KliNa Tag 2025

Alarmierend, aber lösbar: Klimaziele nur mit Bauwende erreichbar

Die Lage ist alarmierend, doch nicht hoffnungslos: Beim KliNa Tag 2025 wurde klar, dass Österreichs Klimaziele nur mit einer konsequenten Bauwende erreichbar sind. Fachleute aus Wissenschaft, Architektur und Bauwesen zeigten in Wien, mit welchen Mitteln der Wandel gelingen kann – und warum jetzt der entscheidende Wendepunkt gekommen ist.

Wie kann die Bauwirtschaft ihren Beitrag leisten, um die auf nationaler und EU-Ebene vorgegebenen Klimaziele zu erreichen? Diese Frage stand im Zentrum des vierten KliNa Tages am dritten September. Unter dem Motto „Just Do It Green“ diskutierten rund 150 Expert*innen die Strategien, Chancen und Hindernisse für eine klimaneutrale Zukunft.


Faktenlage: Österreichs Klimaziele im internationalen Vergleich

Keynote-Sprecherin Sigrid Stagl auf der Bühne.
Keynote-Sprecherin Sigrid Stagl, Universitätsprofessorin an der WU Wien, betonte beim KliNa Tag 2025 die zentrale Rolle der Bauwirtschaft für das Erreichen der Klimaziele. ©FCP

In ihrer Keynote zeigte Sigrid Stagl, Universitätsprofessorin an der WU Wien, anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse die Zusammenhänge zwischen ökonomischen und ökologischen Chancen auf und wies auf mögliche Risiken hin. Um das Klimaziel bis 2040 zu erreichen, müssten laut Stagl Österreichs Emissionen jährlich um acht Prozent sinken. Dies sei machbar, allerdings wären dafür Investitionen von 6,4 bis 11,2 Milliarden Euro pro Jahr nötig, was 1,3 bis 2,4 Prozent des BIP entspricht.

Advertorial

„Damit Österreich bis 2040 klimaneutral wird, müssen die Emissionen jährlich um acht Prozent sinken.”Sigrid Stagl

Denn eines ist klar: Bereits jetzt wurden schon 6 der 9 planetaren Grenzen überschritten und das mit gravierenden Folgen für alle Lebensbereiche. Und wer denkt, Klimaschutz und Nachhaltigkeit ist zu teuer, der irrt. Langfristig gesehen, rechnen sich Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Woran scheitert’s?

Doch woher sollen die Gelder für diese Investitionen kommen? Auch hierfür hat die Wissenschaftlerin des Jahres 2024 eine Lösung parat: Stagl wies auf Einsparpotenziale durch die Abschaffung klimakontraproduktiver Förderungen in Höhe von rund fünf Milliarden Euro hin. Zusätzliche Einnahmequellen könnten durch eine Finanztransaktions- beziehungsweise Börsenumsatzsteuer in Höhe von rund eins bis 4,5 Milliarden Euro, eine Vermögenssteuer in Höhe von vier Milliarden Euro oder eine Erbschaftssteuer in Höhe von einer Milliarde Euro generiert werden.

„Klimaschutz gelingt nur, wenn wir nicht nur Neues grüner machen, sondern auch aufhören, das Falsche zu tun.“ Sigrid Stagl

Woran scheitert es in Österreich? Stagl nannte Dänemark als Vorbild, wo ein Whole-of-Government-Ansatz Klimaschutz in allen Ressorts verankert. Österreich sei lange ein Nachzügler gewesen, habe mit dem Ziel 2040 jedoch ein adäquates Ambitionsniveauerreicht, auf das es nun hinzuarbeiten gilt.


Innovationen im Bauwesen: vom Recycling bis zur Digitalisierung

Eindrucksvolle Praxisbeispiele zeigen, wie Klimaschutz im Bauwesen und in der Industrie konkret aussehen kann:

Ressourcenrückführung

Johannes Czeczil von Balsa berichtete von der Sanierung der Aluminiumschlackendeponie in Niederösterreich. Laut Czeczil ist die Primärgewinnung von Aluminium äußerst energieintensiv. Dem gegenüber steht die Rückführung, die um den Faktor 1:10 energieärmer ist als die Neugewinnung. So werden bei Balsa pro Tonne Granulat elf Tonnen CO₂ eingespart. Bis Projektende summieren sich die Einsparungen laut Unternehmensangaben auf rund vier Promille der österreichischen CO₂-Emissionen.

Bestand vor Neubau

Fachleute warnten, Sanierungen nicht schematisch durchzuführen. „Ein 30-jähriges Gebäude kann strukturell so intakt sein, dass Eingriffe ökologisch und ökonomisch wenig Sinn ergeben. Wir brauchen individuelle Bewertungen, sonst wird am Ziel vorbeisaniert,“ so ein Resümee aus der Praxis.

Vorausschauendes Planen

Caroline Palfy von Orbyz betonte auf der Bühne des KliNa 2025, dass die Bauindustrie selbst dafür verantwortlich sei, dass Gebäude auch noch in 50, 100 oder 200 Jahren funktionieren. Dass Grauwassernutzung heutzutage nicht standardmäßig mitgeplant wird, obwohl sie in 20 Jahren notwendig sein wird, sieht Palfy als eine „verpasste Chance”.

Digitalisierung als Schlüssel

Viele Expert*innen waren sich einig: Digitalisierung gilt als Voraussetzung für nachhaltiges Bauen. Ein gepflegtes BIM-Modell bilde die Grundlage für kommende Generationen. Amtsarzt Michael Jungwirth hingegen wies auf mögliche Risiken hin: Die Qualität der von Amtsärzt*innen und Gutachter*innen erhaltenen Unterlagen sei durch den verstärkten Einsatz von KI nicht immer gestiegen.


Gemeinsame Verantwortung im Bauwesen

Caroline Palfy, Riccardo Savigliano, Michael Jungwirth, Jürgen Stern, Johannes Czeczil, Sigrid Stagl diskutieren, wie die Klimaziele durch eine Bauwende erreicht werden können.
Caroline Palfy, Riccardo Savigliano, Michael Jungwirth, Jürgen Stern, Johannes Czeczil und Sigrid Stagl diskutieren, wie die Klimaziele durch eine Bauwende erreicht werden können.

In der abschließenden Podiumsdiskussion des zertifizierten ÖkoEvent Plus waren sich alle einig: Nur wenn ökologische, soziale und ökonomische Aspekte zusammengedacht werden, kann die Transformation gelingen.

„Wir müssen den Mut haben, bestehende Lösungen konsequent anzuwenden – und gleichzeitig entschlossen neue Wege gehen.“

Redaktion Handwerk + Bau

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