Die Glorreichen Sieben der Baukultur
In den Kasematten von Wiener Neustadt sind am 28. November sieben Projekte mit dem ZV-Bauherr*innenpreis 2025 ausgezeichnet worden. Aus insgesamt 112 Einreichungen wählte die Jury Bauvorhaben aus ganz Österreich, die für die Vielfalt und Qualität der heimischen Baukultur stehen.
Die Zentralvereinigung der Architekt*innen Österreichs (ZV) hat den Bauherr*innenpreis heuer in den geschichtsträchtigen Kasematten von Wiener Neustadt verliehen. Zahlreiche Architekt*innen, Bauherr*innen sowie Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung verfolgten die Preisverleihung und den fachlichen Austausch zur Zukunft der Baukultur. Aus den insgesamt 112 Einreichungen hatten Nominierungsjurys in den Bundesländern zunächst 24 Projekte ausgewählt. Aus diesem Feld ermittelte die Hauptjury jene sieben Bauvorhaben, die heuer als Preisträger*innen ausgezeichnet wurden.
Politik und Branche würdigen Baukultur

Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler betonte in seiner Ansprache die strategische Verknüpfung von Baukultur und Wohnen in einem Ressort. Karl Wilfing, Präsident des Landtages von Niederösterreich (NÖ), hob die Rolle von Architektur für Lebensqualität und regionale Identität hervor. Der Bauherr*innenpreis zeige jedes Jahr, welche kulturelle Kraft in guter Architektur stecke und wie sehr sie Lebensqualität präge – durch Räume, die Orientierung und Wohlbefinden schaffen, Orte der Begegnung ermöglichen und Gebäude, die nachhaltig und funktional gestaltet seien. Dass die renommierte Auszeichnung heuer in Niederösterreich verliehen werde und ein Preisträger aus dem Bundesland komme, unterstreiche die hohe Qualität und lebendige Baukultur vor Ort, so Wilfing.
Rolle der Bauherr*innen im Fokus

In einer Podiumsdiskussion mit den Baudirektorinnen Christine Pennerstorfer (Land Niederösterreich) und Bernhard Jarolim (Stadt Wien) wurde die Rolle der Bauherr*innen für die Weiterentwicklung der Baukultur diskutiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie Auftraggebende qualitätsvolle, nachhaltige und zukunftsweisende Architektur initiieren und absichern können. Veronika Müller, Mitglied des Präsidiums der Zentralvereinigung der Architektinnen Österreichs (ZV) in Wien, betonte die besondere Bedeutung des Bauherr*innenpreises: „Der Bauherr*innenpreis feiert jedes Jahr die gemeinsam verantwortete Baukultur in Österreich. Er zeigt, wie vielfältig und anspruchsvoll Bauaufgaben im Dialog zwischen Bauherr*innen und Architekt*innen gelöst werden können. Er beleuchtet nicht nur herausragende Bauwerke, sondern vor allem die Ergebnisse eines echten Miteinanders, das qualitätsvolle, unkonventionelle und zukunftsweisende Architektur hervorbringt.“
Sieben Preisträger
Die Hauptjury – Anne Beer (Architektin und Städtebauerin, München), Günter Mohr (Architekt, Wien) und Kaye Geipel (Architekturkritiker, Brüssel/Berlin) – zeichnete sieben Projekte in unterschiedlichen Kategorien und Maßstäben aus.
Prämiert wurde die Waldarena in Velden (Kärnten) mit der Bauherr*in Atus Velden und der Architektur von Hohengasser Wirnsberger Architekten. In Niederösterreich überzeugte die Erweiterung der Firmenzentrale von Windkraft Simonsfeld mit der Bauherr*in Windkraft Simonsfeld und der Architektur von juri troy architects.
In Oberösterreich (OÖ) wurden zwei Projekte ausgezeichnet: das Domcenter Linz der Bischof-Rudigier-Stiftung mit der Architektur von Peter Haimerl Architektur und Studio Clemens Bauder sowie das HOS House of Schools 1 am Campus der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz mit der Bauherr*in Bundesimmobiliengesellschaft und der Architektur von querkraft Architekten.
In Salzburg wurde das Projekt Hotel und Wohnen Am Hirschengrün von Katharina und Nikolaus Richter-Wallmann mit der Architektur von LP architektur sowie Dietrich Untertrifaller Architekten gewürdigt. In Bezau (Vorarlberg) erhielt das Museum Bezau des Museumsverein Bezau mit der Architektur von Innauer Matt Architekten eine Auszeichnung.
In Wien wurde schließlich der Loft-Flügel der Wiener Städtischen Versicherung prämiert, geplant von StudioVlayStreeruwitz.
Der Bauherr*innenpreis der Zentralvereinigung der Architektinnen Österreichs versteht sich als Auszeichnung für Bauten, Freiraumgestaltungen und städtebauliche Lösungen, die im intensiven Austausch zwischen Bauherrinnen und Architektinnen entstanden sind. Viele der mehr als 300 bisher ausgezeichneten Projekte gelten heute als Fixpunkte in der österreichischen Architekturgeschichte.
Das sagt die Jury zu den ausgezeichneten Projekten
Waldarena, Velden
Bauherrin: ATUS Velden
Architektur: Hohengasser Wirnsberger Architekten
Tragwerksplanung: Bauingenieure Lackner Egger
Fertigstellung: 2024
Begründung von Jurymitglied Anne Beer:
Die vom Fußballverein ATUS von der Gemeinde Velden gepachtete Sportanlage war technisch veraltet und nicht mehr zeitgemäß. Demgegenüber standen steigende Mitgliederzahlen im Nachwuchsbereich, sportliche Erfolge und eine treue Fangemeinde – Potenziale eines stolzen Vereins, der sich zukunftsfähig aufstellen wollte.
Im Jahr 2022 wurde in Zusammenarbeit mit der Vereinsleitung und ehemaligen Spielerinnen eine Neukonzeption für eine nachhaltige Sportanlage entwickelt. Auf dieser Grundlage konnten unterschiedliche Fördergeberinnen für eine Projektrealisierung gewonnen werden. Der folgende Architekturwettbewerb brachte einen Entwurf hervor, der dank eines robusten Grundkonzepts einer finanzbedingten Redimensionierung um ein Geschoß und um je eine Achse an der Ost- und Westseite ohne Qualitätsverluste standhielt.
In geschickter Ausnutzung von Grundstückszuschnitt und Neubewertung einer flankierenden Erschließung gelang die Schaffung eines einladenden Vorplatzes, der eine öffentliche Raumfolge vom Parken über Ankommen und Einlass bis hin zu den Tribünen aufspannt und gute Orientierung gewährleistet. Vorplatz und Tribüne ordnen auch die gegebene Topografie neu und definieren eine Sockelzone, auf der die Sportbauten mit markantem Vordach nun ein architektonisches Statement setzen können. Damit entwickelt sich die Arena von der anonymen Infrastruktur zu einer kräftigen Adressbildung des Vereins mit Branding über das Architekturprojekt.
Das Konzept geht dabei strukturell logisch und ökologisch nachhaltig von der Weiternutzung massiver Baustruktur des Bestandes aus. Mit zwei Erweiterungen in Holzbauweise – dem als Kopfbau gesetzten, öffentlichen Vereinsraum im Osten und einem Ort für Schiedsrichterinnen und Grill im Westen – entsteht die deutlich vergrößerte, neue Abwicklung der Anlage. Fugen zwischen Bestand und Neubauten gewährleisten Durchlässigkeiten, die sowohl dem Verteilen von Besucherinnen als auch dem Weg der Mannschaften zu den Umkleiden räumlich gut entsprechen.
Eine Vielzahl von Maßnahmen wie u. a. eine Wärmepumpe über Erdkollektoren oder eine Photovoltaikanlage mit Bauteilaktivierung gewährleisten den nachhaltigen, technischen Betrieb der erweiterten Sportanlage. Durch Redimensionierung der asphaltierten Flächen konnte trotz Vergrößerung des Bestandsgebäudes die versiegelte Fläche um fünfzehn Prozent reduziert werden.
Der Prozess der Projektentwicklung, der unter wirtschaftlich engen Rahmenbedingungen vom Verein qualitätsorientiert, transparent und unter Einbindung unterschiedlicher Stakeholderinnen als Bottom-Up-Projekt durchgeführt wurde, und 2024 in die Realisierung eines nachhaltigen Architekturprojektes geführt werden konnte, ist eine ermutigende, gesellschaftliche Teamleistung von Bauherr*innenschaft, Architekt*innen und Handwerker*innen.
Erweiterung Firmenzentrale Windkraft Simonsfeld
Bauherr*in: Windkraft Simonsfeld
Architektur: juri troy architects
Freiraumplanung: outside landschaftsarchitektur
Tragwerksplanung: KPPK Ziviltechniker
Fertigstellung: 2024
Begründung von Jurymitglied Günter Mohr:
Betrachtet man die Entstehungsgeschichte dieses Projekts, klingt sie fast wie aus einem Science-Fiction-Roman. Eine Firma, die in der grünen Ökonomie tätig ist, ihr Geld mit dem Betrieb von Windparks verdient und als Aktiengesellschaft gleichzeitig ihren Aktionär*innen verpflichtet ist, entschloss sich zu einem konsequent nachhaltigen Verwaltungsbau. Am Stammsitz in Simonsfeld wurde 2014 das erste Gebäude fertiggestellt, das damals im Hinblick auf den Stand der Technik sehr ambitioniert war. Doch das rasche Wachstum des Unternehmens machte schon nach wenigen Jahren eine Erweiterung notwendig.
Eine umfassende Bedarfsanalyse bildete die Grundlage für einen geladenen, mehrstufigen Wettbewerb. Dabei war Nachhaltigkeit nicht nur ein Schlagwort, sondern ein zentrales Ziel. Zugleich zeigte sich, dass der Begriff bis heute keine eindeutige Definition hat. Das Projekt verdeutlicht, wie sich das Wort, die Technik und der Zugang zu Nachhaltigkeit in den letzten Jahren geändert haben.
Die Erweiterung schließt das bestehende Gebäude zu einem Vierkanthof und schafft im Zentrum einen grünen Innenhof, der als neues Herz des Unternehmens Begegnung und Kommunikation fördert. Der Bestand wurde eingebunden und beide Geschoße sind nun zu einem Rundgang verbunden, der kurze Wege ermöglicht. Im Erdgeschoß befinden sich um den Eingang herum der Empfang, Besprechungsräume und ein multifunktionaler Veranstaltungsraum. In der Mensa wird mit Gemüse aus dem eigenen Garten gekocht und auf dem Parkplatz können Mitarbeiter*innen ihre Autos kostenlos mit Strom aus der firmeneigenen Photovoltaikanlage laden.
Die Konstruktion basiert auf einem klar gegliederten Holzskelettbau, der durch zwei massive Stampflehmkerne ergänzt wird. Diese übernehmen die Erschließung. Sie sind bauteilaktiviert und regulieren das Raumklima; die notwendige Energie liefern elf Tiefenbohrungen. Holz ist in Konstruktion und Oberfläche stets präsent. Es verleiht den Räumen eine wohnliche Atmosphäre und vermittelt zugleich den Anspruch nachhaltiger Zukunftsfähigkeit. Auch in den Nebenräumen wurde großer Wert auf Gestaltung gelegt. Für die Besprechungsräume im Obergeschoß entstand im Rahmen eines Kunst-am-Bau-Projekts ein besonderer Akzent. Die Felder vor den Fenstern wurden als farbige Stoffflächen nach innen übertragen und schaffen so eine Verbindung zwischen Landschaft und Arbeitswelt.
Dieses Gebäude zeigt beispielhaft, wie unternehmerische Verantwortung aussehen kann – nicht nur gegenüber Aktionär*innen, sondern ebenso gegenüber Mitarbeitenden, Gesellschaft und Umwelt.
Domcenter Linz
Bauherr*in: Bischof-Rudigier-Stiftung zur Erhaltung des Mariä-Empfängnis-Domes
Architektur: Peter Haimerl Architektur / Studio Clemens Bauder
Tragwerksplanung: DI Weilhartner / Puracrete / Alt & Neu Bauträger
Fertigstellung: 2024
Begründung von Jurymitglied Kaye Geipel:
Bauen an der Flanke eines hundert Jahre alten Doms, der größten Kirche Österreichs – geht das überhaupt? Der Entwurf eines Pavillons für den Mariendom in Linz, 1924 fertiggestellt und seither Wahrzeichen der Stadt, bewältigt eine auf den ersten Blick kaum lösbare Aufgabe: Wie lässt sich dem Dom ein weiterer, wenn auch kleiner Eingang mit Infocenter an die Seite stellen?
Der Anlass für diese Überlegung lag in der städtebaulichen Situation: Der Haupteingang der Kirche liegt im Norden, der große Domplatz, genutzt für kulturelle wie religiöse Ereignisse der Stadt, jedoch im Osten. Zu dieser Seite zeigte sich die neugotische Kirche bislang weitgehend verschlossen. Die Bischof-Rudigier-Stiftung als Bauherrin formulierte daher eine spekulative, fast kühne Idee: Könnte man den Dom an dieser Seite öffnen – so, dass ein direkter Zugang zum Domschatz entsteht und zugleich zusätzliche, für die Beziehung zwischen Kirche und Stadtbevölkerung wichtige Funktionen integriert werden? Dommeister Clemens Pichler dachte dabei auch an ein kleines Café.
Ein erster Workshop mit Studierenden von Peter Haimerl, der damals an der Kunstuniversität Linz lehrte, sondierte mögliche Ansätze. Danach begann Haimerl, zusammen mit dem für die Innenarchitektur verantwortlichen Clemens Bauder, die konkrete Planung. Haimerl ist bekannt für seine Arbeiten im Bestand – und doch brauchte es mehrere Entwicklungsschritte, bis die Architekt*innen, begleitet von der oberösterreichischen Landeskonservatorin Petra Weiss, eine überzeugende Lösung fanden: Ein Pavillon aus leichten, baldachinartigen Sichtbetongewölben, die von Ferne wie ein Zelt erscheinen, das sich an den Dom lehnt. Die Anklänge an die Neogotik sind unübersehbar. Entscheidend aber: Der Dom selbst bleibt unangetastet – eine zentrale denkmalpflegerische Voraussetzung für das neue Domcenter.
Haimerl hat hier gezeigt, dass er – wo die Bauherrin den Freiraum dafür gibt – Architektur auch unter einschränkenden Bedingungen neu denken kann. Nichts an der Lösung mit den drei Baldachinen, die hinter einer zurückgesetzten Glasfassade ein Café, einen Infostand und den Zugang zum Domschatz beherbergen, ist selbstverständlich: weder die Form noch die Materialwahl noch die Zusammenführung so heterogener Funktionen. Mit dem Preis wird der gemeinsame Mut von Bauherr*innenschaft und Architektinnenschaft ausgezeichnet, einen neuen Eingang zu wagen – trotz Kritik in der Planungs- und Umsetzungsphase. Linz hat damit ein Beispiel geschaffen, wie selbst große, denkmalgeschützte Bauwerke mit Sorgfalt und Augenmaß um zeitgemäße öffentliche Funktionen ergänzt werden können.
HOS House of Schools 1, JKU Campus Linz
Bauherr*in: Bundesimmobiliengesellschaft, Unternehmensbereich Universitäten
Architektur: querkraft Architekten
Freiraumplanung: Kieran Fraser Landscape Design
Tragwerksplanung: werkraum ingenieure
Fertigstellung: 2024
Begründung von Jurymitglied Anne Beer:
Die Zusammenarbeit zwischen der Bundesimmobiliengesellschaft und der JKU – Johannes Kepler Universität Linz als langfristig gebundenem Nutzer ist eine besondere Erfolgsgeschichte, die über eine Vielzahl ausgezeichneter Architekturprojekte auf dem Campus Linz auch baukulturell dokumentiert ist. Nach Elementen wie dem Learning-Center, dem Open Innovation Center oder der Kepler Hall findet sie nun ihre Fortsetzung in einer Gebäudetypologie, die künftige Bedarfe der JKU flexibel aufnehmen und – im Kontext eines robusten städtebaulichen Konzepts – erweitert werden kann.
Die Setzung des solitären, bauplastisch ausdrucksstarken House of Schools als erstem Baustein einer mehrphasigen Entwicklung führt bestehende Erschließungssysteme weiter, schließt den Campus nach Süden und entwickelt nach Norden eine attraktive Hofsituation.
Nach außen hin kompakt, bildet der Stahlbeton-Skelettbau im Innern eine fünfgeschoßige Raumstruktur, in der Büros, Seminarräume und Bereiche für Lernen in einer flexiblen und Kommunikation fördernden Umgebung zu einer Art Raumkontinuum arrangiert sind. Das zentrale Atrium verknüpft alle Etagen, ist das kommunikative Herz des Raumgefüges und bietet Platz für formellen und informellen Austausch. Geschoßweise Teeküchen und Besprechungsinseln tragen zu einem lebendigen Arbeits- und Lernort bei.
Mit einem in der Aneignung flexiblen Gebäuderaster von 10 Metern und Raumhöhen von 3,15 Metern argumentiert das Projekt für strukturelle Nachhaltigkeit. Gleichzeitig berücksichtigt das Betriebskonzept den Stand der Technik hinsichtlich Geothermie, Photovoltaik, Betonkernaktivierung oder Wärmerückgewinnung im Sinne einer energetischen Nachhaltigkeit. Ästhetik, Flexibilität und Aneignungsoffenheit des Hauses sollen die langfristige Nutzung in puncto Wertschätzung und damit emotionaler Nachhaltigkeit sichern.
Die Materialität setzt insgesamt auf Langlebigkeit und Authentizität. Im Ausbau treten modular gegliederte Oberflächen in Metall und Glas in Dialog mit dem eher kräftigen Ausdruck des sichtbaren Tragwerks. Geschlossene Wandbereiche heben sich in Farbgebung und Textur vom Rohbau ab, wodurch eine gute Lesbarkeit und Rhythmisierung der einzelnen Raumgruppen und Funktionen erreicht wird.
Die Fassade des Hauses ist in zwei Ebenen entwickelt. Den Raumabschluss bildet ein Pfosten-Riegel-System, die angelagerte Stahlkonstruktion mit Elementen von Sonnenschutz und Begrünung umhüllt das Gebäude als differenzierte Filterschicht, deren lebendiges Spiel von Licht und Schatten die skulpturale Wirkung des Baukörpers nochmals stärkt.
Mit dem HOS House of Schools ist ein moderner Lern- und Arbeitsort entstanden, der Offenheit, Transparenz und Kommunikation ausdrucksstark und selbsterklärend kommuniziert und die Positionierung des Universitätsstandortes mit den Mitteln der Architektur weiter stärkt.
Hotel und Wohnen Am Hirschengrün
Bauherr*in: Katharina und Nikolaus Richter-Wallmann
Architektur: LP architektur / Dietrich Untertrifaller Architekten
Freiraumplanung: Karin Standler Landschaftsarchitektur
Tragwerksplanung: ConLignum
Fertigstellung: 2024
Begründung von Jurymitglied Anne Beer:
Das im Salzburger Bahnhofviertel gelegene 4-Sterne-Hotel Hirschenwirt, das sich seit über 200 Jahren in Familienbesitz befindet, war bereits in die Jahre gekommen, als es 2019 an die nächste Generation übergeben wurde. Ursprünglich war eine klassische Hotelsanierung geplant, doch während der Überlegungen wurde der jungen Hoteliersfamilie sukzessive bewusst, dass ihr mehr vorschwebte als ein klassisches Tourist*innenhotel. So entstand die Idee eines ganzheitlichen Quartiers mit Hotel, Wohnungen, Gastronomie, Gewerbe und viel Grün. Altbestand und Neubauten sollten in Holzhybridbauweise verbunden werden.
Die mutige Entscheidung, zwei Drittel der 5.000 m2 großen Liegenschaft nicht an einen Bauträger zu vergeben, sondern in Eigenregie für zukunftsfähige Synergien mit dem Quartier zu entwickeln, ermöglichte die Sanierung und Erweiterung des historischen Hotels. Über einen neuen, innerstädtischen Hof wurden Zubauten für Wohnen und Gewerbe in die umgebenden Nachbarschaften eingebunden.
Die Setzung der neuen Baukörper wurde dabei differenziert aus dem heterogenen Stadtgefüge abgeleitet. Sie entwickeln sich in spezifischen Antworten auf den Kontext. Die Hotelerweiterung entlang der St.-Julien-Straße schließt in der Bauflucht an und zeigt sich als Holzbau auf massivem Sockel konstruktiv eigenständig. Historische Lochfassaden werden modern interpretiert und eine Durchfahrt vernetzt zum Innenhof. Zur Elisabethstraße hin ordnet ein solitär gesetzter Hochpunkt die umgebende Baumassenstruktur; seine bauplastische Eigenständigkeit stärkt die Adresse des Hotels.
Der Wohnungsbauriegel mit Gewerbe im Erdgeschoß entwickelt durch den Rückversatz zum Straßenraum großzügiges, innerstädtisches Grün und verknüpft den zum Entrée geöffneten Vorgarten des Hotels zu einer maßstäblichen, einladenden Raumfolge. Durch die Fassung des Baublocks entsteht ein qualitätsvoller, urbaner Innenhof. Trotz der Lage im Bahnhofsviertel bleibt dieser für die Vernetzung mit den urbanen Räumen offen, was als sozialräumlicher Beitrag anerkannt wird. Hofseitig vorgesetzte Holzbalkone aktivieren diese neue Grüne Mitte zusätzlich. Das Hotel erhält auf der Spur eines Nebengebäudes eine addierte Bauspange mit Gästeappartements.
Die Rolle der Bauherr*innenschaft bei der Einsteuerung der breit aufgestellten Nutzungsdurchmischung ist positiv hervorzuheben. Es entstehen Hotelangebote und Gastronomie in unterschiedlichen Typologien. Im Wohnungsmix wird auch eine Kopplung mit weißem Gewerbe angeboten. Die Freiraumangebote stärken den halböffentlichen Raum. Mit Holzhybridbauten, unversiegelten Flächen der hochwertigen Freianlagen und attraktiven Angeboten zum Fahrradparken kommuniziert das neue Quartier offensiv seinen Beitrag zum ökologischen Bauen in der Stadt.
Museum Bezau
Bauherr*in: Museumsverein Bezau
Architektur: Innauer Matt Architekten
Tragwerksplanung: merz kley partner
Fertigstellung: 2024
Begründung von Jurymitglied Günter Mohr:
Der Bregenzerwald hat sich über die Jahre einen Ruf als Ort qualitätvollen Gestaltens und handwerklicher Präzision erworben. Weniger bekannt ist jedoch, dass dahinter eine lange baukünstlerische Tradition steht. Der Wald, wie die Region genannt wird, war besonders in der Barockzeit ein bedeutendes Ausbildungszentrum. Hier erhielten Baumeister wie Michael und Peter Thumb oder Franz Beer von Bleichten ihre Prägung, bevor sie weit über Vorarlberg hinaus als Barockarchitekten reüssierten.
Im Bewusstsein dieser Geschichte entstand bereits vor rund hundert Jahren in Bezau ein Heimatmuseum – in einem typischen dreiteiligen Wälderhaus unter einem First, bestehend aus Hausstock, Tenne und Stall. Der Stall wurde längst abgebrochen, und auch das ursprüngliche Gebäude war über Jahrzehnte ein um den Stall reduzierter Rumpf.
2018 fiel der Entschluss, diese Tradition neu zu beleben. Man wandte sich an ein junges Architekturbüro aus dem Ort. Von Beginn an war klar, dass die begrenzten finanziellen Mittel nur durch gemeinsames Engagement zu bewältigen wären: Ehrenamtliche, Vereine und regionale Handwerksbetriebe trugen wesentlich zum Gelingen bei.
Der verbliebene Teil des Stadels wurde abgetragen und durch einen neuen, sieben Meter langen Baukörper ersetzt. Seine äußerliche Schlichtheit täuscht über die innere räumliche Komplexität hinweg. Öffnet man die einfache Holzschiebetüre, betritt man einen Kassen- und Veranstaltungsraum, von dem aus eine raffinierte Wegeführung den Neubau mit dem historischen Holzhaus verzahnt. Der Strickbau aus dem 16. Jahrhundert, mit niedrigen Räumen und verrußten Originalwänden, wird geschickt in einen Rundgang eingebunden, der schließlich in die weiß gekalkten, holzverkleideten Ausstellungsräume des Obergeschoßes führt.
Auch hier gab es Debatten: Ist das Kalken von Holzwänden nicht Verschwendung? Nach intensiven Diskussionen entschied man sich dennoch dafür, da die Flächen so nach wechselnden Ausstellungen leicht erneuert werden können.
Neben der Dauerausstellung im alten Haus bietet der Neubau nun Platz für Wechselausstellungen wie Frauenarbeit und Stickerei im Wald oder Foto Hiller. Bildgeschichte Bregenzerwald. Für deren inhaltliche Konzeption wurden zusätzlich Fachleute für Museums- und Ausstellungsgestaltung beigezogen – bei dieser Projektgröße und den engen Budgetvorgaben ein bemerkenswerter Schritt.
Loft-Flügel, Wien
Bauherr*in: Wiener Städtische Versicherung
Architektur: StudioVlayStreeruwitz
Freiraumplanung: Agence Ter Landschaftsarchitekten
Tragwerksplanung: Mischek
Fertigstellung: 2024
Begründung von Jurymitglied Kaye Geipel:
Der Loft-Flügel an der Ecke Bruno-Marek-Allee und Taborstraße zeigt sich von weitem als architektonischer Sonderfall unter den Geschoßwohnungsbauten am Wiener Nordbahnhof. Zwischen 2019 und 2024 realisiert, bildet der Bau mit seiner modularen Zweigliedrigkeit von vorgesetztem Laubengang zum Innenhof und geschlossenem Langbau zur Allee einen markanten Übergang. Als letztes Glied zwischen der neuen Stadtstruktur und dem Park der Freien Mitte kann er sich die typologische Besonderheit auch städtebaulich leisten.
Ziel des Projekts von Studio VlayStreeruwitz war es, dem weitgehend standardisierten Wohnungsmarkt ein Haus für alternative Grundriss- und Lebensmodelle entgegenzusetzen. Der Entwurf sollte Wohnen und Arbeiten stärker verknüpfen, auf sich wandelnde Lebensweisen reagieren und somit Wohnformen ermöglichen, die in der freifinanzierten Wohnbauproduktion kaum anzutreffen sind. Theoretisch knüpft das Projekt an die Überlegungen des Architekt*innenteams aus ihrem Buch Mischung possible an – eine programmatische Aufforderung, die Funktionsmischung in der Stadt neu zu denken.
Die Bauherrin, die Wiener Städtische Versicherung zusammen mit der EGW Wohnungsgesellschaft, bewies entsprechende Weitsicht. Um das Risiko einer mangelnden Nachfrage abzufedern, wurde bei Baubeginn ein Call gestartet, der ein großes Interesse am Konzept bestätigte – es gab rund 800 Vormerkungen für die 32 Lofteinheiten. Konstruktiv gelang die gewünschte Flexibilität durch ein klares statisches System: Tragende Außenwände und zentrale Stahlbetonschächte schaffen offene Grundrisse; Wohnungstrennwände und Innenwände sind in Leichtbau ausgeführt.
Die großzügigen Laubengänge dienen nicht nur der Erschließung, sondern auch als halböffentliche Begegnungsräume. Vor jeder der Wohnungen – mit Flächen zwischen 46 und 106 m2 – gibt es einen kleinen, individuell nutzbaren Vorbereich, der durch eine leichte räumliche Trennung markiert ist.
Die Mieterinnen wurden bei ihren Ausbauwünschen entsprechend beraten. Wählbare Standards vereinfachten die Umsetzung. So entstand ein Haus, in dem kein Grundriss dem anderen gleicht, das aber dennoch auf einem einfachen, robusten Konzept beruht. Der Erfolg des Projekts liegt nicht zuletzt in seiner schlichten, aber vorausschauenden Bauweise: Holz-Alu-Fenster, Stahlbetonfertigteile und eine Fassade aus Klinkerriemchen sorgen für lange Lebensdauer bei minimalem Wartungsaufwand. Der Name Loftflügel steht für ein Synonym der Architektinnen als Long-term Open Floor Type. Mit der Auszeichnung würdigt die Jury den gelungenen Versuch, im freifinanzierten Wohnungsbau besondere Wege zu gehen – architektonisch, sozial und prozessual. Der Loft-Flügel ist ein Pionierprojekt, das zeigt, dass sich Flexibilität, Nachhaltigkeit und Markttauglichkeit im heutigen Wohnungsbau nicht ausschließen, wenn Bauherrin und Architekt*innen entsprechend zusammenarbeiten.
























