Interview

"Politiker sollten endlich auf Experten hören"

Haustechnik
09.06.2023

Von: Redaktion Gebäudeinstallation
Medien berichten immer wieder, dass die Auftragsbücher des SHK-Handwerks randvoll mit Heizungssanierungen seien. Ist das aber wirklich so? Wir werden im Reality Check ab sofort immer wieder Installateur*innen dazu befragen.
Oliver Riedl

Gestartet wird mit Oliver Riedl, der den 1977 von seinem Vater gegründeten Installationsbetrieb in zweiter Generation führt. Den Schwerpunkt sieht der 1a-Installateur-Profi gemeinsam mit seinen 13 Mitarbeiter*innen vor allem in der kreativen Badsanierung.

Es heißt, dass Heizungssanierungsaufträge durch die Decke gehen. Wie sieht dies bei Ihnen aus? Wie ist aktuell der prozentuelle Anteil von Sanitär- zu Heizungsaufträgen bei Ihnen?

Dies kann ich für meinen Betrieb nicht bestätigen. Wir sind überwiegend in Wien tätig, und hier in den eher dicht besiedelten Gebieten. Daher haben wir fast ausschließlich mit Wohnungen zu tun. Hier ist aber die Einflussmöglichkeit der Mieter/Eigentümer auf das Heizsystem des Hauses eher überschaubar. Damit läuft das übliche Thermentauschgeschäft, nach kurzer Zurückhaltungspause im letzten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023, wieder wie gewohnt weiter. Bei uns beträgt das Verhältnis etwa 80 Prozent Sanitär, 20 Prozent Heizung.

Wie beurteilen Sie ganz generell den derzeitigen Heizungsmarkt in Österreich?

Als schwierig, zumindest im urbanen Bereich. Die Verunsicherung der Konsumenten, insbesondere durch unbedachte und unbedarfte Äußerungen diverser Politiker und Politikerinnen, ist stark spürbar. Sich eine „Energiewende“ herbeizuwünschen und dann Verbotsgesetze zu erlassen, ohne die Machbarkeit wirklich zu prüfen, bringt halt, meines Erachtens, nicht wirklich viel Fortschritt.

Was würden Sie sich von der Innung bzw. den verantwortlichen öffentlichen Stellen wünschen, damit die Überhitzung des Marktes mit all dessen Nachteilen etwas abkühlt? 

Ich wünsche mir, dass die verantwortlichen öffentlichen Stellen den Technikern und Praktikern zuhören und deren Meinung ernst nehmen, anstatt unerfüllbare Zeitvorgaben gesetzlich zu verankern, die bei absehbarer Nichteinhaltung wilde Strafzahlungen nach sich ziehen. Die Innungen bzw. deren Repräsentanten versuchen ohnehin gegen den Medien-Mainstream anzusprechen und Vernunft einzumahnen, allein es fehlt der zuhörende Gegenpart in der Politik.

Wie rekrutieren Sie für Ihr Unternehmen erforderliche Fachkräfte? Organisieren Sie sich für Spitzenzeiten Leihpersonal, oder verschieben sich die Aufträge einfach nach hinten, bis sie bedient werden können?

Ich habe letzten Herbst wieder versucht via AMS zu einem Monteur zu kommen, habe dies aber dann aufgegeben. Wenn jemand im Lebenslauf für vier Jahre „aktiv arbeitssuchend“ stehen hat, oder vor 20 Jahren die Lehre abgeschlossen hat und seitdem in anderen Berufen tätig war, fehlt mir die Phantasie, wie ich diese Menschen als Monteure bei uns einsetzen soll. Aufträge werden seit ein paar Monaten nach hinten verschoben, bzw. an Subunternehmen weitergegeben, die diese Leistungen in unserem Namen erbringen.

Als eine der Maßnahmen gegen allfällige Montageengpässe bieten etwa der LSI oder der Großhandel als Service für Installationsbetriebe Montagepersonal an. Was ist Ihre Meinung dazu? 

Habe ich bis dato noch nicht in Anspruch genommen, kann mir aber vorstellen, dass es gelegentlich hilfreich ist.

Als Installationsbetrieb in Wien wird für Sie das Thema Wärmepumpe wohl nicht so präsent sein. Welche Heizungssysteme werden bei Ihnen vor allem angefragt?

Angefragt wird vieles, egal ob sinnvoll oder nicht. Da wir hauptsächlich im Sanierungsbereich tätig sind geht es meist um bestehende Anlagen. Zumeist wird es dann doch wieder eine Therme, und hier wieder vermehrt Heizwert. Weil, wenn es ohnehin bald verboten wird, wofür dann in Brennwert investieren? Hier sehe ich sehr stark die Konterkarierung unserer Bemühungen der letzten Jahre, effiziente Technik in die Haushalte zu bringen. Verstärkt nachgefragt werden auch E-Direktheizungen, wie etwa Infrarot. Das scheitert allerdings häufig an der bestehenden Elektrik in der Wohnung und/oder im Haus.

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