Formbar und stabiler: Holz als Superwerkstoff

Holz
19.11.2019

 
Schweizer Forscher haben ein Holzmaterial entwickelt, das sich beliebig verformen lässt und dreimal stärker ist als natürliches Holz.
Ein Fahrradhelm aus delignifiziertem Holz: Die Designerin Meri Zirkelbach hat sich in ihrer Masterarbeit mit konkreten Produktideen beschäftigt.
Ein Fahrradhelm aus delignifiziertem Holz: Die Designerin Meri Zirkelbach hat sich in ihrer Masterarbeit mit konkreten Produktideen beschäftigt.
Durch die Entfernung des Lignins verliert das Holz seine Farbe. Nach dem Verdichten ist es dreimal stärker als das Ursprungsmaterial.

Seit Jahren beschäftigt sich eine Forschungsgruppe rund um Ingo Burgert an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa und der ETH Zürich mit der Frage, wie sich die natürlichen Eigenschaften von Holz verbessern und mit neuen Funktionen ausstatten lassen, um dadurch das Anwendungsspektrum von Holz zu erweitern.

Mit ihren jüngsten Forschungsarbeiten zeigt die Gruppe „Wood Materials Science“ weitere neue Möglichkeiten auf – mit einem Holzmaterial, das sich beliebig verformen lässt und dreimal stärker als natürliches Holz ist.

Flexibel im nassen, stabil im trockenen Zustand

Das Prinzip dahinter ist eine „Delignifizierung“ und Verdichtung des Holzes. Chemisch besteht Holz im Wesentlichen aus drei Bestandteilen: Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Das Lignin sorgt dafür, dass die langen Zellulosefibrillen stabilisiert werden und nicht knicken. „Mit Hilfe von Säure lösen wir genau dieses Lignin aus dem Holz und entfernen damit den natürlichen Klebstoff“, erklärt Marion Frey, die in Burgerts Team zurzeit promoviert. Resultat: Das Holz – oder vielmehr die verbleibende, weiße Zellulose – lässt sich im nassen Zustand einfach in jede X-beliebige Form bringen. Zwischen den Zellen, wo einst Lignin für Stabilität gesorgt hat, verteilt sich dann Wasser, löst die Zellverbindungen auf und sorgt für Verformbarkeit. Trocknet man das delignifizierte Holz, verhaken sich die Zellen ineinander, und dies führt zu wiederum stabilen Verbindungen. Durch Pressen wird das Material zusätzlich verdichtet, so dass die Forschenden letztlich ein Material in ihren Händen hielten, das rund dreimal steifer und zugfester war als naturbelassenes Fichtenholz. Eine wasserabweisende Beschichtung kann außerdem dafür sorgen, dass das Holzinnere nicht mehr feucht werden kann, und damit die gewünschte Form behält.

Einfachere Funktionalisierung

Die Entfernung des Lignins aus dem Holz hat neben der Verformbarkeit einen weiteren Effekt: Es führt zu einer höheren Porosität. „Das ist ein großer Vorteil für die Funktionalisierung von Holz. Weil zwischen den Zellen und in den Zellwänden mehr Raum zur Verfügung steht, ist es einfacher, weitere Stoffe in die Holzstruktur einzubringen, die dem modifizierten Holz neue Eigenschaften verleihen“, sagt Tobias Keplinger. Zur Magnetisierung von Holz wird beispielsweise Eisenoxid eingebracht. In ihren Experimenten konnten bereits erste Produktideen umgesetzt. Entstanden sind etwa ein Fahrradhelm, die Innenverkleidung einer Autotür und der Seitenspiegel eines Fahrzeugs. (red/idw)

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Tischlerei