Interview

„Sonst entsteht ein Tohuwabohu“

Trockenbau
26.03.2024

Manfred Schreiner, Präsident der Verbands Österreichischer Stuckateur- und Trockenbauunternehmungen (VÖTB) erklärt im Gespräch mit der Bauzeitung, wie wichtig die Trockenbauer für den reibungslosen Ablauf auf der Baustelle sind – und worauf sich die Branche heuer einstellt.
VÖTB Präsident Manfred Schreiner im Interview.

Herr Schreiner, bei ihrem Antritt als Präsident des VÖTB vor rund drei Jahren haben Sie gesagt, dass Sie den Trockenbau noch stärker als Schlüsselgewerk positionieren wollen. Warum eigentlich?
Manfred Schreiner:
Ganz einfach: Weil wir es sind. Wir sind als Trockenbauer die zentrale Drehscheibe im Ausbau.  Auch wenn das viele vielleicht nicht wahrhaben wollen. Ich kenne kein Gewerk, mit dem wir keine Schnittstelle hätten. Egal ob Haustechnik wie Elektro und HKLS, Fliesenleger, Schlosser, Maler oder Estrichleger – wir müssen uns mit jedem eng abstimmen. Sonst entsteht ein Tohuwabohu auf der Baustelle.

Wie weit sind sie in den letzten Jahren mir ihrem Vorhaben gekommen?
Schreiner:
Wir machen Fortschritte. Dabei ist eines sehr wichtig: Vor dem Beginn des Innenausbaus muss es eine Abstimmung geben, bei der mit allen Beteiligten die relevanten Details und Schnittstellen geklärt werden. Wer macht was wann wie mit wem? Im Idealfall werden 95 Prozent aller wichtigen Fragen im Vorfeld in einem Startgespräch bereits geklärt. Das ist die Basis dafür, dass dann später alles ordentlich ablaufen kann. Für dieses Stargespräch muss man sich die Zeit nehmen. Das zahlt sich doppelt und dreifach aus.

Das wäre ja eigentlich die Aufgabe der Bauaufsicht, oder?
Schreiner:
Ja, aber die Bauaufsicht ist oftmals überfordert. Damit können wir sie nicht allein lassen. Der Trockenbau ist zu komplex geworden! Wir Trockenbauer sind aufgrund unserer zentralen Drehscheibenfunktion am besten in der Lage, diese Feinabstimmung mit den anderen Gewerken vorzunehmen. Damit wir nicht im Nachhinein feststellen: „So funktioniert das nicht. Es wäre besser gewesen, wenn wir das anders gemacht hätten.“ So vermeiden wir Fehler, Zeitverlust und unnötige Kosten.

Ist die Bedeutung des Trockenbaus in vergangenen Jahren gestiegen?
Schreiner:
Auf jeden Fall. Vor 30 – 40 Jahren sah die Baustelle im Wohnbau noch ganz anders aus. Damals hat der Baumeister Ziegelwände aufgestellt, die Leitungen wurden verlegt, dann kam Innenputz und Estrich.- Trockenbau gab es kaum. Heute kenne ich kein Bauprojekt, bei dem der Trockenbau nicht zum Einsatz kommt. Er ist leichter, schneller, günstiger und macht die Arbeiten für andere Gewerke einfacher. Man kann alle Installationen in den Hohlräumen verlegen und erspart sich das Stemmen, Schlitzen und Verputzen.

Stichwort „Einfach“. Das ist vermutlich nicht die Vokabel mit der Sie die aktuelle Lage für ihre Branche bezeichnen würden…
Schreiner:
Da fallen mir tatsächlich andere Worte ein.

Schwieriges Jahr

Welche zum Beispiel?
Schreiner:
„Schwierig“ wäre ein Kandidat. Lassen Sie es mich so formulieren: Wer im Wohnbau tätig ist, der hat im Augenblick seine liebe Mühe und Not. Und der Wohnbau ist natürlich der wichtigste Markt für unsere Branche. Er stagniert derzeit aus den bekannten Gründen – allen voran die hohen Zinsen und die strengere Kreditvergabe durch die Banken und natürlich der Anstieg der Baukosten. Die Preise für unsere Materialien sind in den Himmel geschossen. Der Gipskarton ist mittlerweile fast doppelt so teuer wie vor zweieinhalb Jahren. Das hat uns empfindlich getroffen.

Seit wann spüren Sie den Einbruch im Wohnbau?
Schreiner:
Er hat schon 2023 begonnen zu schwächeln. Aber davon waren wir noch nicht so stark betroffen. Der Innenausbau spürt Marktschwankungen in der Regel mit einer Verzögerung von rund einem halben bis dreiviertel Jahr. Heuer schaut es anders aus. Bei den Trockenbauern, die stark auf den Wohnbau setzen, sind die Auftragsbücher maximal zur Hälfte gefüllt.

Mit welchem Umsatzrückgang rechnen Sie heuer für die Branche?
Schreiner
: Ich gehe von 30 bis 40 Prozent aus. Viele Unternehmen versuchen nun, verstärkt auf öffentliche Bauten sowie den Büro- und Industriebau zu setzen, auch auf Schulen und Universitäten. Aber da ist die Konkurrenz natürlich groß. Statt fünf oder sechs Anbieter kämpfen nun 25 verbissen um den Auftrag.

Was bedeutet das für die Preise?
Schreiner:
Die sind gesunken. Wir liegen jetzt wieder auf dem Niveau von 2020. Aufgrund der Kostensteigerungen wäre ein Preisanstieg um 25 Prozent gerechtfertigt gewesen. Stattdessen haben wir einen Rückgang um fünf bis zehn Prozent.

Wie sehen sie die Praxis, mit Fixpreisen zu arbeiten?
Schreiner: Das ist ein heikles Thema. In unserer Branche war es bis vor kurzem Usus, mit Fixpreisen zu arbeiten. Das hat uns im Vorjahr große Problem bereitet: Es wurden Fixpreise vereinbart, und während der Laufzeit des Projekts sind dann plötzlich die Kosten massiv gestiegen. 2023 sind daher viele unserer Unternehmen dazu übergegangen, statt Fixpreise eine Indexbindung bei den Material- und Lohnkosten zu vereinbaren. Bei öffentlichen Projekten wird das schon länger so gehandhabt. Im privaten Wohnbau ist das eine Neuerung. 

Wird sich die Indexbindung im privaten Wohnbau durchsetzen?
Schreiner:
Ich würde das begrüßen. Aus meiner Sicht ist es die fairste Lösung für alle Beteiligten. Ich sehe aber bei einigen Projekten, dass der Trend wieder zurück Richtung Fixpreise geht. Im Vorjahr haben viele Bauherren aufgrund der massiven Kostensteigerungen Verständnis für die Index-Bindung gehabt. Heuer hat sich der Preisanstieg verflacht, und es ist wieder schwieriger geworden, die Index-Bindung zu vermitteln.

Wie beurteilen Sie das neue Wohnbaupaket der Regierung?
Schreiner:
Wir begrüßen das Paket. Jetzt geht es darum, dass es rasch umgesetzt wird. Bis unsere Verbandsmitglieder die Effekte spüren, wird es allerdings etwas dauern. Die neuen Bauprojekte müssen zunächst einmal beschlossen und geplant werden. Es folgt der Rohbau. Erst dann kommt der Innenausbau. Ich rechne daher damit, dass 2024 auf dem aktuellen Niveau bleiben wird und sich der Markt auch im ersten Halbjahr 2025 für uns noch nicht signifikant verbessern wird. Eine echte Verbesserung erwarte ich erst für das zweite Halbjahr 2025.

Was kann die Branche machen, um gegenzusteuern?
Schreiner:
In komme zurück auf den Anfang unseres Gesprächs. Gerade in der aktuell schwierigen Marktlage ist es wichtig, dass wir uns als Trockenbauer gut positionieren und den Bauherren klar machen, wie wichtig unsere Rolle als Schlüsselgewerk auf der Baustelle ist. Das lohnt sich. Ein Bauleiter hat mir kürzlich folgendes gesagt: „Ich suche mir nicht den billigsten Trockenbauer aus, sondern den Besten, bei dem ich weiß, dass es in der Umsetzung gut funktioniert. Damit erspare ich mir Zeit und Geld.“

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