Das ABC des Vergaberechts

Recht
22.01.2020

Sie dachten nicht, dass man Vergaberecht auf einer Seite erklären kann? Die folgenden Zeilen überzeugen vom Gegenteil.

Auftraggeber Beteiligter eines Vergabeverfahrens, der sich im Vergaberecht halbwegs auskennen sollte, wissen sollte, was er will, und dies eindeutig beschreiben sollte. All dies kommt immer wieder vor, aber selten gemeinsam.

Billigstbieter Suizidgesteuerter Unternehmer.

Chaostheorie Anderer Begriff für Vergaberecht.

Damoklesschwert Aus Unternehmersicht § 137 BVergG 2018 (auch „Preisprüfung“ oder „vertiefte Angebotsprüfung“ genannt). Ob das Schwert abstürzt, bestimmen Auftraggeber und Verwaltungsgericht (daher auch „D wie Doppelmühle“).

Eignungskriterium Mindestanforderung, falls der Auftraggeber nicht ein Auge zudrückt (was er eigentlich nicht darf).

Forschungsauftrag Ausnahme vom Vergaberecht, die viel zu selten zur Anwendung kommt. Wer sagt, dass eine neue Straße nicht auch den besten Weg von A nach B erforscht?        

Gratisleistung Wenn beabsichtigt: Vom Vergaberecht mangels Entgeltlichkeit ausgenommen. Wenn unbeabsichtigt: Auch „nicht aufgegangene Spekulation“ genannt.

Hausverstand Weder explizit noch implizit vom Vergaberecht erwünschtes Phänomen.

Insolvenzverfahren Unternehmenszustand, der nach einer gewissen Leidensphase zur Genesung (Sanierung) oder zum Exitus (Konkurs) führt und der auch vergaberechtlich nicht ganz egal ist.

Jubel Sehr kurzes unternehmerisches Gefühl nach dem Zuschlag. Dann folgt Panik (Was machen wir jetzt und wie und mit wem? Wie sollen wir da Geld verdienen?).

Kalkulation Teilbereich der Alchemie.

Lebenszykluskosten Mögliches Zuschlagskriterium, das – ähnlich dem Universum – erst oberflächlich erforscht ist.

Marxismus Wirtschafts- und Gesellschafts­theorie, die kein Vergaberecht benötigen würde, sich aber nicht durchgesetzt hat.

Nachprüfungsverfahren Sportliche Herausforderung mit einer wechselnden Mischung aus steuerbaren und Zufallselementen.

Osteuropa Vergaberechtlich relevante Region, die je nach Interessenlage willkommen geheißen oder wieder hinter einen eisernen Vorhang zurück­gewünscht wird.

Placeboeffekt Auswirkungen eines typischen Qualitätskriteriums auf die Bestbieterermittlung.

Qualifizierte elektronische Signatur So etwas Ähnliches wie eine Unterschrift, nur unsichtbar.

Rechtsanwalt Berater, der entweder überflüssig (wenn es jemand anderes ist) oder notwendig (wenn ich es bin) ist.

Sargnagel Übertragener Begriff für einen unerwünschten Beitrag oder Zustand. Das Vergaberecht in Form des BVergG 2018 besteht aus 382 Sargnägeln.

Transzendenz Wissenschaftlicher Begriff für die außerhalb des menschlichen Erkennens liegende Plausibilität einer Kalkulation.

Unterschwellenbereich Vergaberechtlicher Bereich, der die EU eigentlich nichts angeht.

Vergaberecht Immer noch relativ neuer Zugang zur Rechtsfamilie, der in Österreich nach mehreren Fehlgeburten mithilfe der EU doch noch zur Welt gebracht wurde. Seitdem ein ungeliebtes, sich ständig veränderndes und pubertierendes, laut schreiendes Kind.

Weihnachten Auch für Vergabeverfahren ruhige Zeit, wenn den Auftraggeber nicht besonderer Zeitdruck oder fieser Sadismus antreiben.

Xerxes Persischer König, der 480 v. Chr. ein Formularwesen für die geordnete Vorbereitung eines Kanalbaus entwickelte und dadurch als Begründer des Vergaberechts gilt.

Yngwie Malmsteen Schwedischer Gitarrist, der nichts mit Vergaberecht zu tun hat. Warum der hier vorkommt? Versuchen Sie einmal, vergaberechtliche Begriffe zu allen Buchstaben des Alphabets zu finden.

Zuschlag Erfolgreicher Abschluss eines Vergabe­verfahrens. Ob auch die Ausführung erfolgreich wird, lässt sich – erstaunlicherweise sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer – nach folgender Formel prognostizieren: E = V/D + A/P – G/B (E: Erfolgsfaktor. V: Dauer der ernsthaften auftraggeberseitigen Vorbereitung des Vergabeverfahrens. D: Dauer des Vergabeverfahrens. A: Angebotsfrist. P: Dauer der ernsthaften auftraggeberseitigen Erstellung der Leistungsbeschreibung. G: Anzahl der unterlegenen Bieter, die glücklich sind, den Auftrag nicht erhalten zu haben. B: Anzahl aller unterlegenen Bieter.)

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