Interview

"Es wird ein Umdenken stattfinden"

Landesinnung Oberösterreich
29.02.2024

Klaus Weißengruber ist seit Anfang des Jahres neuer Innungsmeister der Landesinnung der Tischler und Holzgestalter Oberösterreich. Im Interview spricht er über Lehrlinge, die Marktlage und seine Ziele.
Klaus Weissengruber, Ladesinnungsmeister der Tischler und Holzgestalter Oberösterreich
Klaus Weissengruber, Ladesinnungsmeister der Tischler und Holzgestalter Oberösterreich

Sie sind seit 1. Jänner dieses Jahres Landesinnungsmeister in Oberösterreich. Was bewegt einen, vermutlich viel beschäftigten, Unternehmer, sich in der Innung zu engagieren?

Klaus Weißengruber: Ich bin ja bereits seit 2005 im Innungsausschuss der Landesinnung und auch im Prüfungswesen tätig, sowohl im Vorsitz für die Lehrabschlussprüfungen als auch als Beisitzer bei den Meisterprüfungen. Seit 2020 war ich stellvertretender Landesinnungsmeister. Sie haben Recht, ich betreibe ein Unternehmen mit 60 Mitarbeiter:innen. Aber ich nehme mir gerne die Zeit, um mich für unseren Beruf und das Handwerk einzusetzen und das Berufsbild weiterzuentwickeln.

Welche Aufgaben sehen Sie hierbei in Zukunft auf die Innung zukommen?

Eine der größten Herausforderungen der Zukunft wird das qualifizierte Personal sein. Wir brauchen gut ausgebildeten Nachwuchs. Derzeit arbeiten wir an einer neuen Prüfungsordnung für die Meisterprüfung, weil der Meistertitel ja jetzt dem Bachelor gleichgestellt ist. Das ist eine wichtige Anhebung des Status unseres Berufs. Bereits mit der Einführung des Lehrberufs für Tischlereitechnik mit den wählbaren Schwerpunkten auf Planung, Produktion oder Formenbau wurde schon ein wesentlicher Schritt gesetzt und die Attraktivität der Ausbildung gesteigert.

Wichtig wird auch sein, den allgemeinen Bekanntheitsgrad der vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten in Tischlerei, Tischlereitechnik und im Bereich der Holzgestalter zu erhöhen. Mit der neuen Lehrlingsbroschüre und den bundesweit ausgestrahlten Radio- und Fernsehwerbungen gehen wir schon in die richtige Richtung.

Im Wesentlichen dreht sich alles darum, junge Menschen für unseren Beruf zu begeistern und die Wertschätzung des Handwerks in unserer Gesellschaft weiter zu stärken.

Luftaufnahme der Tischlerei Weissengruber
Luftaufnahme der Tischlerei Weissengruber in Ried i.d. Riedmark

Haben Sie ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Die Duale Akademie. Damit haben wir in Oberösterreich eine Plattform geschaffen, die es jungen Menschen mit Matura erlaubt, die Lehre zum Tischlereitechniker in verkürzter Zeit, innerhalb von nur drei Jahren abzuschließen. Die Teilnehmer der dualen Akademie werden in der Berufsschule in einer eigenen Klasse unterrichtet und steigen mit einer deutlich höheren Gehaltseinstufung in den Betrieb ein. Mit dieser Plattform können wir meiner Meinung nach sehr viel erreichen und in Zukunft tatsächlich mehr Fachkräfte gewinnen.

Wie beurteilen Sie das Image des Tischlerberufs in der Öffentlichkeit?

Tischler:innen sind hervorragende Handwerker und werden als Allrounder hoch geschätzt. Deswegen ist es leider oft so, dass die Industrie auch aus anderen Branchen gut ausgebildete Mitarbeiter abwirbt. Es muss noch stärker an die Jugend kommuniziert werden, dass Tischlereibetriebe top ausgestattete, moderne Unternehmen sind. Viele Firmen präsentieren ihre Betriebe schon in großartigen Videos, die die Maschinentechnik und die tolle Ausstattung zeigen. Das Schöne an unserem Beruf ist, dass selbst die modernste Technik, die in vielen Bereichen eine wesentliche Erleichterung für den Arbeitsalltag darstellt, das Handwerk letztendlich doch nicht ersetzen kann. Der Zusammenbau und die Montage der Möbel kann nur von Hand ausgeführt werden, und das wird auch so bleiben.

Klaus Weissengruber und sein Vater, Komm. Rat Fritz Weissengruber
Klaus Weissengruber und sein Vater, Komm. Rat Fritz Weissengruber

Die Lehrlingszahlen der Tischler in Oberösterreich sind zwischen 2012 und 2022 um etwa 45 Prozent gesunken. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Solche Zahlen gibt es leider quer durch alle Handwerksberufe. Wir beschäftigen uns in der Innung schon seit einigen Jahren intensiv mit dem Thema Employer-Branding. Ziel ist es in erster Linie, als attraktiver Arbeitgeber in der Region wahrgenommen zu werden. Hier ist jeder einzelne Betrieb stark gefordert, um junge Menschen für den Lehrberuf zu begeistern und als Mitarbeiter zu gewinnen. Keine einfache Aufgabe, da auch das Angebot der weiteren schulischen Ausbildung stets zunimmt und die Schulen selbst um ihre zukünftigen Schüler werben. Hier kommen wir wieder auf den schon besprochenen Punkt zurück, dass es wichtig sein wird, das Image des Handwerks weiter zu stärken und die Attraktivität des Berufs hervorzuheben.

Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage aus Tischlersicht?

Nachdem die Nachfrage während Corona extrem angestiegen ist, lässt dieser Aufschwung jetzt deutlich nach. Weil auch in der Baubranche ein enormer Rückgang zu spüren ist, betrifft das auch unsere Betriebe unterschiedlich stark. Der private Hausbau stagniert aus bekannten Gründen fast komplett. Mit der Ausstattung von Fenstern, Türen, Fußböden, Küchen und sonstiger Inneneinrichtungen ist dieser Bereich ein wichtiges Standbein für die Tischlerbranche, das jetzt einbricht. Gleichzeitig steigen aber auch die Fixkosten in den Betrieben durch den deutlichen Anstieg von Energie-, Lohn- und Materialkosten. Wir stehen also vor großen Herausforderungen und da ist auch die Politik gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

Woran denken Sie da konkret?

Es sollte für die Menschen wieder leistbar werden, zu bauen oder Bestandshäuser zu renovieren. Entsprechende Anreize dafür müssen von politischer Seite eingeleitet werden. Konkrete Maßnahmen wie Zinssenkungen, gedeckelte Mehrwertsteuerbefreiung für den Bau privater Eigenheime und einer Umsatzsteuerrückvergütung für Renovierungsmaßnahmen werden ja schon diskutiert. Für Unternehmer könnte eine Senkung der Lohnnebenkosten und eine Neuauflage der Investitionsprämie eine große Unterstützung sein, vor allem auch um die Wettbewerbsfähigkeit und die Erhaltung der Arbeitsplätze in Zukunft zu sichern.

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