OGH Entscheid

Haftung des Baufortschrittsprüfers

Rechtstipps
13.05.2022

In der Praxis werden Ziviltechniker unter anderem als Baufortschrittsprüfer beigezogen. Eine aktuelle Entscheidung des OGH beschäftigt sich mit ihrer Haftung.

Die Haftung des Baufortschrittsprüfers nach § 13 Abs. 2 BTVG ist eine gesetzlich determinierte Haftung. Sie bezieht sich auf die Sicherung des Erfüllungsanspruchs des Käufers gegen den Bauträger in der Bauphase. Nach der Ratenplanmethode gemäß § 10 BTVG soll eine Entsprechung zwischen den Zahlungen des Erwerbers und der Erhöhung des Werts der Liegenschaft bzw. seines Liegenschaftsanteils durch die inzwischen erbrachten Bauleistungen gewährleistet und durch die Beiziehung eines einschlägig fachkundigen Fortschrittsprüfers zur Unterstützung des Treuhänders gesichert werden. Die Entscheidung, ob eine Bauphase tatsächlich fertiggestellt ist, obliegt nach § 13 BTVG dem Treuhänder, für den die Bestätigung des Ziviltechnikers als fachkundige Beurteilungsgrundlage dient.

Nach § 13 Abs. 2 BTVG kann der Treuhänder zur Feststellung des Abschlusses des jeweiligen Bauabschnitts einen für den Hochbau zuständigen Ziviltechniker beiziehen. Dieser haftet dem Erwerber unmittelbar. Ein Ziviltechniker wird im Sinne dieser Bestimmung "beigezogen", wenn er im Rahmen seiner Berufsausübung Bestätigungen erteilt, die dazu bestimmt sind, dem Treuhänder als Grundlage für die Feststellung des für die Fälligkeit der Zahlungen nach einem Ratenplan gemäß § 10 BTVG erforder­lichen Baufortschritts zu dienen.

Aktuelle Entscheidung

Künftige Erwerber hatten mit einer Projekt-GmbH Bauträgerverträge geschlossen. In den Bauträgerverträgen wurde festgehalten, dass ein bestimmter Ziviltechniker vom Treuhänder zur Feststellung des Abschlusses des jeweiligen Baufortschritts beigezogen werde. Der beigezogene Ziviltechniker übte seine ­Tätigkeit ausschließlich im Rahmen einer GmbH aus. In der Folge wurde die GmbH als Bauabschnitts­prüfer tätig.

Nachdem beim Treuhänder reklamiert wurde, dass die Baufortschrittsbestätigung nicht durch den im Bauträgervertrag genannten Ziviltechniker, sondern durch die GmbH ausgestellt war, ersuchte der Treuhänder den Ziviltechniker, die Meldungen "der Ordnung halber als Sachverständiger und nicht als ZT GmbH" auszustellen. Der Ziviltechniker verstand diese Aufforderung dahingehend, dass er sein persönliches Ziviltechnikerrundsiegel anstelle des eckigen ­Firmenstempels der GmbH verwenden möge. Der Ziviltechniker hielt dies für eine reine Formalität und nicht für eine Aufforderung, als natürliche Person statt als Vertreter der GmbH tätig zu werden.

Ziviltechniker persönlich haftbar

Im März 2019 bestätigte der Ziviltechniker unter Verwendung seines Rundsiegels und mit seiner Unterschrift die Gesamtfertigstellung. Im August 2019 holten die künftigen Erwerber ein Privatgutachten ein, das zu dem Ergebnis kam, dass die Voraussetzungen für die Gesamtfertigstellung nicht vorlagen.

Die künftigen Erwerber begehrten vom Ziviltechniker den Ersatz der anteiligen Kosten des Privatgutachtens und ihrer anwaltlichen Vertretung. Der Ziviltechniker habe diesen Aufwand durch seine unrichtige Baufertigstellungsbestätigung schuldhaft verursacht. Der Ziviltechniker wandte ein, dass die GmbH Baufortschrittsprüfer sei und nicht er.

Der OGH (8 Ob 124/21z) entschied, dass die Haftung den Ziviltechniker persönlich treffe. Der Ziviltechniker sei der ausdrücklichen Aufforderung des Treuhänders nachgekommen, die Bestätigungen "nicht als GmbH" auszustellen. Sowohl der Treu­händer als auch umso mehr die aus dem Bauträgervertrag berechtigten künftigen Erwerber konnten diesem Verhalten keine andere Bedeutung beimessen, als dass der Beklagte die Bestätigungen nunmehr wie verlangt tatsächlich nicht "als GmbH", sondern selbst in seiner Eigenschaft als Ziviltechniker erteilt. Der Umstand, dass ursprünglich ein Auftrag an die GmbH erteilt worden war, stehe einem späteren einvernehmlichen Wechsel des Auftragnehmers nicht entgegen.

Fazit

In der Praxis kann es für die Frage der Haftung von erheblicher Bedeutung sein, wer in welcher Funktion unterschreibt und welcher Stempel verwendet wird. Wenn der Geschäftsführer ohne Firmenzusatz zeichnet bzw. auftritt, ist als Zweifelsregel von einem ­Eigengeschäft auszugehen.

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