Stahlkolben machen Motor effizienter

Leichtbau
21.08.2014

 
Daimler gibt der Dieseltechnik neue Impulse und ersetzt erstmals die in Pkw-Dieselmotoren bislang üblichen Kolben aus Aluminium durch neu entwickelte Hightech-Kolben aus Stahl.
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In Kombination mit der Nanoslide-Zylinderlaufbahntechnologie bringen die neuen Stahlkolben (rechts) im Dieselmotor weniger Verbrauch und weniger CO2-Emissionen.

1936 hat Mercedes-Benz den ersten Diesel-Pkw der Welt vorgestellt. Nach einer Vielzahl technischer Innovationen ist der Dieselmotor schließlich zu dem weiterentwickelt worden, was er im Pkw heute ist: leistungsstark und dennoch sparsam.

Jetzt drehen die Motoringenieure erneut an der Effizienzschraube. Im September 2014 feiern im V6-Dieselmotor des Mercedes-Benz E 350 BlueTEC neue Hightech-Kolben aus Stahl ihre Weltpremiere in einem Serien-Pkw. Unter anderem dank dieser technischen Innovation verbrauche die Limousine laut Daimler bei gleicher Leistung (190 kW/258 PS) nur noch um die fünf Liter Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer – dabei liegt der durch den Stahlkolben bedingte Spareffekt bei rund drei Prozent.

Stahlkolben sind heute schon bei Nutzfahrzeug-Motoren in Kombination mit schweren Graugusskurbelgehäusen weit verbreitet, während sich bei Pkw-Dieselmotoren Aluminium-Kolben über die Jahre zum Standard entwickelt haben. Die nun von Mercedes-Benz neu entwickelten Stahlkolben harmonieren mit den modernen, leichten Aluminium-Motorgehäusen und der von Mercedes-Benz entwickelten „Nanoslide“-Zylinderlaufbahntechnologie.

Materialvorteile nutzen

Stahl und Aluminium unterscheiden sich in ihren Eigenschaften deutlich: Stahl dehnt sich bei Hitze weniger aus als Aluminium, leitet die Wärme schlechter und ist zunächst einmal schwerer. Das lässt die Kombination von Alugehäuse und Stahlkolben auf den ersten Blick schwierig erscheinen. Dennoch entdeckten die Ingenieure von Mercedes-Benz darin Möglichkeiten, indem sie die offensichtlichen Unterschiede in den Materialeigenschaften vorteilhaft einsetzten.

Dass sich ein Stahlkolben bei Wärme nur etwa ein Viertel so weit ausdehnt wie sein Pendant aus Aluminium, nutzten die Entwickler, um den Stahlkolben knapper zu bemessen, sodass er zunächst sehr eng in der Zylinderlaufbahn sitzt. Steigt allerdings beim Betrieb die Temperatur, dehnt sich das Alugehäuse mehr aus als der Stahlkolben – die Folge ist eine größere Toleranz des Kolbens im Zylinder und damit geringere Reibung. Da allein die Kolben-/ Laufbahngruppe zwischen 40 bis 50 Prozent der mechanischen Reibung verursacht, erschloss sich hier ein wichtiges Effizienzpotenzial.

Fester, kleiner, gleiches Gewicht

Die früher verwendeten Stahlkolben waren für eine Kombination mit Motorgehäusen aus Aluminium allerdings wenig geeignet. Die Kolben mussten daher völlig neu konzipiert werden. Die jetzigen Stahlkolben sind aus hochwertigem, besonders festen Stahl geschmiedet – eine große Herausforderung für die Kolbenlieferanten.

Die höhere Festigkeit des modernen Stahls erlaubt eine kompakte Bauweise der Kolben. Damit kann auch die etwa dreifach größere Werkstoffdichte nahezu kompensiert werden. Tatsächlich sind die innovativen Stahlkolben des schwäbischen V6-Diesels mit 58,6 Millimeter um bis zu 13 Millimeter niedriger als ihre bislang benutzten Alu-Pendants. Durch die veränderte Geometrie und eine intelligente Konstruktion liegt das Gewicht von Kolben, Kolbenbolzen und Kolbenringen als Einheit auf dem Niveau der Ausführung mit Aluminium-Kolben. Damit konnte Mercedes-Benz den Gewichtsnachteil von Stahl fast kompensieren – und sogar Festigkeitsreserven für steigende Spitzendrücke bereitstellen.

Höherer Wirkungsgrad

Durch den Einsatz von Stahlkolben soll zudem der Wirkungsgrad verbessert werden. Denn wegen der geringeren Wärmeleitfähigkeit von Stahl gegenüber Alu entstehen im Brennraum erhöhte Temperaturen. Damit steigt die Zündwilligkeit und die Brenndauer wird reduziert. Ergebnis: geringerer Verbrauch und Schadstoffausstoß. Der geringeren Wärmeleitfähigkeit von Stahl trug Mercedes-Benz durch konstruktive Anpassungen wie zum Beispiel modifizierte Kühlkanäle in den Kolben Rechnung.

In der Praxis optimieren laut Daimler die innovativen Stahlkolben das thermodynamische Verhalten – bei gleichzeitiger Reduktion der Reibung. Das bringe vor allem im unteren und mittleren Drehzahlbereich deutliche Verbrauchsvorteile, so die Entwickler. [red/daimler]

Vorteile von Stahl

Für die Zukunft sehen die Motoringenieure von Mercedes-Benz noch weitere Vorteile im Einsatz der Hightech-Stahlkolben:

  • Stahl lässt nicht nur eine kleinere Dimensionierung des Kolbens zu, er bietet gleichzeitig größere Reserven gegenüber mechanischen Belastungen. Das ist besonders für weitere Downsizing-Konzepte zielführend.
  • Da Stahlkolben fester sind als Alukolben, kann ein damit ausgerüsteter Dieselmotor mit höheren Temperaturen arbeiten und damit ein höherer thermodynamischer Wirkungsgrad erzielt werden.
  • Da die Motoringenieure wegen der gegenüber Aluminium geringeren Wärmeausdehnung mit Stahlkolben den Spalt zwischen Zylinderwand und Kolben bis zum ersten Kolbenring reduzieren können, entstehen zugleich weniger Schadstoffe und Rohemissionen. 
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