Interview: Klare Worte

"Einfach nur blödsinnig"

Interview
13.03.2024

Der niederösterreichische Bauunternehmer Johannes Dinhobl findet klare Worte im Gespräch mit der Bauzeitung. Er begrüßt das neue Baupaket der Regierung, erwartet spürbare Effekte für das Baugewerbe aber erst ab Anfang 2025. Seine Forderung an die Politik: Augenmaß und Hausverstand.
Dinhobl

Johannes Dinhobl zum neuen Baupaket der Bundesregierung: Die Maßnahmen sind gut, aber sie kommen viel zu spät. Ich begrüße, dass die Regierung nun den Neubau und Sanierungen fördert. Ich bin auch davon überzeugt, dass diese Förderungen wirken werden. Das braucht aber seine Zeit. Die neuen Bauvorhaben müssen erst einmal geplant und ausgeschrieben werden. Vor Anfang 2025 erwarte ich mir daher keine spürbaren Effekte für das Baugewerbe.

Zur aktuellen Lage des Baugewerbes: Es ist eine schwierige Situation. Es kommt aber darauf an, wie die Unternehmen aufgestellt sind: Für Betriebe, die vor allem im Wohnbau tätig sind – vom Einfamilienhaus bis zum großvolumigen Wohnbau – wird das Jahr 2024 eine Katastrophe. Betriebe, die breiter aufgestellt sind, werden irgendwie durchkommen.

Zur missbräuchlichen Verwendung der Wohnbauförderung: Die Gelder, die die Länder vom Bund für die Wohnbauförderung erhalten haben, wurden in den vergangenen Jahren für alles Mögliche genutzt – zum Beispiel für soziale Zwecke wie die Wohnbeihilfe oder einfach dafür, Budgetlöcher zu stopfen. Das hat während der Nullzinsphase noch funktioniert. Aber nach dem Anstieg der Zinsen eben nicht mehr. Man hat die Wohnbauförderung totgefahren. Meiner Meinung nach, muss man das System dringend ändern: Es muss verboten werden, dass die Wohnbauförderungs-Gelder für andere Zwecke eingesetzt werden. Das ist beim aktuellen Paket der Bundesregierung hoffentlich sichergestellt.

Billige Ausrede der Politik

Über den Vorwurf an die Bauwirtschaft, dass der Wohnbau nicht mehr leistbar sei: Den Preisanstieg der Bauwirtschaft in die Schuhe zu schieben, ist eine billige Ausrede der Politik. Wir bekommen alle 14 Tage eine neue Preiserhöhung ins Haus – und zwar von der Politik selbst. Es gibt laufend neue Vorschriften und Normen: vom Abfall bis zur CO2-Besteuerung. Und das verursacht natürlich Kosten. Viele dieser Verordnungen sind einfach nur blödsinnig. Es gibt zum Beispiel eine neue Regelung, die vorschreibt, dass ein WC mindestens 1,4 m² groß sein muss. Wozu braucht es diese Vorschrift? Das sind alles Kubikmeter, die unnötig verbaut werden. Das Gleiche gilt für die überbordenden Normen zum barrierefreien Bauen: Im großvolumigen Wohnbau müssen alle Wohnungen behindertengerecht ausgeführt werden. Das ist aber gar nicht notwendig. Es würde völlig ausreichen, wenn das bei fünf bis zehn Prozent der Wohnungen umgesetzt wird. So verschwendet man sinnlos Material, erhöht die Kosten und steigert den CO2-Ausstoss.

Über Nachhaltigkeit am Bau: Das ist ein sehr wichtiges Thema, und ich sehe mich hier als Vorreiter. Aber auch hier ist Augenmaß und Hausverstand gefragt. Die Bürokratie erdrückt uns sonst. Wir müssen uns jedes neue Thema, das auf uns zukommt, neu erarbeiten. Das ist ein enormer Arbeitsaufwand, den wir uns nur schwer leisten können. Die kleinen und mittleren Unternehmen haben nicht die Ressourcen, um ständig neue Listen zu befüllen. So macht man den Mittelstand kaputt.

Zum Thema Flächenversiegelung und der geplanten Reduktion des täglichen Bodenverbrauchs von derzeit 11 auf 2,5 Hektar: Das halte ich nicht für realistisch. Aber es gibt natürlich viele Möglichkeiten, den Bodenverbrauch zu senken. Da müssen sich vor allem die Gemeinden an die eigene Nase fassen: Bebauungspläne, die vorschreiben, dass nur 15 Prozent der Fläche verbaut werden dürfen oder nur in Bauklasse 1 gebaut werden darf, sind völlig kontraproduktiv. Die Möglichkeiten zur Verdichtung, zum Umbau und zur Aufstockung sollten dringend erweitert werden. Mit Hausverstand ist hier viel möglich.

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