Kontrolle sichert Langlebigkeit
Nur regelmäßige Pflege und Instandhaltung oder auch eine Sanierung tragen langfristig zur Werterhaltung eines Gebäudes bei. Leider wird – bei Hausbesitzern und Dachhandwerkern – die früher regelmäßig durchgeführte Kontrolle heute sehr vernachlässigt. Ein Aufruf zum Umdenken und zur besseren Pflege von Steildächern.

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© Krolk -
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Autor: Jürgen Krolkiewicz
Das Dach bildet zum einen den obersten Abschluss eines Gebäudes, um es vor Wind und Wetter zu schützen. Zum anderen sind beim nichtausgebauten Steildach Ausbaureserven vorhanden, die bei entsprechend wohnlichem Ausbau zur Nutzung den Wert einer Immobilie steigern helfen. Gleichzeitig kann durch nachträgliche Anordnung von z. B. Solarelementen das Steildach die sinnvolle Nutzung erneuerbarer Energien ermöglichen und damit zum Energiesparen beitragen.
Grundsätzlich aber gilt – wie für jedes Bauteil eines Gebäudes –, dass nur regelmäßige Pflege und Instandhaltung bzw. objektbezogen auch eine eventuelle Sanierung zur Werterhaltung langfristig beitragen können wird. Bedauerlicherweise werden heute von vielen Hausbesitzern und Immobilienverwaltern Dachflächen nachrangig behandelt, im Unterschied zu beispielsweise energetischen Verbesserungen anderer Bauteile. Doch gerade alte Steildächer zeigen, dass bei sachgemäßer Pflege und Instandhaltung ein langlebiger Schutz der Gebäude gegen Witterungseinflüsse vorhanden ist. Leider ist – bei Hausbesitzern und Dachhandwerkern – die früher immer durchgeführte Kontrolle durch eine Begehung offensichtlich in Vergessenheit geraten. Vielleicht mit ein Produkt unserer modernen Wegwerfgesellschaft.
Natürlich haben manche Hersteller mit dazu beigetragen, die jährlich notwendige Inspektion der Dachfläche zu vernachlässigen, indem in ihren Werbeaussagen die Pflegeleichtigkeit und jahrzehntelange Produktgarantien herausgestellt und dadurch eine lange Lebensdauer ohne Kontrolle suggeriert wird. Deshalb sollte jeder verantwortungsbewusste Dachhandwerker seinen Kunden, den Hausbesitzer, immer auf die notwendige Inspektion und Wartung von Dachflächen hinweisen. Denn jeder Eigentümer hat eine Verkehrssicherheitsverpflichtung gegenüber Passanten und eine Obliegenheitsverpflichtung gegenüber seinem Sachversicherer.
Regelmäßige Überprüfung
Das Dachdeckerhandwerk fordert, dass Dachdeckungen, Abdichtungen und Außenwandbekleidungen in gewissen Zeitabständen überprüft werden sollen. Empfohlen wird dafür der Abschluss eines Inspektions- und Wartungsvertrags mit dem Hauseigentümer, um die regelmäßige Überprüfung und Wartung – im Einzelfall auch notwendige Sanierung – vom Bauteil Dach sicherzustellen. Denn rechtzeitig eingeleitete Maßnahmen verlängern die Lebensdauer von Bauteilen und bewahren jeden Immobilienbesitzer vor Schäden. Je früher Veränderungen, Behinderungen oder Beschädigungen festgestellt werden, umso geringer ist der finanzielle Aufwand zur Beseitigung der Folgeschäden. Insbesondere bei größerem Immobilienbestand herrscht die Meinung vor, mit bisherigen Methoden und Arbeitsweisen den Wohnungsbestand ausreichend instand halten zu können. Im Einzelfall mag das zutreffen. Doch besonders bei umfangreichem Gebäudebestand (Siedlungen, Großwohnanlagen) besteht leicht die Gefahr, den Überblick über Maßnahmen und Kosten zu verlieren. Besonders dann, wenn man bisher die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen immer nur schadensabhängig bzw. zustandsabhängig durchgeführt hat. Besonders Hausverwaltungen neigen dazu, da ihrer Meinung nach ein Wartungsvertrag nur Kosten bringt und in ihrem Honorar der Aufwand dafür nicht enthalten ist. So wartet man dann lieber, bis das Dach undicht, die Regenrinne verstopft oder das Dachflächenfenster beschädigt ist, um dann einfacher argumentierbar einen Reparaturauftrag ausstellen zu können, nach dem Motto „Gefahr in Verzug“.
Für den Immobilienbereich gibt es Normen und Regelwerke, die auf die Instandhaltung von Gebäuden zielen. Da ist zunächst die Europäische Norm DIN EN 13306 „Begriffe der Instandhaltung“, die für Deutschland überarbeitete Norm DIN 31051 „Grundlagen der Instandhaltung“ und die „Regeln für Abdichtungen“ des Dachdeckerhandwerks.
Säulen der Gebäudeinstandhaltung
- Mit Instandhaltung bezeichnet man im Allgemeinen, dass der ursprüngliche Zustand eines Gebäudes oder Bauteils (z. B. Dach, Fassade) aufrechterhalten werden soll. Die Instandhaltung beinhaltet nach Definition der Normen, Regeln, Rechtsprechung und dem allgemeinen Verständnis die folgenden Einzelmaßnahmen: Wartung, Inspektion, Instandsetzung und – falls notwendig – Sanierung, Verbesserung, Modernisierung.
- Sinn der Wartung ist es, die Abnutzung von Geräten, Bauteilen und technischen Einrichtungen möglichst gering zu halten. Beim Dach zählen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit beispielsweise Entwässerungseinrichtungen, Ab- und Zuluftbauteile, Abdeckungen, Einfassungen, Trittstufen, Ausstiegsöffnungen, Blitzschutz, ü. Ä. Nicht vergessen werden darf dabei, dass Schmutzablagerungen, die eine Funktionsfähigkeit beeinträchtigen, sofort entfernt werden müssen (z. B. Regenrinnen).
- Eine Inspektion wird immer direkt am Gebäude bzw. an den zu prüfenden Bauteilen (Dach, Fassade) durchgeführt. Dabei wird der augenblickliche Istzustand des Objekts sach- und fachlich genau beurteilt. Es soll die Ursache der Abnutzung bzw. Veränderung festgestellt und daraus die notwendigen Empfehlungen abgegeben werden. Die Inspektion bezieht sich auf die Beschaffenheit der freiliegenden Werkstoffe (z. B. Dacheindeckung) und auf die sichtbaren Veränderungen durch äußere Einwirkung. Das Ergebnis einer Inspektion sollte immer schriftlich und fallweise auch fotografisch dokumentiert werden.
- Unter den Begriff „Instandsetzung“ fallen alle durchzuführenden Maßnahmen, mit denen sich entweder der ursprüngliche Zustand oder die generelle Funktionsfähigkeit eines Gebäudes, Bauteils oder Geräts erhalten oder wiederherstellen lässt. Verbesserungen am Gebäude selbst oder an einzelnen Gebäudeteilen (Modernisierung) fallen nicht darunter.
- Die Sanierung, Verbesserung oder Modernisierung erfolgt immer dann, wenn beispielsweise Maßnahmen zur Anpassung an energetische Verbesserungen nach neuen Normen, Vorschriften oder Gesetzen durchgeführt werden müssen. Das ist beispielsweise bei der nachträglich Veränderung einer Wärmedämmung der Dachfläche durch Gesetzesvorschriften der Fall. Bei Instandsetzungsmaßnahmen, die über die reine Reparatur hinausgehen und eine Anpassung an einen technisch oder wirtschaftlich besseren Standard vorsehen, spricht man auch von einer „modernisierenden Instandsetzung“.
Eine Verbesserung des Gebäudes liegt auch dann vor, wenn bei einem Altbau eine Modernisierung oder Generalsanierung durchgeführt wird. Das ist bei der Sanierung der Fall, wenn beispielsweise von einem Gebäude nur noch die statisch notwendigen und optisch sinnvollen Gebäudeteile bestehen bleiben. Beim Dach wird außer dem statisch tragenden Dachstuhl alles abgetragen und anschließend mit neuen Baustoffen verbessert aufgebaut. In solchem Fall wird auch von einer „Entkernung“ gesprochen, wobei das hier als Beispiel angeführte Steildach danach meist einen höheren Nutz- und Immobilienwert besitzt.
Ausführliche Informationen und ein Programm zur Kalkulation von Instandhaltungsmaßnahmen finden Sie in dem Buch „Der Instandhaltungsplaner“, Haufe-Verlag Freiburg, ISBN 978-3-448-08794-9.
Bezogen auf das Steildach, gehören auch die Bergriffe „Aufstockung“ und „Aufsattellung“ dazu. Wird bei zu geringer Geschoßhöhe der Ausbau eines Steildaches verhindert, kann durch Anheben des gesamten Dachtragwerks mit der Aufstockung von Drempeln (Kniestöcken) im Außenmauerbereich und in kraftschlüssiger Verbindung des Dachtragwerks mit dem Gebäudeteil nutzbarer Wohnraum gewonnen werden. Im Gegensatz dazu bezeichnet man die Gewinnung von zusätzlichem Nutzraum bei einem Gebäude mit Flachdach durch den Aufsatz eines kompletten neuen Steildachstuhls als Aufsattelung.
Checkliste für Dachinspektion
Es ist ratsam, sich eine Checkliste anzulegen, mit der man die Inspektion eines Daches systematisch durchgehen und abhaken kann. Eine solche Liste könnte wie oben ersichtlich aussehen: Bitte beachten Sie, dass diese Liste nur zur Anregung dient und dem zu inspizierenden Gebäude entsprechend ergänzt werden muss. Jedenfalls hilft eine Inspektionsliste nicht nur zur Vorlage beim Bauherrn, um notwendige Maßnahmen durchführen zu können, sondern auch als Beleg – falls ein Schadensfall eintritt –, mit dem nachgewiesen werden kann, dass entsprechende Maßnahmen empfohlen wurden. Zudem kann sie auch zur Vorlage bei der Sachversicherung dienen, um bessere Prämien zu bekommen.
Falls mit dem Hausbesitzer ein Wartungsvertrag geschlossen wurde – solche Musterverträge erhalten Sie bei Ihrer Innung –, sollte grundsätzlich eine Checkliste angelegt werden. Sollte eine grundlegende Dachsanierung anstehen, kann anhand der vorhandenen Checkliste schnell ermittelt werden, welche Baustoffe auf dem Dach verwendet wurden. Das ist insofern wichtig, wenn Baustoffe dabei sind, die z. B. als Sondermüll entsorgt werden müssen.
Literatur
„Regeln für Abdichtungen“, Deutsches Dachdeckerhandwerk, ISBN 978-3-481-02517-5, Verlag R. Müller, Köln
DIN EN 13306 „Begriffe der Instandhaltung“ (dreisprachige Ausgabe), Beuth-Verlag, Berlin
„Der Instandhaltungsplaner“, ISBN 978-3-448-08794-9, Haufe-Verlag, Freiburg