Baukonjunktur

Bauwirtschaft schrumpft erstmals seit 13 Jahren

Bauwirtschaft
15.02.2024

Von: Redaktion Handwerk + Bau
"Die Bauwirtschaft wird in Österreich im Jahr 2024 erkennbar schrumpfen, rund 16.000 Arbeitsplätze sind gefährdet", malen die Analysten des Marktforschungsinstituts Branchenradar in einer aktuellen Studie düstere Szenarien.
Laut aktuellem "Branchenradar Bauwirtschaft in Österreich" wird die Bauleistung 2024 erstmals seit dem Jahr 2010 schrumpfen.
Laut aktuellem "Branchenradar Bauwirtschaft in Österreich" wird die Bauleistung 2024 erstmals seit dem Jahr 2010 schrumpfen.

Laut aktuellem "Branchenradar Bauwirtschaft in Österreich" wird die Bauleistung 2024 erstmals seit dem Jahr 2010 schrumpfen. Im Vorjahr erhöhte sich der Bauproduktionswert noch minimal: nominal um 1,5 Prozent gegenüber 2022 auf rund 57,9 Milliarden Euro. "In Anbetracht des massiven Rückgangs der Baubeginne im Hochbau bei gleichzeitigem Ausdünnen laufender Bauprojekte ist mit einem Erlösminus um 4,3 Prozent gegenüber Vorjahr auf rund 55,4 Milliarden Euro zu rechnen. Infolge sind rund 16.000 Arbeitsplätze gefährdet", erläutert Studienautor Andreas Kreutzer. Im Vorjahr erhöhte sich die Anzahl der Arbeitslosen in der Bauwirtschaft gegen Ende des Jahres um rund 1.500 Personen.

Massive Rückgänge im Wohnbau

Im Wohnbau befürchten die Analysten einen Rückgang der Bauproduktion um 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr, im Wohnungsneubau sogar um 12 Prozent. Für den Nicht-Wohnbau erwartet Branchenradar ein Minus von 3,4 Prozent, wobei auch hier der Neubau (-5,8 % gegenüber dem Vorjahr) deutlich rascher zurückgehen wird als Bestandsmaßnahmen am Gebäudebestand (Renovierung). Einzig der Tiefbau (+0,8 % gegenüber dem Vorjahr) werde wahrscheinlich auf Vorjahresniveau stagnieren.
"Im Wohnungsneubau kommt die negative Entwicklung nicht überraschend. Im Jahr 2023 wurden in neuen Gebäuden um fast 27 Prozent weniger Wohnungen bewilligt als im Jahr davor. Gestützt von den Baugenehmigungen der Jahre davor, reduzieren sich folglich im laufenden Jahr – im Vergleich zu 2023 – die Baubeginne insgesamt um rund 18 Prozent, bei Einfamilienhäusern sogar um nahezu 20 Prozent", so das Team von Branchenradar.
Voraussichtlich wird 2024 nur noch mit dem Bau von rund 39.600 Wohnungen begonnen. "Weniger gab es die letzten 13 Jahre nicht. Und die thermisch-energetische Renovierung wird die Neubau-Delle bei weitem nicht ausgleichen können." Wie Modellberechnungen zeigen, ist im besten Fall mit einem Erlösplus von etwa 560 Millionen Euro zu rechnen. Dem steht ein Rückgang um 1,9 Milliarden Euro im Neubau gegenüber.

Baudienstleistungen mögen weniger preiselastisch sein als andere Warengruppen. Offenbar wurde die Zahlungsbereitschaft der Bauherren aber überspannt.

Andreas Kreutzer, Branchenradar Marktanalyse

Gründe für den rückläufigen Neubau

Die Verantwortung für die im Wohnbau deutlich rückläufige Neubautätigkeit sehen zahlreiche Expert*innen in den verschärften Vergaberichtlinien für private Wohnbaukredite, Stichwort KIM-Verordnung. "Maßgeblicher sind aber wohl die zuletzt substanziell angehobenen Finanzierungszinsen", so Andreas Kreutzer. Wurde für private Wohnbaudarlehen im Jahr 2021 noch ein Effektivzinssatz von 1,57 Prozent (Jahresdurchschnitt) verrechnet, waren es zuletzt im Mittel 4,21 Prozent.
Zudem war die Schaffung von neuem Wohnraum in Relation zur allgemeinen Preislage noch nie so teuer wie heute. Zwischen 2020 und 2023 haben sich die Baupreise im Wohnbau um ein Drittel erhöht und damit um mehr als die Hälfte rascher als die Inflation. "Baudienstleistungen mögen weniger preiselastisch sein als andere Warengruppen. Offenbar wurde die Zahlungsbereitschaft der Bauherren aber überspannt, zumal auch die Wohnbauförderung immer weniger in der Lage ist, für leistbares Wohnen zu sorgen", so die Expert*innen von Branchenradar. Seit der Jahrtausendwende hat die Wohnbauförderung rund zwei Drittel an Wert verloren. "Um die 'Kaufkraft' der Wohnbauförderung zur Jahrtausendwende wieder herzustellen, müsste die derzeitige Dotierung der Wohnbauförderung (ca. 2,0 Mrd. Euro) daher nahezu verdoppelt werden: auf vier Milliarden Euro!"

Gelingt die Trendwende?

Aus heutiger Sicht ist ungewiss, ob der Bauwirtschaft im kommenden Jahr die Trendwende gelingt. Ohne staatliche Wachstumsimpulse sehen Andreas Kreutzer und sein Team im Jahr 2025 im Wohnungsneubau einen nochmaligen Rückgang der Bauproduktion um 8,6 Prozent gegenüber 2024, in der Bauwirtschaft insgesamt um 3,3 Prozent. Das träfe dann nochmals rund 12.000 Beschäftigte.
(bt)

Tabelle: Bauwirtschaft nach Bausparten in Österreich | Bruttoproduktionswert in Milliarden Euro
Bauwirtschaft nach Bausparten in Österreich | Bruttoproduktionswert in Milliarden Euro