Thomas Kurz

Kontrolle der Auftragsvergaben

Recht
21.10.2020

Eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestätigt den Weg des österreichischen Gesetzgebers.

Wer kontrolliert, ob Auftragsvergaben nach dem Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG) gesetzmäßig erfolgen? Diese Kontrolle liegt weitgehend in den Händen der Unternehmer, die solche Aufträge erhalten wollen. Wenn sich kein Unternehmer beim zuständigen Verwaltungsgericht beschwert, dann kann die Vergabe grundsätzlich nichts aufhalten. Theoretisch könnte das auch anders sein, aber der österreichische Gesetzgeber hat sich für dieses „schlanke“ Kontrollmodell entschieden. Der EuGH (26.3.2020, C-496/18 und C-497/18) hat klar­gestellt, dass dies nicht gegen EU-Recht verstößt.

Kontrolle durch eine Überwachungsbehörde

Die aktuellen EU-Vergaberichtlinien, die von allen Mitgliedstaaten umzusetzen sind, enthalten den Satz: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Anwendung der Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe überwacht wird.“ (Art. 83 Abs. 2 RL 2014/24/EU, Art. 99 Abs. 2 RL 2014/25/EU).

Dieser Satz wurde unterschiedlich interpretiert. Manche meinten, dass es eine „Sonderbehörde“ geben müsse, die die Vergabe von Aufträgen auch von Amts wegen – und nicht nur auf Antrag eines interessierten Unternehmers – kontrolliert. Es gab daher Diskussionen, ob man nicht eine Art von „Vergabe-Staatsanwalt“ einrichten müsse.

Im BVergG wurde das aber nicht umgesetzt. Der EuGH hat in der genannten Entscheidung nun – anhand eines Falles in Ungarn, wo eine erweiterte Zuständigkeit zur Überwachung besteht – ausgesprochen, dass die EU-Vergaberichtlinien die Einrichtung einer solchen Behörde zwar erlauben, aber nicht vorschreiben. Es bleibt also im Belieben jedes Mitgliedsstaates, ob er eine solche Behörde einrichten will.

Aktuell gibt es in Österreich nur noch in Kärnten (Ombudsstelle) und in Niederösterreich (Schlichtungsstelle) zusätzliche Einrichtungen, an den sich Unternehmer oder auch andere ohne großen Aufwand mit einer Beschwerde wenden konnten. Diese Einrichtungen haben aber keine Möglichkeit, eine Entscheidung zu ändern oder aufzuheben, sondern können nur die Sache prüfen und eine für den Auftraggeber unverbindliche Empfehlung aussprechen.

Antragsrechte zur Kontrolle der Auftragsvergaben

In Österreich beschränkt sich eine effiziente Überwachung daher auf etwaige Anträge beteiligter Unternehmer. Antragsberechtigt sind nur Unternehmer, die bescheinigen, dass sie durch eine rechtswidrige Entscheidung selbst einen Schaden erlitten haben oder erleiden könnten, und die den Auftrag im eigenen Namen erhalten wollen. Daher sind etwa Subunternehmer oder Lieferanten ebenso wie Interessenverbände oder Kammern nicht antragslegitimiert (Überwachungs- oder Antragsrechte von Interessenvertretungen wurden im Laufe der letzten 20 Jahre immer wieder erfolglos gefordert).

Die Hürden für diese Anträge sind recht hoch. Die (nicht wenig komplizierten) Anträge müssen formal und inhaltlich vollständig bei der zuständigen Behörde eingebracht werden, und zwar innerhalb sehr kurzer Fristen (in den meisten Fällen zehn Tage nach der jeweiligen Entscheidung des Auftraggebers, die angefochten wird). Überdies ist das Vergabever­fahren in mehrere Abschnitte („gesondert anfechtbare Entscheidungen“) unterteilt: Wenn eine Entscheidung nicht rechtzeitig angefochten wird, wird sie grundsätzlich (außer in sehr krassen Ausnahmefällen) „bestandsfest“ und kann trotz Rechtswidrigkeit nicht mehr in Zweifel gezogen werden.

Zusätzlich sind vor Antragstellung hohe Pauschalgebühren an das Gericht zu überweisen. Die Höhe ist je nach Verfahren sehr unterschiedlich, beträgt aber durchschnittlich einige Tausend Euro. Zumindest diese Pauschalgebühren (im Unterschied zu den Anwaltskosten) erhält der anfechtende Unternehmer aber vom Auftraggeber ersetzt, wenn sein Antrag (zumindest teilweise) erfolgreich ist.

Sonstige Kontrollen

Daneben gibt es noch einige nachprüfende Kontrollstellen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten. Diese Kontrollen ändern aber typischerweise (außer in Ausnahmefällen) nichts an einem bereits vergebenen Auftrag. Zu diesen Kontrollen gehören etwa Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH oder auch Überprüfungen durch den Rechnungshof.

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