BVwG-Entscheidungen

Unbehebbare Mängel in Angeboten

Angebot
01.12.2021

Zwei aktuelle Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) zeigen, wie schnell Mängel in Angeboten zum Ausscheiden führen können.

Das Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) kennt behebbare und unbehebbare Mängel, es enthält aber keine Definition oder Abgrenzung dieser Begriffe. Es bestimmt – grob gesagt – lediglich, dass

  • fehlerhafte oder unvollständige Angebote mit behebbaren Mängeln dann auszuscheiden sind, wenn die Mängel nicht behoben wurden; und
  • solche mit unbehebbaren Mängeln ohne weiteres auszuscheiden sind.

Diese Lücke hat die Judikatur bereits vor Jahren durch folgenden "Merksatz" ergänzt: Ein Mangel ist unbehebbar, wenn seine Behebung dem Bieter einen materiellen Wettbewerbsvorteil bringen würde. Dieser Satz ist in vielen Fällen aber auch nicht klarer, weil ein "materieller Wettbewerbsvorteil" unterschiedlich verstanden werden kann.

Die nachstehenden Entscheidungen zeigen die vielfach strenge Judikatur.

Entscheidung 1 – Bieterlücken

Ein Bieter hat in einer "echten" Bieterlücke – es war also in der Position kein Leitprodukt durch den Auftraggeber vorgegeben – ein Produkt namentlich genannt und die Worte "oder Gleichwertiges" hinzugefügt.

Das BVwG (2.12.2020, W120 2235770-2) hat entschieden, dass dies einen unbehebbaren Mangel darstellt. Aufgrund dieser hinzugefügten Worte sei aus dem Angebot nicht erkennbar gewesen, welches konkrete Produkt angeboten wird. Der Bieter hätte die Möglichkeit gehabt, im Nachhinein – also nach Ende der Angebotsfrist – das angebotene Produkt zu ändern bzw. zu konkretisieren. Das wäre aber ein materieller Wettbewerbsvorteil. Dieser unbehebbare Mangel könne weiters auch in einem Aufklärungsgespräch nicht behoben werden, das Angebot wäre zwingend auszuscheiden.

Diese Entscheidung steht im Einklang mit der auch sonst strengen Judikatur des BVwG zu Bieterlücken. Wirklich überzeugend ist dies allerdings nicht, denn der Bieter hat im Auftragsfall ohnehin ein Produkt zu liefern, das den Vorgaben des Vertrags (insbesondere des Leistungsverzeichnisses) entspricht, sodass ein "materieller Wettbewerbsvorteil" nicht unbedingt erkennbar ist.

Entscheidung 2 – Abweichende Abmessungen

Die Ausschreibung enthielt zu einem bestimmten Produkt die Vorgabe einer Maximalbreite von 2.250 mm. Ein Bieter legte seinem Angebot einen Prospekt für das von ihm angebotene Produkt bei, aus dem sich eine Breite von 2.500 mm ergab.

Das BVwG (16.12.2020, W187 2236898-2) entschied auch hier, dass ein unbehebbarer Mangel vorliege. Ein Bieter dürfe durch die Verbesserung nicht gegenüber seinen Mitbietern bevorzugt werden, das bedeute, es dürfe durch die Verbesserung weder zu einem "neuen" Angebot kommen, noch dürften Mängel verbessert werden, die sonst zu einem Ausscheiden des Angebots geführt hätten.

Der Bieter hatte nach Ende der Angebotsfrist ergänzende Unterlagen vorgelegt, aus denen offenbar hervorging, dass das angebotene Produkt auch in einer schmäleren Ausführung erhältlich sei. Das BVwG meinte dazu aber, dass bei unbehebbaren Mängeln nachträglich Aufklärungen oder Ergänzungen nicht berücksichtigt werden dürften.

Überraschend ist, dass das BVwG den Fall nicht als "den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot" qualifizierte. Dann ist nämlich nach § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG 2018 – anders als bei "fehlerhaften oder unvollständigen Angeboten", wo das Gesetz zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln unterscheidet – ohnehin keine Behebung vorgesehen. Freilich ist auch die Grenzziehung zwischen einem Angebot, das der Ausschreibung widerspricht, und einem fehlerhaften oder unvollständigen Angebot nicht immer einfach.

Wenig überzeugend ist die Begründung, dass keine Mängel verbessert werden dürften, die sonst zu einem Ausscheiden des Angebots geführt hätten, denn: Es gibt keine unbehebbaren Mängel, die nicht (ohne Mängelbehebungsmöglichkeit) zum Ausscheiden führen, sonst wären es ja behebbare Mängel. (ch)

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