Ein Rückschlag als Wendepunkt

Bauwirtschaft
23.06.2017

Anita Moser hat mit der IT-Branche und der Bauwirtschaft gleich zwei Bereiche gewählt, die auch 2017 weitgehend als Männerdomänen durchgehen. Persönliche Krisen wusste die Unter­nehmerin in Chancen zu verwandeln: Sie ist seit zwölf Jahren mit dem AKD-Baunetzwerk erfolgreich.
„Wenn Frauen und Männer das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe.“ Anita Moser, Gründerin der AKD Baunetzwerk GmbH
„Wenn Frauen und Männer das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe.“ Anita Moser, Gründerin der AKD Baunetzwerk GmbH

„Wenn Frauen und Männer das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe“, bringt Anita Moser auf den Punkt, wie einerseits beide Geschlechter Herausforderungen unterschiedlich angehen – und andererseits insbesondere Frauen im technischen Bereich sowie im Management auch heute noch oft deutlich mehr leisten müssen, um in den Augen männlicher Kollegen und Mitbewerber zu bestehen. Ein Trauerspiel, über das man angelehnt an Kanadas Premier Justin Trudeau feststellen muss: „Although it’s 2017!“. Moser, 46, ist Geschäftsführerin des AKD-Baunetzwerks mit Sitz in Linz, und sie behauptet sich damit gleich in zwei Männerdomänen: einerseits in der Entwicklung von IT-Lösungen, und dies andererseits in der Bauwirtschaft, deren spezielle Herausforderungen sie seit 2005 gern annimmt.

Aus der Notstandshilfe zur Topunternehmerin

Mit 15 Jahren, nach dem Abschluss der Büroschule am Wifi in Linz, entschied sich die gebürtige Freistädterin für die Ausbildung zur Steuerberaterin. Gerade im Nachhinein sei das eine wichtige Entscheidung gewesen: „Ich bin auch deswegen wirtschaftlich immer gut aufgestellt gewesen, weil ich das entsprechende Know-how bis hin zum Umgang mit Bilanzierungen umfassend erlernt habe.“ Wenige Jahre später, mit 22, kam das erste Kind, Tochter Lisa – sie ist heute Medizinerin. Sohn Manuel, von Beruf Fahrzeugkonstrukteur, ist zwei Jahre jünger. Als Alleinerzieherin fiel Moser nach der Karenzzeit in die Notstandshilfe, fand aber Hilfe beim AMS: Im Zuge des EU-Beitritts gab es ein Pilotprojekt, über das die Ausbildung zur Medienfachfrau angeboten wurde. In verschiedenen Ländern – neben Österreich etwa Dänemark und Irland – wurden je vier Frauen mit dem Lehrgang gefördert.

Gesundheitskrise als Weg auf die Zielgerade

Für Moser war der Abschluss zugleich Türöffner beim IT-Unternehmen Digital, das später in Compaq-Computer und schließlich in Hewlett-Packard überging: Fast acht Jahre lang, bis 2005, war sie dort als Assistentin der Geschäftsführung tätig – ihr Eintritt in die IT-Branche. Da es sich um eine relativ kleine Zweigstelle des Unternehmens handelte, habe sie „in allen Abteilungen gelernt“ – vom Marketing bis zur Großkundenbetreuung, etwa für Siemens, die ÖMV oder die Voest. Schon bald, ab 2000, war sie – unterstützt und angespornt vom neuen Lebenspartner, mit dem sie inzwischen seit mehr als 20 Jahren eine Beziehung führt – nach der Microsoft- Zertifizierung auch als Office-Trainerin erstmals selbstständig tätig. Eine schwere gesundheitliche Krise erwies sich dann weniger als Rückschlag denn als Wendepunkt, der schließlich auf den Erfolgsweg führte: Von Geburt an mit einem Herzfehler belastet, musste Moser beruflich „ganze neun Monate pausieren“.

In dieser Zeit entstand das Firmenkonzept für das AKD-Baunetzwerk, dessen Grundlagen schon länger in ihr schlummerten. Über die Jahre hatte sie nämlich festgestellt, dass v. a. IT-Kunden aus der vermeintlich wenig EDV-affinen Bauwirtschaft entgegen deren eigener Annahme weniger daran scheiterten, dass ihre eigenen Mitarbeiter Hard- und Software nicht bedienen könnten; vielmehr mangelte es den Anbietern am Verständnis für die Anforderungen dieser Branche – und genau darauf fußte Mosers Businessplan. Ab 2005 noch als Einzelunternehmerin, im Jahr darauf jedoch schon über die Rechtsform einer GmbH, bot das AKD-Baunetzwerk den Marktteilnehmern in der Bauwirtschaft Dienstleistungen über ein gemeinsames Rechenzentrum an, das auch gemeinsam – und damit weitaus kostengünstiger – finanziert wird. Bald schon wurde auch eine strategische Entscheidung getroffen, indem Moser die 50-prozentige Beteiligung der Austria Bau (Abau) Oberösterreich GmbH an der AKD unter Dach und Fach brachte.

Vorsichtiges Wachstum

Der Markt abseits der ganz großen Player in der Baubranche, die natürlich eine eigene IT-Abteilung hätten, sei groß. Mittlere und kleinere Unternehmen, selbst mit Jahresumsätzen im Bereich von 100 Millionen Euro, nähmen ihre Dienstleistung dankbar an. Besonders stolz zeigt sich Moser ob ihrer nachhaltigen Kundenbeziehungen: Erst nach zehnjährigem Bestehen sei erstmals ein AKD-Kunde gegangen, und dies nur aufgrund eines Wechsels in den Führungspositionen. Pro Jahr wolle sie auch künftig nicht mehr als einen, höchstens zwei Neukunden dazunehmen – sodass sich das zwölfköpfige AKD-Team inklusive dreier Lehrlinge ausführlich mit deren Anliegen beschäftigen und die besten Lösungen entwickeln könne.

Und was macht Anita Moser zum Ausgleich? „Reisen“ – zuletzt für einige Wochen im südamerikanischen Raum, v. a. Peru – „und backen“. Wobei ihre kulinarische Leidenschaft auf ganz anderem Weg auch für die Firma zu einem Werkzeug der erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit geworden ist: In der Facebook-Gruppe „Linz isst“ betätigt sich Moser als Gastrokritikerin und versucht, „die Sichtweise eines stinknormalen Gastes“ zu vermitteln. Bei mittlerweile weit mehr als 22.000 Gruppenmitgliedern kommen erwartungs- gemäß auch Leute – und damit potenzielle Kunden – immer wieder über diesen Weg zum IT-Dienstleister AKD. Eine schmackhaft-schöne Art, um Hobby und Beruf zu verbinden.

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