Metallgewebe

Schön, elegant und noch viel mehr

Metallbearbeitung
25.11.2021

Von: Redaktion Metall
Architekturgewebe leistet in immer neuen Anwendungen wertvolle Beiträge zu Energiebilanz, Komfort, Nachhaltigkeit, Raumakustik, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit.
Hermès Flagship

Aspekte wie Auswahl der standortabhängig geeigneten Legierung bei Edelstahlgeweben, Feinheit des Gewebes, Betrachtungsabstand, Gewicht, Form der gewünschten Verkleidung, Farbigkeit und Farbtreue, Transparenz, Lichtdurchlässigkeit, Wärmedurchgangskoeffizient, Wind- und Schallschutz müssen berücksichtigt werden, um die geeignete Gewebeart und -auslegung definieren. Stellschrauben für das objektspezifische Fitting sind Materialwahl, Gewebetyp sowie Parameter wie Drahtstärke, offene Fläche und Teilung.Marktüblich sind Seil-, Gitter- und Spiralgewebe. Als Werkstoffe gibt es diese Gewebetypen außer in Edelstahl auch in Aluminium und Buntmetallen. Seilgewebe aus diesen Metallen folgen jeder Form und sind spannbar. Gittergewebe aus vorgekröpften (pre-crimped) Edelstahl- oder Aluminiumdrähten (PC-Gewebe) bieten eine wertige Alternative zu gängigen Produkten wie Streckmetall oder Lochblech. Mit einer Rahmenkonstruktion werden die Gitterelemente als homogene Verkleidung einfach montiert. Aus flachen Drähten endlos gefertigte Spiralgewebe überzeugen durch besondere Flexibilität und Dreidimensionalität.

Innovative Fassadenbekleidung

Kunsthalle Mannheim

Beim Bau der Kunsthalle Mannheim erarbeitete die Gebr. Kufferath AG (GKD), Marktführer für technische Gewebe für Industrie und Architektur über viele Monate gemeinsam mit allen Beteiligten ein innovatives Gewebe für die Fassadenbekleidung. Diese gewebte Membran bewahrt ihre textile Wirkung auch bei großem Betrachtungsabstand durch eine variierende Transparenz an Glasflächen und Fassade. In vierkettige Kettseilgruppen aus naturbelassenem Edelstahl webte GKD drei Millimeter dicke Edelstahldrähte und Edelstahlrohre mit 25 Millimeter Durchmesser in unterschiedlichen Abständen und Abfolgen ein.

Edelstahl trifft Aluminium

Das Tencent Hauptquartier.

Beim Hauptquartier des Hightech-Giganten Tencent in Shenzhen, China fand der Gewebexperte GKD ein weitere innovative Lösung: Hier verhüllt ein riesiges goldenes Netz die Galerien des dreigeschossigen Atriums oberhalb der Lobby. In Kettseilgruppen aus naturbelassenem Edelstahl wurden goldfarben eloxierte Aluminiumdrähte und -rohre in wechselnden Abständen eingewebt. Mit durchgängig homogener Farbigkeit und präziser Fluchtung entstand aus dem filigranem Metallgewebe so auch eine vollwertige Absturzsicherung. Für die freihängende Innenfassade des Hermès Flagship-Stores in Bangkok wurde Edelstahldraht im Durchlaufverfahren lackiert und mit naturbelassenen Kettseilen verwebt. Neben dieser hochwertigen Veredelung des Sambesi-Gewebes bestand hier die Herausforderung darin, der bogenförmigen und zugleich geneigten Glasfassade wie ein Vorhang zu folgen und dabei Höhenunterschiede von bis zu zwölf Zentimetern zu kompensieren. Um die hierfür erforderliche Maßhaltigkeit und Winkeligkeit der gewebten Elemente einzuhalten, entwickelte GKD eigens neue Verfahren für Zuschnitt, Konfektionierung und Montage. Für den Zuschnitt wurden die Formen per Laser auf den 30 Meter langen und acht Meter breiten Fertigungstischen auf das Gewebe projiziert, anschließend wurde das Gewebe einbaufertig schräg zugeschnitten und mit Flachprofilen zur Befestigung konfektioniert. So konnten die Paneele vor Ort über zwei Geschosse hinweg bogenförmig, in exakt abgestimmten Längen und Breiten an der Decke eingehängt und ohne Spannung am Boden befestigt werden.

Maßgeschneiderte Spannungskonzepte

Das Grand Théâtre des Cordeliers in Albi, Frankreich.

Ein gelungenes Zusammenspiel von Webkompetenz, Veredelung und Befestigung zeigt auch die Verhüllung aus in einem hellen Goldton eloxierten Aluminiumbändern für das Grand Théâtre des Cordeliers in Albi, Frankreich. Für die dreidimensionale Hülle mit zahlreichen gegenläufigen Krümmungen und unterschiedlichen Höhen entwickelte GKD eine Sonderform des Spiralgewebes Escale. Jede der insgesamt fast 5.000 Spiralen wurde in individueller Länge gefertigt und montiert. Um Verformungen in der filigranen Stahlkonstruktion durch die entstehenden Windkräfte zu vermeiden und die Kräfte dennoch sicher an die Unterkonstruktion abzuleiten, legte GKD in einem ausgeklügelten Spannungskonzept fest, wie und in welcher Reihenfolge die Gewebepaneele eingebaut wurden. Die Lösung waren spezielle Seile, die GKD in das Gewebe einzog, und die exakte Definition von deren Lagerung und Gelenken.

Neue Gewebetechnologie

 Pavillon Dufour, der neuen Haupteingang von Schloss Versailles

Auch für die skulpturale Deckengestaltung im Pavillon Dufour, dem neuen Haupteingang von Schloss Versailles, entwickelte GKD eine neuartige Gewebetechnologie: Nach einem von Architekt Dominique Perrault vorgegebenen "Zufallsprinzip" wurden in spiralförmig geschlungene Flachdrähte Aluminiumstäbe unterschiedlicher Länge eingeschoben, die in drei verschiedenen Goldtönen eloxiert sind. Ein eindrucksvolles Beispiel der gebündelten Beratungs-, Entwicklungs-, Web-, Konfektionier- und Befestigungskompetenz der Weberei ist auch die Überdachung, die am Adelaide Airport, Australien, halbkreisförmig Parkhaus und Hauptterminal verbindet. Für diese in sich verdrehte Stahlkonstruktion wurde jedes der 270 Paneele aus dem Edelstahlgewebe Tigris individuell gezeichnet und die notwendige Spannung berechnet. Anschließend wurden alle Paneele in einem anderen Neigungswinkel mit der von GKD entwickelten Befestigungstechnik Fusiomesh an der zweifach geneigten Unterkonstruktion angebracht. Nicht minder herausfordernd war das Vordach, das sich am Capital Gate Tower, Abu Dhabi, aus dem schiefsten Gebäude der Welt heraus entwickelt und in einem großen Schwung Haupteingang und Tribünen verbindet. Für dieses luftig anmutende Band wurden sämtliche 580 Paneele aus Tigris-Gewebe unterschiedlich stark verzogen - im Extremfall um bis zu 25 Grad. Um den Gewebeöffnungen im Schleier dennoch eine identische Optik zu verleihen, entwickelte, webte und lieferte GKD vier verschiedene Typen des Gewebes. (uw)