Retentionsdächer

Technische Umsetzung nachhaltiger Regenwasserbewirtschaftung

Begrünte Dachflächen sind prädestiniert, Wasser temporär aufzunehmen, zwischenzuspeichern und dem natürlichen Wasserkreislauf zurückzugeben. Die Ausführung eines Retentionsdaches erfordert höchste Sorgfalt in der Planung und Verarbeitung.

Starkregenereignisse, urbane Hitzeinseln und eine zunehmende Flächenversiegelung stellen Städteplaner und Bauverantwortliche vor neue Herausforderungen. Dächer bieten hier eine wertvolle Ressource zur Regenwasserrückhaltung und Verdunstung. Retentionsdächer übernehmen eine Schlüsselrolle im modernen Wassermanagement urbaner Räume.

Retentionsdach mit Drosselung

Ein Retentionsdach ist ein Flachdachaufbau, der über definierte Schichthöhen Regenwasser zwischenspeichern kann. Dieses Wasser wird gedrosselt über definierte Abläufe an das Kanalsystem abgegeben. Zwei wesentliche Zielgrößen bestimmen den Aufbau: die maximale Rückhaltehöhe und die Drosselabflussmenge (l/s). Die Planungsgröße wird dabei meist durch behördliche Einleitbeschränkungen festgelegt.

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Systemauswahl und Planungsgrundlagen

Besonders beim Retentionsdach mit Drosselung gilt: Gefällelose Konstruktionen (0-Grad) sind notwendig, da sie eine gleichmäßige Wasserverteilung und maximale Rückhaltung ermöglichen.

Ein Beispiel:
Ein flächiger Aufbau mit acht Zentimeter Stauhöhe auf 400 m² Fläche kann bis zu 32.000 Liter Regenwasser speichern. Bei gleichem Dach mit zwei Grad Gefälle reduziert sich das Rückhaltevolumen auf rund 6.400 Liter – also nur etwa 20 Prozent der ursprünglichen Kapazität. Darüber hinaus werden noch folgende Angaben als Grundlage für eine Retentionsberechnung gefordert:

  • Gewünschter Daueranstau
  • Geforderte Jährlichkeit
  • Gebäudestatistik und Traglastreserven
  • Entwässerungskonzept bei mehreren Dachflächen

Anhand der Daten wird ein Niederschlags-Abfluss-Modell simuliert. Von der Retentionsberechnung lässt sich der erforderliche Gründach-Aufbau inklusive der notwendigen Höhen der Regenwasser-Retentionselemente ableiten.

Anforderungen an den Schichtenaufbau in der Unterkonstruktion

Die Ausführung eines Retentionsdaches erfordert höchste Sorgfalt in der Planung und Verarbeitung. Die nachfolgend genannten technischen Anforderungen basieren auf einschlägigen Normen und technischen Merkblättern:

  1. Tragkonstruktion: Empfohlen wird Massivbau – idealerweise Stahlbeton. Holzdecken sind mit besonderer statischer und bauphysikalischer Betrachtung zu planen.
  2. Dampfsperre / diffusionshemmende Schicht: Diese muss vollflächig verklebt und mit hoher Dampfdichtheit ausgeführt werden. Eine 5-mm-Bahn mit Alueinlage entspricht den höchsten Anforderungen der Technik.
  3. Dämmstoffe: Erlaubt sind druckfeste Dämmstoffe wie PUR/PIR (≥ 150 kPa), Schaumglas oder EPS W 30. Mineralwolle ist für Retentionsdächer nicht geeignet.
  4. Abdichtung: Sowohl Bitumen- als auch Kunststoffbahnen sind zulässig. Die Bitumenabdichtung muss gemäß ÖNorm B 3691 dreilagig, mit oberen zwei Lagen wurzelfest, ausgeführt sein. Kunststoffbahnen müssen ≥ 2 mm dick sein (z. B. FPO-Bahnen). PVC ist nicht zulässig. Besonders wichtig ist die vollflächige Verklebung auf dem Untergrund bei nicht gedämmten Aufbauten.
  5. Schutzlagen: Faserschutzmatten mit mindestens 500 g/m² werden empfohlen.
  6. An- und Abschlüsse: Gemäß ÖNorm B 3691 sind Hochzugshöhen mit erhöhten Anforderungen zu planen und auszuführen. Notüberläufe sind im Hinblick auf Türanschlüsse mit Entwässerungsrinnen mit einem Freibord von +2,5 cm über r5/100 zu planen.

Entwässerung und Notentwässerung

Die Dimensionierung der Dachentwässerung ist zentraler Bestandteil der Planung. Es dürfen ausschließlich Systeme mit werkmäßig aufkaschiertem Einbindeflansch verwendet werden. Unterdruckentwässerungen sind nicht zulässig. Notüberläufe müssen in Rechteckform mit einer Mindesthöhe von 10 cm und gemäß ÖNorm B 2501:2025 dimensioniert werden.

Qualitätssicherung und Ausführung

Ein technisch korrekt geplantes Retentionsdach muss auch fachgerecht ausgeführt werden – dies beginnt bei der Auswahl der entsprechenden Materialien und zertifizierter Verarbeiter*innen. Am Ende muss eine protokollierte, objektbezogene Dichtheitsprüfung durchgeführt werden. Monitoring-Systeme können zusätzliche Sicherheit bieten.

Fazit

Retentionsdächer sind weit mehr als technische Nischenlösungen – sie sind zukunftsfähige Bausteine für klimaresiliente Städte. Durch die Kombination aus hoher Rückhaltekapazität, normkonformer Ausführung und intelligenter Entwässerung bieten sie eine nachhaltige Lösung im Umgang mit Regenwasser. Die Technik dafür ist da – jetzt braucht es Mut zur Umsetzung.
(bt)

Systemlösungen für die Retention: Systeme mit niedrigem Spitzenabflussbeiwert (links) und Systeme mit Drosselung am Dachablauf (rechts). © Bauder
Systemlösungen für die Retention: Systeme mit niedrigem Spitzenabflussbeiwert (links) und Systeme mit Drosselung am Dachablauf (rechts). © Bauder

Autor Ing. Peter Balogh ist Leiter der Anwendungstechnik bei der Bauder, Mitglied des ÖNorm-Komitees 214 Abdichtungsbahnen sowie weiterer normungsrelevanter Arbeitsgruppen.