Photovoltaik

Schneeschutz bei PV-Anlagen: Sichere Energiedächer im Winter

18.12.2025

Geneigte Dächer bieten eine perfekte Fläche für Photovoltaik, vor allem im Sommer. Im Winter stellen abrutschende Schneemassen jedoch vermehrt ein ernstzunehmendes Risiko dar. Fachgerechte Schneeschutzsysteme sind nicht nur baurechtlich gefordert, sie schützen Personen und Gebäude und schaffen Vertrauen bei Kund*innen.

Photovoltaik-Anlagen sind in Österreich zunehmend fester Bestandteil der Gebäudehülle geworden. Das ist gut so. Sie liefern erneuerbare Energie, tragen zum nachhaltigen Bauen bei und erhöhen den Gebäudewert. Und sie bringen in Zeiten schwächelnder Bauwirtschaft lohnende Zusatzeinnahmen für ausführende Betriebe. Wie allgemein bekannt, sind diese allerdings oft keine (Dach-)Fachbetriebe. Und so passiert es leider häufig, dass PV-Anlagen im Winter für Schneelawinen sorgen. „Speziell in schneereichen Regionen ist die Kombination aus glatten Moduloberflächen und geneigten Dachflächen eine leider oftmals unterschätzte Gefahr, die durch große abrutschende Schneemassen hervorgerufen wird“, weiß Hans Starl, Geschäftsführer der Kawumms Naturgefahrenmanagement GmbH zu berichten. Bevor er sich mit seinem Beratungsunternehmen selbstständig gemacht hat, hat der Bauingenieur viele Jahre lang am Institut für geprüfte Sicherheit (IGS) untersucht, wie Baustoffe auf Schneedruck, Hagel und Sturm reagieren. Deshalb warnt er: „Sind keine geeigneten Rückhaltemaßnahmen vorhanden, kann der abrutschende Schnee(matsch) nicht nur Sachschäden an darunterliegenden Bauteilen oder wirtschaftlichen Gütern verursachen, sondern in Bereichen von Verkehrswegen zu gefährlicheren Situationen im Alltag führen.“
Für Dachhandwerksbetriebe bzw. alle Professionisten, die PV-Anlagen montieren, bedeutet das: „Wer PV-Anlagen in Österreich installiert oder wartet, muss auch den Winter im Blick haben. Eine entsprechende Planung und die zugehörige fachmännische Ausführung von Schneeschutzsystemen sind daher keine sinnvolle Ergänzung, sondern eine baurechtliche Notwendigkeit!“, untermauert Hans Starl. Und er ergänzt: „Unabhängig davon sorgt eine fachgerechte Ausführung nicht nur für die in Österreich gewohnte Sicherheit von Dächern, sondern zeigt auch, dass Dachhandwerk und Energietechnik in der modernen Gebäudehülle Hand in Hand gehen.“

Bei Schneefall werden Dachfläche und Modulfläche gleichmäßig mit Schnee bedeckt. Der Schnee bleibt liegen und bildet ein kompaktes Gefüge. Mit den ersten Sonnenstrahlen rutscht der Schnee auf der glatten Oberfläche der Photovoltaikmodule frühzeitig ab. Maßgebend für die Funktionalität eines Schneefangsystems bei Aufdach-Photovoltaikanlagen ist daher die Höhen-differenz zwischen Moduloberfläche und der Oberkante des Schneefangs. Was bei diesem Ne-gativbeispiel nicht der Fall ist. © iStock / Getty Images Plus / Tatjana Meininger
Bei Schneefall werden Dachfläche und Modulfläche gleichmäßig mit Schnee bedeckt. Der Schnee bleibt liegen und bildet ein kompaktes Gefüge. Mit den ersten Sonnenstrahlen rutscht der Schnee auf der glatten Oberfläche der Photovoltaikmodule frühzeitig ab. Maßgebend für die Funktionalität eines Schneefangsystems bei Aufdach-Photovoltaikanlagen ist daher die Höhen-differenz zwischen Moduloberfläche und der Oberkante des Schneefangs. Was bei diesem Negativbeispiel nicht der Fall ist. © iStock / Getty Images Plus / Tatjana Meininger

Bewusstsein für Schneeschutz schärfen

„Bei der Planung und Installation von Photovoltaikanlagen spielt der Schneeschutz eine entscheidende Rolle, unabhängig davon, ob es sich um einen Neubau, eine Dachsanierung oder die Nachrüstung auf einem Bestandsdach handelt. Das Bewusstsein für den Schneeschutz ist von zentraler Bedeutung und muss geschärft werden, weil abrutschender Schnee beträchtliche Kräfte entwickelt und sowohl Personenschäden als auch Sachschäden verursachen kann“, weiß auch Ernst Gregorites, Leiter der Produkttechnik der Prefa Group.
Die Herausforderung besteht oft darin, die gewünschte Größe der Photovoltaikanlage mit einem funktionierenden Schneeschutzsystem in Einklang zu bringen. „Im Zweifelsfall sollte aber immer der Schneeschutz Priorität haben, um potenzielle Risiken zu minimieren“, sagt der gelernte Spengler Gregorites.
Auch Nikolaus Schoderböck aus dem Bereich Anwendungstechnik und Kundendienst Steildach bei BMI Austria weiß um das zunehmende Risiko von abrutschenden Schneemassen von PV-Anlagen: „Die Thematik des Schneeschutzes im Zusammenhang mit der Installation von Photovoltaikanlagen auf Steildächern gewinnt zunehmend an Brisanz. Unsere Anwendungstechnik wird wiederholt von Dachdeckerbetrieben kontaktiert, die Unterstützung bei der nachträglichen Installation von Schneeschutzsystemen auf Dächern mit bereits montierten PV-Anlagen benötigen“, berichtet er. Denn: „Dachflächen werden zur Maximierung der Energieausbeute häufig vollständig mit Photovoltaikmodulen belegt, wobei die Installation bis zur Traufenreihe reicht oder diese sogar überdeckt. Unter diesen Umständen ist eine fachgerechte und funktionsfähige Montage eines Schneeschutzsystems ohne aufwendige Umbauten und Änderungen der PV-Anlage nicht möglich. Zudem werden bereits vorhandene Schneefanghaken oder -stopper durch die Überdeckung mit Photovoltaikmodulen wirkungslos.“

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Rechtliche Grundlagen

Um seine Partner*innen aus dem Spengler- und Dachdeckerhandwerk bei der Planung und Montage von geeigneten Schneeschutzsystemen zu unterstützen, hat Prefa vor zwei Jahren ein achtseitiges technisches Infoblatt „Schneeschutz bei Aufdach-PV für Prefa Kleinformat“ erarbeitet. Darin wird auch über die rechtlichen Grundlagen informiert. Grundsätzlich haftet der/die Gebäudeeigentümer*in für Schäden durch herabfallende Dachlawinen. Diese Haftung kann weder durch ein Aufstellen von allgemeinen Hinweistafeln noch durch die fachgerechte Montage von Schneeschutzsystemen verhindert werden. Vielmehr verpflichtet die Straßenverkehrsordnung den/die Liegenschaftseigentümer*in dafür Sorge zu tragen, dass Schneewechten und Eisbildungen von an Straßen grenzenden Dächern entfernt werden.
Doch natürlich ist auch der/die Verleger*in in der Pflicht: „Der Verleger haftet gegenüber seinen Kunden (Gebäudeeigentümern) für Schäden, welche durch nicht ausreichende Dimensionierung bzw. nicht fachgerechte Verlegung entstehen“, liest man im sorgfältig recherchierten Prefa-Infoblatt.
Und wie schon erwähnt, mangelt es oft an dieser „fachgerechten Dimensionierung bzw. Verlegung“. Ernst Gregorites von Prefa weiß aus der Praxis: „Bei der Nachrüstung von Photovoltaikmodulen auf bestehenden Dächern werden oft die vorhandenen Schneestopper mit den neuen Modulen überdeckt. Natürlich können unter Photovoltaikanlagen verlegte Schneestopper die anfallende Schneelast der oberhalb liegenden Fläche nicht aufnehmen. Dadurch kann es auch zu Beschädigungen an den Schneestoppern oder der Dacheindeckung kommen.“ Daher gilt: Sobald eine bauliche Maßnahme am Dach, wie eben die Montage einer Photovoltaikanlage, in ein funktionierendes Schneeschutzsystem eingreift, ist dieses darauf anzupassen und auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen. „Ein funktionierender Schneeschutz auf Dächern mit Photovoltaikanlagen kann zum Beispiel mit einem Schneefangsystem realisiert werden“, erläutert Ernst Gregorites.

Schneelastabfrage über HORA

Zuerst muss das Schneeschutzsystem aber geplant und auf die zu erwartende Schneelast angepasst werden. Die Bemessung der Schneelast für die Gebäudehülle erfordert eine genaue Kenntnis der örtlichen zu erwartenden Schneelasten. Diese Daten kann man über die Plattform HORA (Natural Hazard Overview & Risk Assessment Austria – hora.gv.at) frei zugänglich beziehen. „Um der hohen Detailschärfe mit einer Rasterauflösung von 50 x 50 m der Karte gerecht zu werden und sie für Anwender ,lesbar‘ zu machen, wurde in Abstimmung mit Austrian Standards International und der Geosphrere eine Online-Version der Karten entwickelt, aufbereitet und bereitgestellt“, erläutert Hans Starl.
Um eine Bemessung von Tragwerken gemäß ÖNorm B 1991-1-3:2022-05, Anhang B, zu ermöglichen, stellt die Abfrage die Werte die charakteristische Schneelast (sk) mit der 25-, 50- und 100-jährlichen Wiederkehrzeit in kN/m² je Jährlichkeit am Boden dar. Ergänzt werden diese Daten mit den zugehörigen Koordinaten und der Seehöhe am Standort. „Für Standorte oberhalb von 2.000 Meter Seehöhe sind gemäß Norm keine standardisierten Werte vorgesehen. In solchen Fällen können Details bei den in Abschnitt 5.1 der ÖNorm genannten meteorologischen Instituten eingeholt werden“, so Starl.

Basierend auf der aktuellen ÖNorm B 1991-1-3:2022-05 kann die charakteristische Schneelast (sk) für die Dimensionierung und Planung von Schneeschutzmaßnahmen für jeden Standort in Österreich unter 2.000 m Seehöhe kostenlos über die Plattform HORA (hora.gv.at) abgefragt werden. © hora.gv.at
Basierend auf der aktuellen ÖNorm B 1991-1-3:2022-05 kann die charakteristische Schneelast (sk) für die Dimensionierung und Planung von Schneeschutzmaßnahmen für jeden Standort in Österreich unter 2.000 m Seehöhe kostenlos über die Plattform HORA (hora.gv.at) abgefragt werden. © hora.gv.at

Normative Grundlagen

Die spezifischen Normen, die Montage bzw. Schneeschutz bei Photovoltaikanlagen regeln, befinden sich gerade in Überarbeitung. Dazu zählen die ÖNorm M 7778 „Montageplanung und Montage von Photovoltaikmodulen und thermischen Kollektoren“ und die ÖNorm B 3418 „Planung, Ausführung und Prüfung von Schneeschutzsystemen auf Dächern“. Sie werden im Jahr 2026 in aktueller Form erscheinen. Mehr dazu lesen Sie im untenstehenden Infokasten.
Prinzipiell basiert die Planung von Schneefangsystemen auf der Berechnung des maximal möglichen Abstands zwischen den Schneefangreihen. In Abhängigkeit von Schneelast, Sparrenabstand und Dachneigung können eine oder mehrere Reihen nötig sein.

Besonderheiten bei Aufdach-Photovoltaikanlagen

Im technischen Infoblatt für Schneeschutz bei Aufdach-PV von Prefa wird sehr gut beschrieben und mit Grafiken unterlegt, wie es zum Abrutschen von großen Schneemengen kommt: „Bei Schneefall werden die freie Dachfläche und die Modulfläche gleichmäßig mit Schnee bedeckt. Der Schnee bleibt liegen und bildet ein kompaktes Gefüge auf der Dach- und Modulfläche. Sobald die ersten Sonnenstrahlen auf das Schneegefüge wirken, begünstigt die glatte Oberfläche der Photovoltaikmodule das frühzeitige Abrutschen des Schnees, insbesondere bei wechselnden Wetterbedingungen. Ein Schneebrett, das von den Modulen abrutscht, kann von dem bereits bedeckten Schneefangsystem nicht zurückgehalten werden und rutscht über das Schneefangsystem hinweg.“
Maßgebend für die Funktionalität des Schneefangsystems bei Aufdach-Photovoltaikanlagen ist daher die Höhendifferenz zwischen Moduloberfläche und der Oberkante des Schneefangs. Prefa empfiehlt bei Aufdach-Photovoltaikanlagen die Verwendung des hauseigenen „Schneerechensystems XL“. Das Schneerechensystem sollte die Modulfläche um mindestens 60 mm überragen.
Ernst Gregorites weist auf zwei weitere Besonderheiten hin, die zu beachten sind: „Unter PV-Aufdachanlagen, die parallel zum Dach montiert werden, kommt es vermehrt zu Eisrückstau. Auch eine erhöhte Verschmutzung ist feststellbar, da der Regen nicht mehr direkt auf die Dachfläche auftrifft und diese reinigt.“

Schneeschutz bei Indach-Photovoltaikanlagen

Anders sieht es bei Indach-PV-Anlagen aus. „Bei unserer dachintegrierte PV-Lösung, Sunskin Roof, liegen die PV-Module in derselben Ebene wie die Dacheindeckung, die Höhe des Schneeschutzes muss daher nicht zusätzlich erhöht werden und es kann mit Standardhöhen gearbeitet werden“, erklärt Johannes Gebhart, Leitung Technischer Service bei Swisspearl Österreich. „Dies bietet auch wesentliche Vorteile in Sachen Statik, Abstände zu den Dachrändern und Rückhalt des Schnees. Unser umfangreiches Zubehör ist hier auch entsprechend abgestimmt“, so Gebhart. Sollte aufgrund der Sparrenlänge bzw. der Schneelast eine Reihe Schneefang traufenseitig nicht ausreichen, kann die PV-Anlage mittels Ergänzungsplatte und dem dazugehörigen Schneeschutz getrennt und somit die auftretende Schneelast entsprechend abgefangen werden, ohne dabei die PV-Fläche unnötig reduzieren zu müssen. „Da der Schneeschutz ausschließlich auf unseren Ergänzungsplatten gesetzt wird, kommt es dadurch zu keiner Verschattung auf den Modulen, was sich ja negativ auf die Leistung auswirken würde.“ In den technischen Unterlagen von Swisspearl sind die Angaben standardmäßig bezüglich Unterkonstruktion und Schneeschutz bis 6 kN/m² charakteristischer Schneelast angegeben. „Da unser System auch bei noch höheren Schneelasten eingesetzt werden kann, wird bei solchen Projekten gemeinsam mit dem Planer und Verarbeiter und unserem Technischen Service individuell eine entsprechende Lösung erarbeitet“, erläutert Johannes Gebhart von Swisspearl.
Dieses Service bieten alle großen Hersteller an. Nikolaus Schoderböck von BMI wartet sehnlich auf die überarbeiteten Normen: „Nach deren Veröffentlichung wird BMI Austria seine Partnerbetriebe mit gezielten Informationen, Schulungen und Servicetools unterstützen.“

So sehen durchdachte, geplante, richtig dimensionierte und fachmännisch montierte und damit funktionierende Schneeschutzsysteme aus. Hier von Prefa ... © Prefa
So sehen durchdachte, geplante, richtig dimensionierte und fachmännisch montierte und damit funktionierende Schneeschutzsysteme aus. Hier von Prefa … © Prefa
... von Swisspearl (© Swisspearl)
… von Swisspearl (© Swisspearl)
... und von BMI Austria. © BMI
… und von BMI Austria. © BMI

Sichere Energiedächer schaffen

Das Resümee: Photovoltaik ist ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Dachlandschaften geworden. Durch professionelle Planung, spezialisierte Systeme der Hersteller und fachmännische Montage können Steildächer auch im Winter als sichere Energiedächer genutzt werden. Natürlich kann es bei außergewöhnlichen und ungünstigen Wetterbedingungen wie extremem Schneefall oder Frost-Tauwechsel trotz korrekt geplanten und ausgeführten Schneeschutzsystemen zu Schneeabrutschungen kommen. Hier gibt es nur eine Lösung: In solchen Extremsituationen müssen die Schneemassen vom Dach entfernt werden, bevor es riskant wird.


Schneeschutz bei Photovoltaik-Anlagen – relevante Normen

ÖNorm M 7778 „Montageplanung und Montage von Photovoltaikmodulen und thermischen Kollektoren“: Diese Norm befindet sich aktuell in Bearbeitung und ist kurz vor Fertigstellung. Neuerungen: Der Bereich Planung wurde erweitert und einige Abstandsangaben mit aufgenommen. Auch die Fassade wird in die Norm aufgenommen.

ÖNorm B 3418 „Planung, Ausführung und Prüfung von Schneeschutzsystemen auf Dächern“: Auch diese Norm befindet sich aktuell in Bearbeitung und ist kurz vor Fertigstellung. Die wesentlichen Änderungen betreffen den Prüfungsteil von Schneehaltern und Schneefängen sowie die Integration von Schneeschutz bei Dächern mit PV-Anlagen.

ÖNorm B 3521 „Planung und Ausführung von Dacheindeckungen und Wandverkleidungen aus Metall – Bauspenglerarbeiten“: Diese Norm wurde soeben aktualisiert und verfeinert. Dabei wurden etwa die Anforderungen an Saumstreifen und Patentsaumstreifen neu erstellt. Der Entwurf dieser Norm wird demnächst zur Stellungnahme aufliegen und kann dann auf der Website des ASI kommentiert werden.

ÖNorm B 4119 „Planung und Ausführung von Unterdächern und Unterspannungen“: Auch in dieser Norm hat sich einiges getan. Beispielsweise wurden der Anwendungsbereich präzisiert und die Anordnung von Unterdächern nachgeschärft sowie der Bereich der Belüftungssituation neu geregelt. Der Entwurf dieser Norm wird ebenfalls demnächst zur Stellungnahme aufliegen und kann dann auf der Website des ASI kommentiert werden.

ÖNorm B 3417 „Planung und Ausführung von Sicherheitsausstattungen auf Dächern“: Diese Norm wird demnächst überarbeitet, es wurde gerade eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich damit befassen wird.

Zusammengestellt von Ernst Gregorites, Experte im Austrian Standards Institute