Fassadenbegrünung

Digitale Zwillinge für begrünte Fassaden

Die TU Wien hat in der Favoritenstraße erstmals eine Gebäudefassade begrünt. Der erste Projektabschnitt des Forschungsprojekts Green Facade Digital Twin ist abgeschlossen. Nun starten umfangreiche Messreihen zur bauphysikalischen Optimierung begrünter Fassaden.

Ein Team rund um Azra Korjenic, Institutsvorständin des Instituts für Werkstofftechnologie, Bauphysik und Bauökologie an der TU Wien, hat die Fassade in der Favoritenstraße 9–11 über mehrere Monate begrünt. Seit Frühsommer zweitausendfünfundzwanzig liefen die Arbeiten, Ende November wurde der erste Bauabschnitt abgeschlossen. Beteiligt sind vier TU-Institute, unterstützt durch Vizerektor Wolfgang Kastner als Projektpartner sowie Gertrude Kappel, Dekanin der Fakultät für Informatik.

Erhebung von Messdaten

„Fassadenbegrünungen gewinnen durch die zunehmende Urbanisierung und den fortschreitenden Klimawandel laufend an Bedeutung für eine nachhaltige Stadtentwicklung“, erklärt Korjenic. Auf den neu geschaffenen Forschungsflächen sollen in den kommenden zwei Jahren zahlreiche Sensoren Daten zur bauphysikalischen Performance der Grünfassade erheben. Untersucht wird unter anderem, wie sich die Hinterlüftungsebene optimieren lässt. Zudem erfassen digitale Sensoren und ein BIM-Modell (Building Information Modeling) Zustand und Wachstum der Pflanzen. Die Ergebnisse sollen langfristig zur Planung wartungsärmerer und klimawirksamer Fassaden beitragen.

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vorne: Martin Prömpers, Azra Korjenic, Lara Elea Lazansky. hinten: Lena Froschauer, Abdulah Sulejmanovski, Leonie Möslinger (jeweils von links)
vorne: Martin Prömpers, Azra Korjenic, Lara Elea Lazansky. hinten: Lena Froschauer, Abdulah Sulejmanovski, Leonie Möslinger (jeweils von links) ©TU Wien

Der grüne digitale Zwilling

Für die Begrünung kamen robuste Standardpflanzen wie Erdbeeren, Geranien und weitere Frühlingsblüher zum Einsatz. „Prinzipiell richtet sich die Auswahl der Pflanzen bei Fassadenbegrünungen nach der solaren Exposition, also danach, wie viel Sonne auf die Fassade scheint“, so Korjenic. Eine automatische Bewässerung mit Zeitschaltuhr und Computersteuerung versorgt die Pflanzen je nach Jahreszeit und Temperatur mit der erforderlichen Wassermenge. Der digitale Zwilling bildet die drei­dimensionale Struktur der Fassade ab und macht Veränderungen sichtbar. Dadurch kann das Projektteam den gesamten Lebenszyklus analysieren und bei Störungen wie Ausfällen der Bewässerung frühzeitig reagieren.

3d Simulation
3D Simulation ©TU Wien

Die Vorteile grüner Fassaden

Begrünte Fassaden bringen mehrere Vorteile: Sie werten Gebäudewände optisch auf, kühlen die unmittelbare Umgebungsluft und wirken als Schallschutz. Zudem kann die Begrünung den sommerlichen Wärmeeintrag verringern, insbesondere bei Gebäuden mit geringer Dämmung. Die Pflanzen verschatten Fensterbereiche zunehmend und reduzieren so die Aufheizung. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, die nächtliche Abkühlung urbaner Räume in Hitzeperioden zu ermöglichen.

Ein Projekt mit Beteiligung der Nachbarschaft

Auch die Nachbarschaft wurde einbezogen: Mitarbeitende der TU Wien, Passant*innen sowie Gäste und Beschäftigte benachbarter Betriebe – darunter das gegenüberliegende Hotel Johann Strauß – nahmen an Befragungen teil. „Wir haben vor Umsetzung der Begrünung eine Befragung über die Ausgangssituation gemacht und werden, sobald die Pflanzen im Frühling blühen, eine Nachher-Befragung machen“, erläutert Korjenic. Gefördert wird das Projekt aus Mitteln der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft), unterstützt durch das BMIMI im Rahmen der TIKS-Förderung.