanforderungen, ob man den Boden, die Landschaft und/oder Himmel beim Blick nach draußen von verschiedenen Positionen im Raum aus sieht. Die tatsächliche Versorgung eines Raums mit direktem Sonnenlicht wird außerdem durch die Dauer der Sonneneinstrahlung bewertet. Für den Bedarf gegen Blendung legt die Norm Richtwerte auf Basis der Wahrscheinlichkeit, vom Tageslicht geblendet zu werden, fest: So sollen Nutzer*innen maximal fünf Prozent der Nutzungszeit der Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sein, durch Blendung gestört zu werden. Werden diese überschritten, sollte der passende Blend- und Sonnenschutz eingeplant werden.
Die europaweite Tageslichtnorm hat einen Richtwert-Charakter und spricht Empfehlungen aus, die sich positiv auf Wohn- und Nutzungsqualität auswirken. "Die Norm bildet den aktuellen Stand der Technik ab und gibt eine hilfreiche Orientierung zur Einschätzung von ausreichender Tageslichtversorgung", so Christina Brunner. "Mit den Richtwerten unterstützt man europaweit eine deutlich bessere Tageslichtversorgung, die neben der Reduzierung von Kunstlichteinsatz zum Wohlbefinden und zur Gesundheit der Nutzer beiträgt." (bt)

Autor*innen: Christina Brunner, Maik Seete