Auftragnehmer

Sicherstellungsbegehren und Vertragsrücktritt nach § 1170b

Sicherstellung
14.11.2022

Das Sicherstellungsbegehren des § 1170b ABGB hat sich in den letzten Jahren als probates ­Mittel für den Auftragnehmer bewährt, um sich u. a. gegen unberechtigte Mängelrügen im Zuge der Übernahme zur Wehr zu setzen. Nachstehend ein Update zu den jüngsten Entscheidungen.

Der Werkunternehmer kann gemäß § 1170b ABGB vom Werkbesteller ab Vertragsabschluss für das noch ausstehende Entgelt eine Sicherstellung bis zur Höhe eines Fünftels (20 Prozent) des vereinbarten Entgelts, bei Verträgen, die innerhalb von drei Monaten zu erfüllen sind, aber bis zur Höhe von zwei Fünfteln (40 Prozent) des vereinbarten Entgelts verlangen. Der vertragliche Ausschluss dieser Bestimmung ist nicht möglich.

Gemäß § 1170b Abs. 2 ABGB sind Sicherstellungen binnen einer angemessenen vom Werkunternehmer festzusetzenden Frist zu leisten. Kommt der Werkbesteller dem Verlangen des Unternehmers auf Leistung einer Sicherstellung nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig nach, so kann der Unternehmer seine Leistung verweigern und unter Setzung einer angemessenen Nachfrist den Vertragsrücktritt erklären. Auf den Vertragsrücktritt sind in weiterer Folge die Grundsätze des § 1168 Abs. 2 ABGB anzuwenden. Bei Vertragsrücktritt gebührt dem Auftragnehmer daher das vereinbarte Entgelt; wobei er sich anrechnen lassen muss, was er infolge des Unterbleibens der Leistung erspart hat bzw. durch anderweitige Verwendung erworben hat. Im Zusammenhang mit der oben dargelegten Rechtslage stellen sich allerdings einige (bereits teilweise durch die Judikatur zu § 1170b ABGB beantwortete) Fragen:

Zum "noch ausstehenden Entgelt"

Maßgebend für die maximale Höhe der Sicherheitsleistung ist stets das vereinbarte Gesamtentgelt (20 Prozent oder 40 Prozent). Die Sicherheitsleistung wird aber von der Höhe des „noch ausstehenden Entgelts“ ebenfalls begrenzt. Fordert der Auftragnehmer eine Sicherstellung, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgeht, führt dies aber nicht zur Unbeachtlichkeit des Begehrens, sondern hat nur dessen Reduktion auf den noch zulässigen Inhalt zur Folge, wenn der Auftraggeber die Höhe der Sicherstellung selbst ohne weiteres erkennen kann bzw. im Fall eines deutlich überhöhten Sicherungsbegehrens kein unverhältnismäßig hoher Aufwand mit der Ermittlung des angemessenen Betrages verbunden ist. Das Sicherungsbegehren ist aber dann unbeachtlich, wenn es deutlich überhöht ist und der Werkbesteller einen angemessenen Betrag nur mit unverhältnis­mäßigem Aufwand ermitteln kann.

Zum Zeitpunkt der Sicherstellung

Die Sicherstellung nach § 1170b ABGB kann grundsätzlich ab Vertragsabschluss gefordert werden, ohne dass der Auftragnehmer bereits eine Vorleistung erbracht haben müsste. Die Obliegenheit des Auftraggebers, auf Verlangen des Auftragnehmers eine Sicherstellung zu leisten, wird mit dem Vertragsabschluss begründet und besteht bis zur vollständigen Bezahlung des Entgelts. Die Sicherstellung kann folglich auch nach Übernahme des Werks erfolgen.

Zum Erfüllungsanspruch des Werkbestellers

Die vom Werkunternehmer erklärte Auflösung des Vertrags beseitigt den Erfüllungsanspruch des Bestellers, sodass sich dieser auf eine Pflicht zur mängel­freien Herstellung des Werks durch den ­Unternehmer nicht mehr berufen kann. Dem Unternehmer gebührt verminderter Entgeltanspruch, dem der Besteller mangelnde Fälligkeit, weil das Werk mangelhaft erbracht wurde oder unvollendet blieb, nicht entgegenhalten kann. Für die Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags verbleibt nach berechtigter Auflösung des Vertrags kein Raum.

Fazit

Der vertragliche Ausschluss des § 1170b ABGB ist nicht möglich. Sollte die Sicherheitsleistung nicht erbracht werden, ist nach Setzung einer Nachfrist der Vertragsrücktritt möglich. Weitere Arbeiten oder Mängelbehebungen nach erfolgter Übernahme sind vom Auftragnehmer in diesem Fall nicht mehr zu erbringen. Der Auftraggeber kann in einem allfälligen Prozess zudem die mangelnde Fälligkeit des Werklohns wegen Mängeln nicht entgegenhalten. Dies stärkt die Position des Auftragnehmers erheblich.

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