Ziviltechniker*innen fordern Investitionen
Angesichts eines erwarteten Budgetdefizits setzt die Stadt Wien auf Einsparungen und Projektverschiebungen. Die Kammer der Ziviltechniker*innen für Wien, Niederösterreich und Burgenland warnt davor, dass ein einseitiger Sparkurs wirtschaftliche, soziale und ökologische Folgewirkungen haben könnte.
In einer Presseaussendung nimmt die Kammer der Ziviltechniker*innen für Wien, Niederösterreich und Burgenland zur Budgetpolitik der Stadt Wien Stellung. Hintergrund ist das für 2026 erwartete Defizit von 2,65 Milliarden Euro, vor dem die Stadt Einsparungen und Projektverschiebungen angekündigt habe.
Wie es in der Aussendung heißt, betone die Stadt zwar eine sozial verträgliche Vorgangsweise und stelle in Aussicht, Klima-, Umwelt- und Ausbildungsprojekte fortzuführen. Gleichzeitig würden jedoch unter anderem die Preise für die Jahreskarte der öffentlichen Verkehrsmittel sowie der Wohnbauförderungsbeitrag angehoben, während Investitionen in Bau- und Infrastrukturprojekte reduziert oder verschoben würden.
Verschiebungen von Projekten
Besonders deutlich werde der finanzielle Druck laut Kammer beim Blick auf die Liste aktuell bekannter, verschobener Vorhaben. Genannt würden unter anderem Bäderprojekte, Verkehrs- und Oberflächengestaltungen, Brückenneubauten, Sanierungen von Amtshäusern sowie Teile des U-Bahn-Ausbaus. Auch im Bildungsbereich würden Schulbauprojekte überprüft oder zeitlich verschoben, obwohl der Bedarf steige.
Die Kammer der Ziviltechniker*innen warnt in ihrer Aussendung davor, dass verzögerte Infrastruktur- und Bildungsinvestitionen insbesondere Bevölkerungsgruppen mit geringeren Ressourcen treffen könnten. Gleichzeitig gingen durch verschobene Bauvorhaben wichtige Wachstums- und Beschäftigungsimpulse verloren.
Aus wirtschaftspolitischer Sicht hätten Investitionsstopps oder -verschiebungen erhebliche gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Wenn öffentliche Investitionen zurückgefahren würden und Haushalte gleichzeitig zu sparen beginn, sinke die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Gerade in solchen Phasen könne der Staat stabilisierend wirken, indem Investitionen vorgezogen werden.
Zur Untermauerung dieser Position verweist die Kammer in ihrer Aussendung auf Berechnungen des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung. Demnach würden Bauinvestitionen in Wien erhebliche regionale Wertschöpfungseffekte auslösen, Arbeitsplätze sichern und einen beträchtlichen Teil der eingesetzten Mittel über Steuern und Abgaben an die öffentliche Hand zurückführen.
Zu wenig Spielraum
Zusätzlichen Druck auf den budgetären Spielraum sieht die Kammer durch das gegen Österreich eingeleitete EU-Defizitverfahren. Dieses verpflichte zur schrittweisen Reduktion des Defizits, lasse jedoch aus Sicht der Kammer zu wenig Raum für dringend notwendige Investitionen in öffentliche Infrastruktur wie Schulen oder den öffentlichen Verkehr.
In diesem Zusammenhang verweist die Kammer auf den zunehmenden Einsatz von Public-private-Partnership-Modellen bei öffentlichen Bauprojekten in Wien. Diese dienten laut Aussendung vor allem dazu, Investitionen bilanziell außerhalb des öffentlichen Schuldenstands abzuwickeln, seien jedoch langfristig mit höheren Kosten für die öffentliche Hand verbunden.
Bernhard Sommer, Präsident der zt:Kammer appelliert abschließend an die Stadtregierung: „Nur ein ausgewogener Kurs aus Konsolidierung und zukunftsgerichteten Investitionen kann sicherstellen, dass Wien stabil durch herausfordernde Zeiten und gut in die Zukunft kommt. Nur so werden sozialer Zusammenhalt und wirtschaftliche Dynamik erhalten bleiben, und nur so kann die letztlich unvermeidliche Transformation hin zu einer dekarbonisierten Gesellschaft gelingen. Von dieser zweiten Komponente – den strategischen und zukunftsgerichteten Investitionen – hört man derzeit zu wenig.“




