Neue Prüfmethoden für Klebdichtstoffe im Bauhandwerk
Klebdichtstoffe spielen eine zentrale Rolle im modernen Fassadenbau. Sie verbinden Glas und andere Materialien dauerhaft und müssen hohen mechanischen sowie klimatischen Belastungen standhalten. Dennoch basieren viele gängige Prüfverfahren auf klassischen Zug- und Schertests, die nur eingeschränkt Rückschlüsse auf das Verhalten der Klebschicht unter realen Bedingungen erlauben. Um die Haltbarkeit und Sicherheit von Klebverbindungen besser bewerten zu können, gewinnen alternative Prüfmethoden zunehmend an Bedeutung.

Die Beurteilung von Klebdichtstoffen erfolgt häufig durch standardisierte Verfahren wie den Haftzugtest nach ISO 8339 oder ASTM C1265-06. Ergänzend werden Alterungstests durchgeführt, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuchtigkeit, UV-Strahlung und Temperaturschwankungen zu untersuchen. Diese Verfahren liefern jedoch nur begrenzte Informationen zur tatsächlichen Klebschichtstabilität, insbesondere zur Belastbarkeit der Grenzfläche zwischen Klebstoff und Substrat. Ohne diese Informationen bleibt die Vorhersage des Langzeitverhaltens schwierig.
Alternative Testmethoden für realistische Bewertungen
Moderne Verfahren setzen verstärkt auf die Analyse der Delamination, also der schrittweisen Ablösung der Klebschicht unter Belastung. Dies ermöglicht eine detailliertere Untersuchung der Grenzflächenmechanismen und verbessert die Beurteilung von Structural-Glazing-Klebstoffen.
In einer aktuellen Untersuchung wurden neun verschiedene Klebdichtstoffe von fünf Herstellern mit einer neuen Prüfmethode getestet. Dabei zeigte sich, dass die Widerstandsfähigkeit gegen Grenzflächenschädigungen stark variiert und nicht allein von den Herstellerangaben zur Festigkeit abhängt. Interessanterweise wiesen einige Baumarktprodukte eine vergleichbare Performance zu hochspezialisierten Klebstoffen für Structural Glazing auf. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung neuer Prüfmethoden für eine praxisnahe Bewertung.
Vergleich konventioneller und alternativer Verfahren
Die Testergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen etablierten und neuen Prüfverfahren. Während klassische Methoden meist nur die maximale Belastbarkeit zum Versagenszeitpunkt erfassen, liefern alternative Tests eine detaillierte Analyse des gesamten Ablöseprozesses. Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf die tatsächliche Langzeitbeständigkeit und das Verhalten der Klebstoffe im Schadensfall ziehen. Die Tabelle zeigt eine Übersicht über die geprüften Produkte. Details und IDs können direkt beim Autor erfragt werden.

Besonders auffällig war, dass der weit verbreitete manuelle Schältest keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Langzeitstabilität zulässt. Auch der H-Zugprobentest nach ISO 8339 erwies sich als nur bedingt geeignet, da er lediglich den maximalen Belastungswert erfasst, jedoch keine Informationen zur Rissausbreitung in der Grenzschicht liefert.
Ersichtlich ist auch, wie sehr Festigkeitswerte zwischen Herstellern ähnlicher Produkte variieren und somit eine zuverlässige Vergleichbarkeit und Selektion erschweren. Die Problematik liegt darin, dass unterschiedliche Verfahren – trotz Normung – keine gesicherten Werte liefern, die Klebdichtstoffe punkto Delamination klassifizieren könnten. Daher bietet Fracture Analytics ein neues Verfahren dazu an.
Fazit und Ausblick
Alternative Prüfmethoden bieten eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden Normprüfungen und ermöglichen eine realistischere Einschätzung der Klebstoffperformance. Eine breitere Anwendung dieser Verfahren könnte langfristig zu verbesserten Standards führen, die sowohl klassische Festigkeitsprüfungen als auch die Analyse der Delamination berücksichtigen. Dies würde eine fundiertere Auswahl und Bewertung von Klebdichtstoffen im Bauhandwerk ermöglichen und so die Sicherheit und Langlebigkeit von Fassadenkonstruktionen weiter optimieren.
(bt)
Text: Martin Brandtner-Hafner
Kontakt: Fracture Analytics