Leichtbau

Laser fügen leichte Sandwichstrukturen

Fertigungstechnik
11.04.2023

 
Statt massiver Stahlplatten kommen im Leichtbau häufig Sandwichplatten zum Einsatz. Ein neues Laserverfahren des Fraunhofer IWS verschweißt filigrane Hohlkammerstrukturen mit Deckblechen.
Leichtbauplatte aus der Produktion
Die Herstellung von Leichtbauplatten und -profilen ohne Klebstoffe oder andere Zusatzmaterialien erleichtert das Recycling am Ende des Lebenszyklus.

Im Flug- und Fahrzeugbau trägt Leichtbau stark zur Einsparung von Material, Gewicht und Kraftstoff bei. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik IWS haben nun einen Weg gefunden, um erprobte Konstruktionsprinzipien des Leichtbaus auf weitere Branchen zu übertragen. Dafür verschweißen sie mit Lasern filigrane Hohlkammerstrukturen mit Deckblechen zu leichten Sandwichplatten. Diese Metallstrukturen lassen sich besonders effizient im Rolle-zu-Rolle-Verfahren des Fraunhofer IWS produzieren. Die neuartige Technologie sorgt für höheres Produktionstempo und mehr Einsatzbreite von Leichtbauplatten. Dadurch eröffnen sich Leichtbauperspektiven etwa für die Konstruktion von Schiffsaufbauten, Eisenbahnen und Fabrikhallen.

Die neue, laserbasierte »Sandwichplattierung« bietet viel technologisches, wirtschaftliches wie auch ökologisches Potenzial für die Industrie: »Mit dieser Technologie lassen sich Leichtbauplatten und -profile deutlich schneller und kostengünstiger herstellen als mit herkömmlichen Methoden wie dem Strangpressen«, betont Andrea Berger, Forscherin am Fraunhofer IWS. »Zudem kommt das neue Verfahren ohne Klebstoffe und andere Zusatzmaterialien aus. Dies erleichtert das Recycling der damit produzierten Leichtbaustrukturen.«

Statt zentimeterdicker schwerer Stahlplatten setzen viele Leichtbauer häufig Sandwichplatten ein. Diese sind trotz ihres bedeutend geringeren Gewichts im Vergleich zu massivem Stahl belastbar genug für Zwischenwände und -decken in Fahrzeugen, Flugzeugen oder Hallen. Solche Sandwichplatten und Profile bestehen aus waben-, trapez-, steg- oder kugelartigen Hohlkammerstrukturen. Typische Ausgangsmaterialien sind dünner Stahl, Aluminium, Kunststoffe oder andere Werkstoffe. Auf diese Innenstrukturen schweißen oder kleben die Hersteller beidseitig dünne Bleche.

Klassisches Strangpressen stößt an Grenzen

Ausgangspunkt für das neue Laser-Walz-Verfahren war eine Herausforderung, mit der ein großes Waggonbau-Unternehmen an das Fraunhofer IWS herangetreten war: Der Konzern verwendete zwar bereits Leichtbauprofile aus Aluminium für seine Fahrzeugtechnik. Das verwendete Strangpressverfahren ermöglichte aber keine beliebig dünnen Innenstege. Etwa 1,5 Millimeter galten hier als technologisch bedingte Untergrenze. Dem stand und steht der Wunsch gegenüber, möglichst viel Material und Gewicht einzusparen beziehungsweise filigrane Innenstrukturen zu verwenden.

Rolle-zu-Rolle Produktionsverfahren
Sandwich-Metallstrukturen lassen sich besonders effizient im Rolle-zu-Rolle-Verfahren produzieren.

Die Forschenden des Fraunhofer IWS lösten diese Herausforderung mit einer Laserschweiß-Walzanlage. Durch diese Anlage führen sie eine flexible Kernlage aus sehr leichten Innenstrukturen zwischen zwei Walzen, über die sich je ein Deckblech oben und unten abrollt. Dabei zielen Scanner-gesteuerte Laser schräg von beiden Seiten in die dünne Spalte zwischen Kernlage und Deckblech. Dort erhitzen sie die Metalloberflächen punktgenau. Dabei entstehen lokal – abhängig vom gewählten Blechmaterial – Temperaturen zwischen 660 und über 1400 Grad. Die Walzen pressen dann die leicht aufgeschmolzenen Oberflächen von Kernlage und Decke so fest zusammen, dass sie sich dauerhaft verbinden.

Weniger Energieverbrauch und leichteres Recycling

Solche besonders leichten Platten lassen sich im rollenden Verfahren in einem Durchlauf herstellen. Im Vergleich zu klassischen Methoden wie etwa dem Strangpressen bei hohen Temperaturen spart das Laserschweißen viel Energie, da das energiereiche Licht die Metalloberflächen nur hauchdünn lokal aufschmelzen muss. Auch eignet es sich für die preisgünstige Massenproduktion. Schon der Laborprototyp kommt auf ein hohes Fertigungstempo. Zum industriellen Maßstab weiterentwickelt, könnten derartige Anlagen mehr als zehn laufende Meter Leichtbaublech pro Minute schaffen, schätzt Andrea Berger. Zudem lassen sich solche Maschinen schnell auf neue Profil- oder Plattenstrukturen umrüsten. Strangpressen hingegen benötigen bei jeder Anwendung ein anderes Werkzeug, wenn der Kunde ein neues Plattenmodell bestellt.

Laserbasierte Sandwichplattierung

So funktioniert die laserbasierte Sandwichplattierung: Die Anlage befördert eine flexible Bahn aus hohlen metallischen Innenstrukturen zwischen zwei Walzen und rollen die untere sowie die obere Blechdeckschicht ab. In den hauchdünnen Spalt zwischen Innenstrukturbahn und Deckblech zielen zwei Laser und schmelzen die Oberflächen der Metallschichten auf. Die Walzen pressen Bleche und Innenstrukturen zusammen, die Metallschmelze erstarrt und fixiert beide dauerhaft miteinander.

Per Laser-Sandwichplattierung lassen sich zudem nur noch wenige Zehntel Millimeter dünne, stabile Strukturen erzeugen. Dies entschärft zum Beispiel das erwähnte Dilemma beim Waggonbau. Da das Laserwalzplattieren preiswerte Leichtbaulösungen aus purem, hitzeresistentem Stahl ermöglicht, lassen sich derartige Platten auch überall dort verbauen, wo viele konventionelle Leichtbaukonstruktionen aus Brandschutzgründen bisher tabu waren – zum Beispiel an bestimmten Stellen im Schiffbau. Solch ein breiterer Leichtbaueinsatz wiederum reduziert den Materialverbrauch in der Zulieferindustrie, kann das Gewicht von Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen senken und dadurch fossile Brennstoffe oder Strom sparen. Ein weiterer ökologischer Nutzen ergibt sich am Ende des Bauteillebenszyklus: Lasergefügte Sandwichplatten enthalten weder Klebstoff noch Lötmittel oder andere Fremdstoffe, die später in Recyclinganlagen mühsam wieder getrennt werden müssten.

Anwendungen im Schiffs-, Hallen- und Fahrzeugbau

Marko Seifert, Abteilungsleiter Wärmebehandeln und Plattieren am Fraunhofer IWS, sieht als mögliche frühe Anwender des neuen Verfahrens unter anderem Zulieferbetriebe für Werften und Fahrzeugbauer. Erste Einsatzszenarien könnten zum Beispiel leichte Treppen oder auch Schiffszwischenwände sein, in denen sich dank der hohlen Innenstrukturen der Platten gleich zum Beispiel Stromkabel unsichtbar verlegen lassen. Auch für Lkw-Anhänger und den Hallenbau könnte sich die neue Technologie rasch durchsetzen. Für die nächsten Schritte suchen die Fraunhofer-Forschenden nach Partnern, um die Idee in die Anwendung zu bringen. [gr]

Forschungs-Multi von Weltrang

Die Fraunhofer-Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist die führende Organisation für anwendungsorientierte Forschung. Mit ihrer Fokussierung auf zukunftsrelevante Schlüsseltechnologien sowie auf die Verwertung der Ergebnisse in Wirtschaft und Industrie spielt sie eine zentrale Rolle im Innovationsprozess. Die 1949 gegründete Organisation betreibt in Deutschland derzeit 76 Institute und Forschungseinrichtungen mit mehr als 30.000 Mitarbeitenden. Das jährliche Forschungsvolumen liegt bei 2,9 Milliarden Euro.
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