Planungsleistungen

Honorare von Planern und Sachverständigen

Sachverständigen-Praxis
19.03.2024

Angemessene Honorare sind eine wesentliche Voraussetzung für qualitativ hochwertige Planungsleistungen. Nachfolgend ein Überblick über deren Kalkulation, LM.VM und SV-Honorare.

Die Honorierung von Planungsleistungen ist für Baumeister, die im Planungs- und Dienstleistungsbereich tätig sind, ein elementarer Bestandteil ihrer Erwerbstätigkeit. Neben der bautechnischen Kompetenz bedarf es auch einer entsprechenden kaufmännischen Fähigkeit, diese Leistungen zu vermarkten und für sie ein entsprechendes Honorar zu lukrieren. Früher wurden dafür Honorarordnungen herangezogen, heute sind es Kalkulations- und Vergütungsmodelle. Als in den Jahren 2006 und 2007 sämtliche Honorarordnungen im Baubereich – wie z.B. die Honorarordnung der Baumeister (HOB) – wegen Neuerungen im EU-Kartellrecht zurückgezogen werden mussten, standen alle Planer vor einer neuen Situation.

Leitfaden Kostenabschätzung

Als Ersatz für die HOB hat der Fachausschuss für Planung in der Bundesinnung Bau die Erstellung der Publikation „Leitfaden zur Kostenabschätzung von Planungsleistungen“ beschlossen und deren Entwicklung begleitet. Der Leitfaden wurde von FH-Prof. DI Dr. Rainer Stempkowski ausgearbeitet und mit den Kartellbehörden abgestimmt. Bei der Entwicklung des Leitfadens war entscheidend, dass die Honorare unabhängig von den Herstellungskosten des zu planenden Projekts kalkuliert werden. Dafür sind einerseits kalkulierte Stundensätze mit realen Kosten der jeweiligen Bürostruktur heranzuziehen, andererseits Aufwandsbandbreiten, die auf ausgewerteten realen Projekten basieren. Weiters wird die Komplexität des Projekts und der Rahmenbedingungen in einem Projektklassenfaktor abgebildet. Das Produkt von Stundensätzen und erforderlichem Stundenaufwand ergibt das kalkulierte Planungs- bzw. Dienstleistungshonorar.
Der Leitfaden untergliedert sich in 7 Bände und deckt folgende Bereiche ab:

  • Band 1: Grundlagen
  • Band 2: Objektplanung
  • Band 3: Örtliche Bauaufsicht (ÖBA)
  • Band 4: Projektmanagement (Projekt­leitung, Projektentwicklung, Projektsteuerung)
  • Band 5: Tiefbauplanung
  • Band 6: Tragwerksplanung
  • Band 7: Integrale Planung

Mit dem Leitfaden wird den Anwendern ein rechtskonformes, modernes und praktikables Werkzeug für die Kalkulation von Planungs- und Dienstleistungen sowie für die Erstellung von Dienstleistungsverträgen zur Verfügung gestellt.

LM.VM 2023

Ein weiteres wichtiges Standardwerk für die Honorierung von Planungsleistungen stellen die „Leistungsmodelle – Vergütungsmodelle“ (LM.VM) von Univ.-Prof. DI Hans Lechner dar. Diese wurden erstmalig 2014 publiziert und im Jahr 2023 aktualisiert neu aufgelegt. In LM.VM 2023 sind Leistungsbilder und Vergütungsmodelle für Planungsbereiche in 23 Bänden dargestellt. Neu gegenüber 2014 ist u.a., dass eigene Bände zu BIM-Anwendungsfällen und zum Brandschutz geschaffen wurden. Das Thema Nachhaltigkeit wurde im Band Bauphysik ergänzt. Die drei Bände zu Architektur wurden zu einem Band zusammengefasst. 

LM.VM 2023
LM.VM 2023: Ein Vorschlag für Leistungs­modelle und Vergütungsmodelle für Bau­planungen

Vereinfachtes ­Anwendungsmodell

Um eine Verbindung zwischen dem Leitfaden zur Kostenabschätzung und LM.VM herzustellen sowie zur einfachen Plausibilisierung von Honorarkalkulationen, wurde von Prof. Stempkowski ein vereinfachtes Berechnungsmodell erstellt und in zwei Fachbeiträgen der Zeitschrift „Netzwerk Bau“ veröffentlicht (Link siehe Kasten). Mit diesem Modell werden die Vorteile beider Systeme für Planer und Auftraggeber auf einfache Weise miteinander verbunden.

Baumeister als ­Sachverständiger

Zusätzlich zu klassischen Planungsleistungen ist in der Baupraxis bei speziellen bautechnischen Fragestellungen oder Streitfällen auch die Erstellung von Gutachten durch unabhängige Experten gefragt. Dies ist ein wichtiges Geschäftsfeld von Baumeistern, die in ihren jeweiligen Fachgebieten als Sachverständige tätig sind.
Grundsätzlich muss bei einer Sachverständigentätigkeit unterschieden werden, ob ein Privatgutachten erstellt oder ein Sachverständiger im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren bestellt wird. Nachstehend (a-c) wird kurz beschrieben, was diese Fälle grundsätzlich voneinander unterscheidet:

a) Privatgutachten
Für die Erstellung von Privatgutachten ist eine Gewerbeberechtigung erforderlich, sobald die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit – Selbständigkeit, Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht – vorhanden sind. Das Recht, Privatgutachten zu erstellen, kommt jedem Gewerbetreibenden auf seinem Fachgebiet zu. Dem Baumeister ist es aufgrund seiner Gewerbeberechtigung erlaubt, Privatgutachten auf allen Gebieten des Hoch- und Tiefbaus zu erbringen.
Wenn Sachverständigenleistungen z.B. im Rahmen von Privatgutachten erbracht werden, können die dafür angebotenen bzw. verrechneten Stundensätze analog zu den Bürostundensätzen für Planungsleistungen kalkuliert werden. Dies wird im Band 1 „Grundlagen“ des Leitfadens zur Kostenabschätzung beispielhaft beschrieben. Dabei werden die jährlichen Gehaltskosten durch die Jahresarbeitszeit in Stunden dividiert und anschließend mit Zuschlägen für Personal, Material, Risiko und Gewinn beaufschlagt. Entsprechende Berechnungsbeispiele für SV-Stundensätze befinden sich ebenfalls in Band 1. 

b) Verwaltungsverfahren
In Verwaltungsverfahren (z.B. Baubewilligungsverfahren) ist primär der Einsatz von Amtssachverständigen, also Beamte mit entsprechender Fachausbildung, vorgesehen. Wenn dies nicht möglich ist, können auch andere Sachverständige (z.B. Baumeister) herangezogen werden.

c) Gerichtsverfahren
Für Sachverständigentätigkeiten in Gerichtsverfahren werden vom Gericht zumeist allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bestellt. Für diese gilt das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG), in dem geregelt ist, welche Voraussetzungen eine Person erfüllen muss, um auf der Liste der allgemein beeideten Sachverständigen geführt zu werden. Wenn Baumeister als Gerichtssachverständige tätig sind, sind sie – je nach Spezialisierung – z.B. in den Fachgruppen 72 „Bauwesen“ (z.B. 72.01 Hochbau, Architektur) oder 73 „Baugewerbe, Innenarchitektur“ (z.B. 73.10 Maurerarbeiten) der Sachverständigenliste eingetragen. 

Gerichtsgebühren

Die Gebühren für Sachverständigenleistungen im Gerichtsverfahren sind im Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) geregelt. Der Geltungsbereich dieses Gesetzes umfasst sowohl die Tätigkeiten der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen als auch die Tätigkeiten anderer Sachverständiger, die vom Gericht bestellt werden. Wenn z.B. ein Baumeister in einem Gerichtsverfahren als Sachverständiger tätig wird, wird seine Gebühr primär nach richterlichem Ermessen, nach der aufgewendeten Zeit und Mühe (Begriff „Mühewaltung“) und nach vergleichbaren außergerichtlichen Einkünften bemessen (§ 34 Abs 1 GebAG). Wenn ein derartiger Nachweis nicht erbracht wird, sind gemäß § 34 Abs 3 GebAG folgende Gebührensätze pro Stunde vorgesehen (Beschreibungen verkürzt, Beträge exkl. USt.):
1.    einfache Tätigkeiten: 29 bis 87 Euro
2.    Tätigkeiten, für die man hohe fachliche Kenntnisse benötigt, welche durch den Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule oder eine gleichwertige Berufsvorbildung vermittelt werden: 72,50 bis 145 Euro
3.    Tätigkeiten, für die man besonders hohe fachliche Kenntnisse benötigt, welche
durch ein Universitätsstudium oder eine gleichwertige Vorbildung vermittelt werden: 116 bis 217,50 Euro.
Diese Gebührensätze gelten seit 1.1.2024 und wurden mit diesem Stichtag durch ­Verordnung der Justizministerin um 45 Prozent im Vergleich zu den früheren Sätzen erhöht.

Einordnung von Baumeistern

Der Gebührenanspruch des Sachverständigen ergibt sich somit primär aus dem Nachweis seines außergerichtlichen Einkommens bei vergleichbaren Tätigkeiten (z.B. bei Privatgutachten). Andernfalls kommen die genannten Rahmensätze gemäß folgender Systematik zur Anwendung: 
Gemäß Ziffer 3 ist für Tätigkeiten, für die man besonders hohe Kenntnisse benötigt, ein Universitätsstudium oder eine gleichwertige Vorbildung Voraussetzung. Wird z.B. ein Baumeister als Gerichtssachverständiger bestellt, so ist er jedenfalls für Tätigkeiten gemäß Ziffer 3 geeignet, wenn er ein einschlägiges Universitätsstudium (z.B. Bauingenieurwesen oder Architektur) absolviert hat. Aufgrund der umfangreichen Anforderungen für die Absolvierung der Baumeisterbefähigungsprüfung wird auch die Absolvierung der HTL-Matura gemeinsam mit dem erfolgreichen Ablegen der Baumeisterbefähigungsprüfung als gleichwertige Vorbildung im Sinne der Ziffer 3 anzusehen sein. Dafür spricht auch, dass sich das Baumeistergewerbe – auch beim Baumeister mit HTL-Matura – hinsichtlich des Gewerbeumfangs im Bereich der Planung mit dem Umfang der Ziviltechnikerbefugnis deckt (mit dem einzigen Unterschied, dass der Baumeister zusätzlich auch ausführen darf).

Weitere Informationen

◼ Leitfaden Bände 1–7, Berechnungsbeispiele, Kalkulationstabellen, vereinfachtes Anwendungsmodell: hier
◼ Bezug LM.VM 2023: hier
◼ Vereinfachtes Anwendungsmodell, in „Netzwerk Bau“: hier > Einzel­artikel 10 und 11

Die Bände 1–7 des Leitfadens zur Kostenabschätzung von Planungs- und Projektmanagementleistungen
Die Bände 1–7 des Leitfadens zur Kostenabschätzung von Planungs- und Projektmanagementleistungen

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