Genehmigungen

Abfallsammler und Subunternehmer

Vergaberecht
02.05.2022

Das Vergaberecht ist kompliziert, das Abfallwirtschaftsrecht ist aber auch nicht einfacher.

Da die erforderlichen Genehmigungen nach Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) ein Teil der vergaberechtlichen Eignung sind (Befugnis), ist dies auch in Vergabeverfahren ein Thema.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) vom 28. 3. 2022, Ro 2019/04/0226, setzte sich mit diesen Fragen auseinander.

Abfallsammler und Ausnahmen

Gemäß § 2 Abs. 6 Z 3 AWG ist Abfallsammler, wer von Dritten erzeugte Abfälle

  • abholt oder
  • entgegennimmt oder
  • über deren Abholung oder Entgegennahme rechtlich verfügt.

In der gegenständlichen Ausschreibung (Leistungsverzeichnis) war, wie so oft, vorgesehen, dass der Auftragnehmer Eigentümer des ­Abbruchmaterials wird und darüber – durch Weitergabe – rechtlich verfügt.

Der VwGH hat bestätigt, dass der Auftragnehmer Abfallsammler im Sinne des AWG wurde. Es handelte sich auch um "von Dritten erzeugte Abfälle", denn laut VwGH war der Auftraggeber Abfallerst­erzeuger, weil dessen Auftrag zum Abbruch und zur Entsorgung die wesentliche Ursache für die Entstehung des Abfalls war.

Der präsumtive Zuschlagsempfänger hatte allerdings keine Sammlererlaubnis nach AWG. Inzwischen ist dieses Thema für Bauarbeiten durch eine AWG-Novelle entspannt, weil gemäß § 24a Abs. 2 Z 11 AWG jemand, der im Zuge eines Auftrags Abbruch- oder Aushubarbeiten durchführt und die ­anfallenden Abfälle nachweislich einem berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergibt, von dieser Erlaubnispflicht ausgenommen ist.
Im VwGH-Fall war aber noch die alte Version des AWG anzuwenden. Da das inzwischen nur von historischem Interesse ist, sei nicht detailliert darauf eingegangen. Der VwGH hat im Anlassfall auch die Anwendung der alten Ausnahmebestimmung bestätigt.

Subunternehmereigenschaft

Nach wie vor relevant ist aber die Frage, ob ein berechtigter Abfallsammler oder -behandler, dem der Auftragnehmer den Abfall übergibt, als Subunternehmer im vergaberechtlichen Sinne gilt und daher grundsätzlich bereits – bei sonstigem Ausscheiden – im Angebot zu nennen ist.
Hier ist, etwas überraschend, der VwGH der sehr "liberalen" Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts Wien gefolgt (bzw. hat er diese als vertretbar bezeichnet und daher die Entscheidung bestätigt). Nach dieser Ansicht handle es sich um keinen Subunternehmer, da der Auftragnehmer seine vertraglich geschuldete Leistung des "Verwertens, Deponierens bzw. Entsorgens der Baurestmassen" bereits durch Übergabe an einen berechtigten Abfallsammler oder -behandler vollständig erbringe.

Das überrascht angesichts des Wortlautes des Bundes­vergabegesetzes (BVergG) insoweit, als ein Subunternehmer ein Unternehmer ist, "der Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages ausführt". Der Auftragnehmer schuldete nach dem Leistungsverzeichnis (wie meistens) aber nicht nur die Übergabe an einen berechtigten Dritten, sondern das "Verwerten, Deponieren bzw. Entsorgen" (der Auftraggeber bezahlt das ja auch); und wenn ein Dritter diese Leistung (also "Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrages") für den Auftragnehmer erbringt, sollte man glauben, dass er dann auch Subunternehmer wäre.

Möglicherweise – genauer begründet wurde das vom VwGH nicht – wurde hier von einem engen Verständnis der geschuldeten Leistung ausgegangen, also dass bei einem Bauauftrag (zumindest vergaberechtlich) die geschuldete Leistung nur in der Bauleistung liegt, nicht aber auch in "Nebenleistungen" wie dem Wegschaffen von Aushub- oder Abbruchmaterial. Das würde aber unter Umständen auch bedeuten, dass ein Subunternehmer im vergaberechtlichen Sinne nicht (mehr) mit einem Erfüllungsgehilfen im zivilrechtlichen Sinne gleichzusetzen
wäre.

Für die vergaberechtliche Praxis hat das allerdings den Vorteil, dass das Risiko eines Ausscheidens des Angebots reduziert wird, wovon nicht nur die ­Bieter-, sondern auch die Auftraggeberseite (davon ausgehend, dass auch ein Auftraggeber kein gesteigertes Interesse daran hat, Angebote auszuscheiden) profitieren könnte.

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