Interview

"Erfolgsrezept ist und bleibt die Dreistufigkeit"

Großhandel
14.04.2023

Anlässlich des 150-jährigen Unternehmensjubiläums haben wir die neu konstituierte Holter-Geschäfts­führung zum Interview gebeten. Antworten gab es auf Fragen über gestern, heute und morgen.
Holter-Geschäftsführung (v.l.): Markus Steinbrecher, Michael Holter und Bernhard Karlsberger
Holter-Geschäftsführung (v. l.): Markus Steinbrecher, Michael Holter und Bernhard Karlsberger

GEBÄUDE INSTALLATION: Zu Beginn ein kurzer Blick zurück in die Geschichte der Haustechnik: 1873, als Franz Holter mit einer Eisenwarenhandlung den Grundstein für das heutige Unternehmen legte, war die Haustechnik noch nicht so ein großes Thema, oder?

Michael Holter
Michael Holter

Michael Holter: Allzu viele Details aus der Zeit der Gründung gibt es zwar leider nicht, aber unlängst habe ich ein paar Katalogseiten von damals gefunden. Darauf sind unter anderem auch Hundeleinen, Vogelkäfige und Viehtränken zu sehen. Es hatte also mit dem heutigen Sanitär- und Heizungsgeschäft noch nicht viel zu tun. Ganz generell war das Thema „Hygiene“ vor 150 Jahren noch eher untergeordnet und dadurch die Cholera aufgrund der fehlenden Fließwasserversorgung sehr verbreitet. Dies änderte sich jedoch mit der Weltausstellung 1873 in Wien. Denn dort wurde den Menschen erstmals die Vorzüge einer zentralen Wasserver- und -entsorgung aufgezeigt. Genutzt wurde dafür die einst von den Römern errichtete Hochquellwasserleitung, die mittels weitverzweigter Rohrnetze flächendeckend auf ganz Wien ausgerollt wurde. Ab diesem Zeitpunkt gab es im Übrigen auch nie wieder eine Choleraepidemie in Wien. Man könnte also diese Weltausstellung als Initialzündung der Haustechnik sehen. Es dürfte somit auch kein Zufall sein, dass derzeit mehrere Haustechnikunternehmen ihr 150-Jahr-Jubiläum feiern.

Markus Steinbrecher
Markus Steinbrecher

Markus Steinbrecher: Auch was die Heizung betrifft, steckte das 19. Jahrhundert noch tief in den Kinderschuhen. Geheizt wurde mit Kohle und Holz, und dies in der Regel bloß in der Küche und der Stube. Auch für die Heizung war also die Zeit rund um die Weltausstellung ein zentraler Meilenstein, da die industrielle Produktion von gusseisernen Zimmeröfen anlief, wodurch nach und nach auch alle übrigen Räume beheizt werden konnten. Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der industriellen Revolution und damit des Fortschritts.

Bernhard Karlsberger
Bernhard Karlsberger

Bernhard Karlsberger: Laut Unternehmenschronik wurde die Firma Holter nach dem Zweiten Weltkrieg jedenfalls neu gegründet – mit der Spezialisierung auf Installationsbedarf. Ab dann ging es Schlag auf Schlag: Bereits in den 1950er-Jahren belieferte Holter seine Fachkund*innen – übrigens als erster Sanitärgroßhändler in Österreich – mit seiner eigenen Lkw-Flotte. In den 1960er-Jahren erfolgte dann der Ausbau der Heizungssparte.

Das Badezimmer hat sich seit dieser Zeit erstaunlich oft gewandelt. Glauben Sie, dass wir also bereits nahe an der Perfektion der Nasszelle sind, oder wird diese Entwicklung immer weitergehen?

Holter: Ich gehe fest davon aus, dass wir uns auch noch in 100 Jahren mit Wasser waschen werden. Großer Spielraum herrscht aber dabei, welche konkreten Produkte und Systeme uns dabei unterstützen werden. Und auch die Designtrends verändern sich ja mit dem Zeitgeist. Jeder Tag beginnt und endet für uns alle im Bad. Daher zählt für mich das Badezimmer zum zentralen Wohlfühlort in jedem Zuhause.

Karlsberger: Ein altes Sprichwort sagt: Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung. Vor allem, was die Produkte betrifft, wird die Entwicklung daher auch weiterhin stetig voranschreiten. Was ich jedoch mit Sicherheit weiß, ist, dass die Nasszelle dann nahe an der Perfektion sein wird, wenn Endkund*innen nach einer Beratung in einer unserer „Meine Holter Bad“-Ausstellungen den Installateur ihres Vertrauens mit der Umsetzung dieses Bades beauftragen (lacht).

Steinbrecher: Der technische Level ist bereits sehr hoch, aber gerade jetzt, wo das Thema Nachhaltigkeit immer präsenter wird, gibt es wieder zahlreiche Innovationsschübe. Diese laufende Weiterentwicklung, gemeinsam mit einer breiten Sensibilisierung der Menschen für das kostbare Lebensmittel Wasser ist auch wirklich notwendig. Denn Schätzungen zufolge haben etwa eine Milliarde Menschen weltweit nach wie vor keinen Zugang zu sauberem Wasser.

Welches Produkt würden Sie nominieren, wenn es darum geht die wichtigste Innovation der letzten 150 Jahre im Badezimmer festzumachen?

Karlsberger: Ich würde das Dusch-WC als bedeutende Entwicklung dieser Zeit sehen. Vor allem, da in dieser Erfindung noch ganz viel Potenzial für Weiterentwicklungen steckt – bis hin zu intelligenten Sensoren für medizinische Live-Analysen. Auch die technologische Weiterentwicklung von Wasserarmaturen ist faszinierend. Da hat sich in den letzten 150 Jahren Gewaltiges getan. Mittlerweile lässt sich mit diesen Produkten kommunizieren – von der Info über den Wasserverbrauch bis hin zur Händewaschdauer sowie der Einhaltung der erforderlichen Freispülintervalle. Da passiert gerade jetzt sehr viel.

Wie ist Ihre diesbezügliche Einschätzung zur Heizung?

Steinbrecher: Hier hält Österreich ja bekanntlich eine Sonderstellung. Denn wir sind nicht nur Weltmarktführer bei Biomasse-Heizsystemen, sondern haben auch eine führende Position in der Weiterentwicklung von Wärmepumpen. Vor allem im kommunalen Wohnbau tut sich derzeit diesbezüglich einiges. Auch auf dem Gebiet der Brennstoffzelle beziehungsweise beim Wasserstoff wird aktuell viel geforscht. Erfreulich ist jedenfalls, dass die Politik das Thema Energie und Heizung mit entsprechenden Förderungen stark unterstützt.

Holter: Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung ganzheitlicher Systemlösungen, um den CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren. Unter anderem mittels Einbindung von Photovoltaik. Energieautark zu sein, wird für die Menschen immer wichtiger. Wir haben diese Entwicklung im Übrigen bereits frühzeitig erkannt, und führen seit vielen Jahren alle Bausteine für die Sonnenstromgewinnung in unserem Portfolio.

Was waren generell aus Ihrer Sicht die prägendsten Milestones in Ihrer 150-jährigen Unternehmensgeschichte?

Holter: Neben dem Gründungsjahr 1873, ohne das es uns ja heute nicht geben würde, waren das zweifelsfrei die 1950er-Jahre, als wir begannen, unsere Fachkund*innen mit unserer eigenen Lkw-Flotte zu beliefern. Was mit einer einmaligen Lieferung pro Woche und wenigen Lkws begann, ist heute ein Fuhrpark mit über 160 Fahrzeugen mit knapp 200 Liefertouren in Österreich und Bayern bei nahezu flächendeckender zweimal täglicher Lieferung. Aber auch 1997 ist ein prägender Mile­stone unserer Unternehmensgeschichte. Denn damals haben wir mit Holter Online den ersten Online-Shop der Branche in Österreich eröffnet. Damals wie heute werden wir als Technologievorreiter regelmäßig zu Vorträgen eingeladen. Seit dieser Zeit entwickeln wir das Holter-Online-Portal laufend weiter, um unseren Fachkund*innen ein Maximum an Arbeitserleichterung und Zeitersparnis gewährleisten zu können.

Springen wir wieder zurück ins Heute. Nach wie vor prägt die Dreistufigkeit das Wirtschaftsgefüge der Haustechnik. Dennoch vermuten nicht wenige Branchenkenner*innen, dass diese Vertriebsform schon bald ihren "Mantra"-Status verlieren könnte. Stichworte Multichannel, B2C-Webshops und verschwimmende Abgrenzungen der Zuständigkeitsbereiche zwischen Industrie, Handel und Gewerbe. Was ist Ihre Meinung dazu?

Steinbrecher: Wir glauben fest an die Dreistufigkeit als SHK-Vertriebsmodell, sonst würden wir heute nicht hier sitzen. Der Großhandel wird zwar auch in Zukunft ein zentraler Baustein dieses Erfolgsmodells sein, jedoch wird es nur gemeinsam mit der Industrie und dem Handwerk funktionieren können. Dass es innerhalb dieses Systems immer wieder einmal zu Nachjustierungen kommt, ist in einem Wirtschaftsgefüge aus mehreren unterschiedlichen Bereichen einer Wertschöpfungskette unvermeidlich. Allein schon wenn wir die aktuellen Entwicklungen beobachten, wird klar, dass an mehreren Stellen Handlungsbedarf besteht. Das Leistungsspektrum muss sich in einer Partnerschaft zwangsläufig immer wieder verschieben, um angespannte Situationen zu entlasten. Das ist in geschäftlichen Beziehungen nicht anders als in privaten Partnerschaften.

Holter: Auf den Punkt gebracht, gilt für uns alle, dass man vom Bedürfnis desjenigen ausgehen muss, der am Ende bezahlt. Und dieses Bedürfnis hat sich ja im Laufe der Zeit nicht geändert. Der Kunde will beispielsweise ein gut geplantes Badezimmer oder Heizsystem, das ihm auf viele Jahre möglichst komplikationsfrei zur Verfügung steht. Was sich geändert hat, ist das Informationsverhalten. Der Kunde kann sich zu jeder Zeit im Internet über seine potenziellen Projekte vorinformieren. Während früher der Kunde zum Installateur seiner Wahl ging, um mit seiner Anfrage einen komplexen Prozess aus Beratung, Besichtigung, Kostenvoranschlag und Co in Gang zu setzen, laufen diese Schritte nun binnen kürzester Zeit digital ab. Ob aber nun diese sogenannten Leads von unseren „Mein Holter-Bad“-Beratungen, direkt aus der Industrie oder vom Installateurbetrieb kommen, ist nicht der zentrale Punkt. Denn am Ende des Tages landet ohnehin alles beim Installateur, der es beim Kunden einbaut und schlussendlich verrechnet. Der springende Punkt ist vielmehr, dass wir alle gemeinsam darauf achten sollten, dass dieses verfügbare Budget für ein neues Bad, eine neue Heizung oder die Raumklimatisierung nicht an unserer Branche vorbei und hin zu einem neuen Auto einer neuen Wohnzimmereinrichtung oder einer Kreuzfahrt geht. Denn das wird passieren, wenn wir dem potenziellen Kunden nicht ein attraktives Angebot machen können, das zeitnah umgesetzt wird. Und dabei hilft uns jedenfalls die Digitalisierung ungemein.

Karlsberger: Die Grundsäulen des Großhandels innerhalb der Dreistufigkeit sind jedenfalls die Logistik, der Service sowie die Digitalisierung. Wir haben rund 32.000 Artikel im Zentrallager in Wels täglich verfügbar und in den HAZ rund 10.000. Dass jedoch immer wieder auch andere Systeme auf ihre Marktberechtigung geprüft werden, ist selbst in sehr guten Partnerschaften wohl unvermeidlich. Multichannel-Überlegungen seitens der Industrie gibt es nicht erst seit gestern – genauso wie B2C-Webshops. Doch das Maximum an Zuverlässigkeit, Sicherheit und hoher Wertschöpfung liegt nach wie vor im bewährten Modell der Dreistufigkeit. Dies belegen immer wieder alle verfügbaren Erhebungen. Das Aufgabengebiet erstreckt sich neben der Logistik bis hin zur Unterstützung für die Markterschließung sowie der Absatzfinanzierung – sozusagen als eine Art „Bank“ für die Branche. Produktschulungen für Installateur*innen sowie Kund*innenbindungsprogramme und Marketingmaßnahmen runden das breite Aufgabengebiet ab. Fest steht: Um auch weiterhin als starke Branche wahrgenommen zu werden, müssen wir lediglich das fortsetzen, was uns auch schon in der Vergangenheit ausgezeichnet hat: eng innerhalb der Dreistufigkeit zusammenzuarbeiten.

Seit letztem Jahr können Installateurbetriebe in Österreich und Bayern auch auf Ihren Montageservice zugreifen. Hat sich das Einsatzgebiet Ihrer Montagetrupps in der Zwischenzeit erweitert, oder geht es nach wie vor nur um helfende Hände beim Aufmaß bzw. Einbau von Badezimmermöbeln, Duschen und Sanitärteilen?

Karlsberger: Wir bieten diesen Service als Support für unsere Installateurpartner an – und nur für unsere Installateurpartner. Endkonsument*innen werden selbstverständlich nicht bedient. Unser diesbezügliches Angebot wird vom Gewerbe im Übrigen sehr geschätzt, da der Fachkräftemangel einfach zu Kapazitätsengpässen führt und wir dadurch den Installateur entlasten können. Angeboten werden Planungen und Dimensionierungen aller Gebäudetechnikkomponenten, Inbetriebnahmen von Wärmepumpen, Klimaanlagen und Wohnraumlüftungen sowie die Störungsbehebung bei Schwimmbädern und Whirlpools. Die Verrechnung läuft dabei natürlich stets über den Installateur.

Holter: Unser Geschäftsmodell basiert darauf, das Handwerk mit der richtigen Ware zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu versorgen – und nicht auf Montageleistungen. Diese stellen lediglich eine Hilfeleistung für unsere Partner dar. Denn jeder soll das machen, wo seine Stärken liegen.

Stärken zu stärken ist ein gutes Stichwort: Aufgrund der viel zitierten Krisen der letzten beiden Jahre haben nicht wenige Handwerker*innen wieder selbst Lager angelegt, um keine Stillstandzeiten auf ihren Baustellen zu riskieren. Wie hat sich das auf das Einkaufsverhalten, Preisgestaltung, Verfügbarkeit & Co ausgewirkt? Kam es zu signifikanten Hamsterkäufen?

Steinbrecher: Ja, es hat in der Vergangenheit da und dort Installateure gegeben, die sich Produkte auf Lager gelegt haben. Vereinzelt auch Hamsterkäufe. Das hat dazu geführt, dass wir natürlich phasenweise in manchen Bereichen zu wenige Produkte hatten. Jetzt, wo die Nachfrage in einigen Bereichen zurückgeht, drehen sich manche Produkte nicht mehr so schnell.

Unserer Wahrnehmung nach war das Gewerbe eigentlich weniger über die erforderlichen Preissteigerungen verärgert als über die fehlende Stabilität in der Preisgestaltung. Teilweise gab es ja bei einigen Artikeln sogar Tagespreise. Ist dies Ihrer Ansicht nach gebannt? Lassen sich nun wieder verlässliche Preislisten drucken?

Karlsberger: Man merkt zumindest, dass sich die Situation langsam beruhigt und in vielen Bereichen schon fast wieder Normalität eingekehrt ist. Es gibt aber schon auch Bereiche, in denen es immer noch zu Teuerungszuschlägen kommt. Auf unserem Portal Holter Online werden alle Änderungen tagesaktuell kommuniziert. Um Ihre Frage konkret zu beantworten: Mit dem Druck von Preislisten würde ich noch vorsichtig sein.

Inwieweit lässt sich die Logistik noch digital perfektionieren? Welche Ihrer Digitalbausteine werden eigentlich besonders geschätzt?

Steinbrecher: Verbesserungspotenzial gibt es selbst bei den besten Systemen. Was unsere Lieferleistungen betrifft, sind wir zwar mit einer Fehlerquote im Promillebereich sehr gut aufgestellt, aktuell arbeiten wir jedoch daran, die Abläufe vom Eingang bis zur Auslieferung noch effizienter zu gestalten – auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Seit rund zwei Jahren haben wir Volumenscanner im Einsatz, mit denen wir die Ware platzsparend und schnell verarbeiten können. Beim Supply Chain Management geht es auch ganz viel um Datenqualität. Da sind wir vor allem auf unsere Lieferanten bzw. die Industrie angewiesen. Was unsere Kunden besonders schätzen, ist unsere Artikelmatrix für Installationsbedarf. Diese erleichtert laut zahlreichen Rückmeldungen die Übersicht über täglich verfügbare Artikel und deren Bestellung enorm. Aber auch die elektronischen Endgeräte für unsere Fahrer erleichtern den Überblick. Mit deren Hilfe kann die Ladetätigkeit in Echtzeit inklusive Fotos vom Ladegut dokumentiert werden.

Wie läuft Ihre Offensive in Bayern? Wirkt der österreichische Charme neben dem Tourismus auch im Haustechnikbereich? Was sehen Sie dort als Ihr Alleinstellungsmerkmal gegenüber den starken Revierverteidigern?    

Karlsberger: Wir haben seit 2021, als wir die „Eisen Schmidt Gruppe“ gekauft haben, ständig dazugelernt und entwickeln uns hier auch dementsprechend. Mit Charme aus Österreich allein ist es allerdings nicht getan. Wir arbeiten jeden Tag hart daran, immer noch ein Stückchen besser zu werden. Beispielsweise mit unseren drei „Mein Holter Bad“-Ausstellungen, womit wir uns ganz klar vom Wettbewerb unterscheiden, sowohl was die Wertigkeit betrifft als auch konzeptionell. Und auch mit unserer Logistik können wir punkten, da wir sowohl über Amberg als auch über unsere Zentrallagerfunktion in Wels all unsere Kunden in Bayern über Nacht mit den gewünschten Produkten versorgen können.

Herr Holter, der geplante Rückzug von Ihnen und Ihrer Cousine aus dem operativen Tagesgeschäft hat viele Spekulationen in der Branche ausgelöst. Warum haben Sie sich beide für einen Wechsel in den Aufsichtsrat entschlossen?

Holter: Das Schwierigste bei einem eigentümergeführten Familienunternehmen ist, die richtigen Personen für eine kontinuierliche Weiterführung zu finden. Mit den Herren Karlsberger und Steinbrecher war uns rasch klar, dass dies ideal passen wird und auch der Zeitpunkt Ende 2023 daher der richtige ist. Klar war uns aber auch, dass der geplante Rückzug aus dem Tagesgeschäft ein Stück weit Raum für Spekulationen in der Branche schaffen wird. Als meine Cousine und ich das Unternehmen übernommen hatten, hatten wir knapp 350 Mitarbeiter*innen. Diese Zahl konnten wir in den letzten 20 Jahren nahezu verdreifachen. Wir haben über die Jahre hinweg die Organisation laufend dahingehend angepasst, dass sie weiterwachsen kann, leistungsfähig bleibt und dass keine Flaschenhälse entstehen. Irgendwann kommt man im Laufe dieser Prozesse an einem Punkt an – und die herausfordernden letzten beiden Jahre haben dies beschleunigt –, der es sinnvoller erscheinen lässt, sich vom Tagesgeschäft zurückzuziehen, um sich besser auf strategische Entscheidungen konzentrieren zu können. Es war also kein kurzfristiger Impuls, sondern fußt auf zahlreichen Überlegungsprozessen. Außerdem zeichnet der Terminus „Zurückziehen in den Aufsichtsrat“ ein etwas irreführendes Bild. Denn wir stehen selbstverständlich bei Bedarf zur Verfügung. Es geht uns lediglich darum, dass wir uns ein wenig aus dem Gefüge herausnehmen, um die strategische Entwicklung voranzutreiben.

Herr Karlsberger, Herr Steinbrecher: Was sind Ihre bisherigen Impressionen in Ihren neuen Funktionen? Wie intensiv verläuft die Übergangsphase? Sie sind ja zu einem Zeitpunkt in die Geschäftsführung eingestiegen, wo besonders dicke Bretter zu bohren sind. Was sehen Sie als Ihre aktuell dringendste Aufgabe?

Steinbrecher: Ich habe mich in der neuen Funktion schon gut eingelebt. Bei mir hat sich nicht so vieles geändert, da ich schon seit 20 Jahren bei Holter bin und als Ressortleiter auch schon in der Vergangenheit in viele Entscheidungen der Geschäftsführung eingebunden war. Nachdem bei mir die Ressorts Logistik, Finanzen und Verwaltung zusammenlaufen gibt es auch eine Fülle an Themen, die mich oder uns im Augenblick stark beschäftigen, insbesondere die Personalsituation, die Automatisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Als Herausforderung sehe ich unsere Lagerkapazitäten. Nachdem viele Verfügbarkeiten bislang eingeschränkt waren, mussten wir uns ein enormes Lager anlegen. Ein Dauerbrenner ist auch der Fachkräftemangel. Wir müssen noch mehr als bisher schauen, dass wir gutes Personal bekommen und dieses auch halten können. Manche Dinge werden künftig wohl nur mit einem höheren Digitalisierungsgrad auszugleichen sein.

Karlsberger: Für mich war diese Entwicklung natürlich sehr überraschend. Denn ich kam vor rund elf Monaten für die Funktion als Ressortleiter „Strategischer Einkauf“ an Bord. Gleichzeitig war es aber auch eine große Ehre, als mir Michael Holter dieses Angebot machte. Denn ein derart traditionsreiches und gut aufgestelltes Familienunternehmen gemeinsam mit Markus Steinbrecher führen zu dürfen – dieses Vertrauen ist nicht selbstverständlich. Ich habe mich jedenfalls im letzten Jahr bestens eingelebt und das gesamte Holter Team hat mich hierbei toll unterstützt. Ich denke, Markus Steinbrecher hat mit der Mitarbeiter*innensuche beziehungsweise dem Fachkräftemangel bereits die wichtigsten Themen angesprochen. Ich greife aber gerne ihr Wortspiel mit dem „Bohren von dicken Brettern“ auf. Man sagt ja immer, dass ein guter Handwerker auch das beste Werkzeug braucht. Und ja, das stimmt so auch. Denn unser Werkzeug sind unsere Mitarbeiter*innen, die wir auch bestmöglich selber ausbilden bis hin zu Führungskräften in eigenen Nachwuchsführungskräfteseminaren. Das war schon zu meiner Lehrzeit bei Holter ein wichtiges Tool und ich denke, da war Holter in den 80iger Jahren der Branche schon weit voraus. Und das ist uns auch heute noch extrem wichtig, immerhin suchen wir auch dieses Jahr wieder mehr als 40 Lehrlinge in elf unterschiedlichen Lehrberufen.

Innerhalb der Branche gibt es immer wieder Gerüchte über einen möglichen Verkauf des Unternehmens. Hier haben Sie nun die Möglichkeit, mit einem schlüssigen Argument derartige Spekulationen ein für alle Mal auszuräumen.

Holter: Wir waren vor allem in den letzten 20 Jahren recht erfolgreich. Und das erzeugt beim Wettbewerb natürlich nicht nur Fans. Wir kennen also diese Gerüchte. Sie begleiten uns schon ganz lange und werden immer wieder aufs Neue gestreut. Ich bin es ehrlich gesagt auch schon ein wenig leid, dies immer wieder kommentieren zu müssen. Es steht jedem frei, sich unsere Erfolgsgeschichte in Form unserer Geschäftszahlen anzusehen. So ein perfekt aufgestelltes Unternehmen zu verkaufen wäre wirklich fahrlässig. Zudem hängt an einem derart traditionsreichen Unternehmen auch ganz viel Eigentümer-Herzblut – ein Erfolgscocktail also, den sich viele angestellte Manager möglicherweise gar nicht vorstellen können.

Branchen
Haustechnik