Vergaberecht

Die Verhinderung eines Auftrags auf das eigene Angebot

Bundesvergabegesetz
12.12.2022

Folgende Frage wurde an mich herangetragen: Kann ein Bieter einen Auftrag auf das eigene Angebot ablehnen oder verhindern?

Die Frage wurde im Geltungsbereich des Bundes­vergabegesetzes 2018 (BVergG 2018) gestellt. Der Hintergrund war, dass ein ­Bieter nach Angebotslegung einen Kalkulationsfehler bemerkte, der im Auftragsfall einen hohen Verlust bedeutet hätte.

Zunächst ist der Bieter während der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden (§ 131 Abs. 2 BVergG 2018; die Zuschlagsfrist beträgt einen Monat, wenn sie nicht in der Ausschreibung – auf maximal sieben Monate – verlängert wurde). Während dieser Angebotsbindung kann der Bieter einseitig sein Angebot weder ändern noch zurückziehen.

Er kann, wenn die Zuschlagserteilung (das ist zivilrechtlich die Annahme des Angebots durch den Auftraggeber, also der Vertragsabschluss) vor Ablauf der Zuschlagsfrist erfolgt, diese daher nicht ablehnen. Die Zuschlagserteilung ist eine einseitige Willenserklärung des Auftraggebers, die durch den bloßen Zugang an den Bieter zum Vertragsabschluss führt.

Die Zuschlagserteilung wäre im Regelfall nur dann vergaberechtlich unwirksam (nichtig), wenn sie vor Ablauf der zehntägigen Stillhaltefrist ab Zuschlagsentscheidung erfolgt.

Sie könnte auch zivilrechtlich nichtig oder zumindest anfechtbar sein, aber dafür bedarf es besonderer Gründe wie zum Beispiel ein verbotenes oder sittenwidriges Geschäft (§ 879 Abs. 1 ABGB). Auch eine Anfechtung wegen Irrtums wäre grundsätzlich denkbar. Bei einem bloß bieterseitigen Kalkulationsfehler wie im Anlassfall wäre das aber eher schwer durchsetzbar (zwar nicht völlig auszuschließen, aber für die irrtumsrechtlichen Details ist hier nicht der Raum).

Verweigerung um auszuscheiden

Es sollen auch schon Bieter auf die Idee gekommen sein, ihr Angebot dadurch aus dem Rennen zu nehmen, dass sie Aufklärungen oder Nachforderungen verweigern, damit ihr Angebot ausgeschieden wird. Das kann aber zu Schadenersatzpflichten des Bieters führen, wenn er dadurch schuldhaft dem Auftrag­geber einen Schaden zufügt (was regelmäßig der Fall wäre, wenn der Auftraggeber das Angebot ausscheiden und ein teureres Angebot beauftragen muss). Wenn von den Bietern ein Vadium zu legen war, wird dieses in solch einem Fall wohl vom Auftraggeber gezogen werden (siehe § 2 Z 32 lit a BVergG 2018: "Vadium ist eine Sicherstellung für den Fall, dass der Bieter während der Zuschlagsfrist von seinem Angebot zurücktritt oder der Bieter nach Ablauf der Angebotsfrist behebbare wesentliche Mängel trotz Aufforderung des Auftraggebers schuldhaft nicht behebt").

Eigenes Angebot anfechten?

Es wurde schließlich noch die Idee aufgebracht, ob ein Bieter die Zuschlagsentscheidung zugunsten seines eigenen Angebots beim Verwaltungsgericht anfechten könnte. Das ist (auch wenn ich keinen solchen Fall aus der Judikatur kenne) eher zu bezweifeln. Gemäß § 342 Abs. 1 BVergG 2018 ist ein Unternehmer antragslegitimiert, wenn er erstens ein Interesse am Vertragsabschluss behauptet und ihm zweitens durch eine behauptete Rechtswidrigkeit (also einen Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften) ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Zweifelhafte "Fehler"

Eine behauptete Rechtswidrigkeit wäre noch denkbar (wenn dem Bieter zum Beispiel ein Ausscheidensgrund im eigenen Angebot auffällt, der dem Auftraggeber nicht aufgefallen ist), aber der Schaden würde nicht dadurch entstehen, dass der Auftraggeber sein Angebot nicht ausgeschieden hat, sondern (im Anlassfall) durch seinen eigenen Kalkulations­fehler. Und das Interesse am Vertragsabschluss ist durch die Angebotslegung eigentlich bereits dokumentiert; dass es ausreichen könnte, wenn der Bieter im Nachhinein (zum Beispiel durch den Kalkulationsfehler) das Interesse verloren hat, ist zumindest zweifelhaft.

Eine Anfechtung der Zuschlagsentscheidung auf das eigene Angebot würde daher mit einiger Wahrscheinlichkeit vom Verwaltungsgericht mangels Antragslegitimation zurückgewiesen werden.

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