Schlauer Energie sparen im Betrieb
Energieeffizientes Arbeiten ist für viele Tischlereibetriebe eine Herausforderung. Das Tischler Journal hat mit Energieberatern gesprochen und zeigt, in welchen Bereichen das größte Einsparpotenzial liegt.
Die Anforderungen an moderne Tischlereien steigen – nicht nur in Bezug auf Fachkräfte, Qualität oder Digitalisierung, sondern zunehmend auch beim verantwortungsvollen Umgang mit Energie. Wo früher Maschinenlaufzeiten und Wärmebedarf als fixe Rahmenbedingungen galten, stehen heute ein bewussterer Blick auf Verbrauch, Optimierungspotenziale und nachhaltige Betriebsführung ebenso im Zentrum. Energieeffizienz ist dabei längst nicht mehr nur ein ökologisches Thema, sondern schlicht eine wirtschaftliche Notwendigkeit, die den Alltag in den Werkstätten spürbar prägt. Gerade im Tischlerhandwerk gehören Absaug- und Druckluftanlagen, Heizungssysteme, Lackier- und Trocknungsbereiche sowie der Maschinenpark zu den größten Energieverbrauchern. Sie sichern die Qualität der Arbeit – verlangen den Betrieben aber auch einen hohen Ressourceneinsatz ab.
Bewusstsein ist wesentlich
„Das Thema Energieeffizienz sollte deutlich stärker im unternehmerischen Denken verankert werden“, so Mario Jandrokovic vom Energieinstitut der Wirtschaft, kurz EIW. „Dieser Grundgedanke begleitet uns als gemeinnützige Einrichtung seit unserer Gründung 2008.“ Das EIW beschäftigt sich mit Einsparpotenzialen und Energiesicherheit für die Industrie und speziell auch für KMU. Es stellt Betrieben wie auch Energieberatern hilfreiche Materialien zur Verfügung – nebst Leitfäden sind das beispielsweise eine Photovoltaik-Flächenbörse oder die Weiterentwicklung der Impawatt-Plattform – eines Info-Portals für betriebliche Energieeffizienz. „Im Laufe der Jahre haben wir gesehen, dass das Thema Energieverbrauch als Unsicherheitsfaktor auch enorme Auswirkungen auf Umsatz und Gewinn eines Betriebs hat – das wird nicht zuletzt in Zeiten mit herausfordernd hohen Energiepreisen sichtbar. Je ineffizienter Energie genutzt wird, desto anfälliger ist ein Betrieb auch für Krisen“, so Jandrokovic. Durch erhöhte Reglementierungen und gesetzliche Vorgaben sei das Thema mittlerweile voll und ganz bei den Betrieben gelandet. Jandrokovic spricht in diesem Zusammenhang von einer Energiekultur, die im unternehmerischen Denken verankert werden soll: „Energiemanagement klingt nach administrativem Aufwand, doch so bekommt ein Unternehmen Übersicht über den Energieverbrauch und Einsparungspotenziale und kann letztendlich Arbeit und Geld sparen.“

Aha-Erlebnisse
Wesentlich sei, in einem ersten Schritt zu schauen, wo die Energieflüsse innerhalb der betrieblichen Praxis überhaupt hinlaufen. Und hier gäbe es viele Aha-Erlebnisse. „Das Monitoring der einzelnen Verbraucher bringt für viele Betriebe Überraschungen, wenn sie schwarz auf weiß sehen, wo wieviel Energie verbraucht wird.“ Darüber hinaus gehe es darum, die Alltagspraxis von Unternehmen zu betrachten und Handreichungen zu geben, damit das Thema überschaubarer wird. „Kein Betrieb hat Lust auf zusätzlichen Administrationsaufwand“, so Jandrokovic weiter. „Mit einer umfassenden Beratung und einem ganzheitlichen Blick kann dieser minimal gehalten werden, während das Bewusstsein im ganzen Betrieb für das Thema steigt.“ Effizientes Energiemanagement oder die Implementierung einer Energiekultur sei ein kontinuierlicher Prozess mit vielen – oft kleinen – Schritten: „Genau aus diesem Grund versuchen wir, sehr niederschwellige Möglichkeiten aufzuzeigen.“
Verbraucher ermitteln
In Tischlereibetrieben gäbe es im Wesentlichen zwei wesentliche Bereiche, die es im Blick zu halten gilt: Strom und Wärme. „Bei der Wärme ist der Leidensdruck in der Regel nicht allzu hoch, weil so viel Biomasse vorhanden ist, die als Heizmaterial verwendet werden kann“, so der Experte. Beim Strom stellt sich die Geschichte schon anders dar: Viele Maschinen laufen in Tischlereien parallel – und hier gilt es, Stromspitzen effizient abzufangen. Hilfreich dabei ist ein Blick vom Profi: „Bei den Beratungen geht es darum, ganz genau zu ermitteln, welche Bereiche Energie verbrauchen und wo es Schnittmengen gibt. Auch Fragen wie: ‚Wie transportiere ich Material?‘ oder ‚Wie betreibe ich Maschinen?‘ sind wesentlich“, sagt Mario Jandrokovic. Darüber hinaus sei Klimaschutz mittlerweile nicht nur ein volkswirtschaftlicher Faktor, sondern auch einer, der sich – wenn er vernachlässigt wird – ungünstig auf das Image und die Außenwirkung des Unternehmens auswirkt. Eine Auswertung von Energiekennzahlen durch das EIW ergab, dass rund ein Viertel der Tischlereibetriebe einen deutlich höheren Energieverbrauch hatten als der Durchschnitt. Besonders kleinere Betriebe würden sich schwertun – vor allem deshalb, weil es Personen braucht, die sich bewusst des Themas annehmen und sich kontinuierlich darum kümmern. Ganz unabhängig von der Betriebsgröße rät Jandrokovic, Energieberatungen in Anspruch zu nehmen. „Die Beratungen sind zu weiten Teilen gefördert und die restliche Investition amortisiert sich in der Regel relativ rasch.“ Dann wird auch die emotionale Hürde kleiner: „Die Planung von Energieeffizienz-Maßnahmen wird überschaubarer, darüber hinaus helfen Energieberater bei der Beantragung von möglichen Förderungen – oft bis hin zur kompletten Abwicklung.“

Umfassender Blick
Einer, der die Herausforderungen und Chancen von Energieeffizienz in allen Facetten kennt, ist Energieberater Andreas Radauer. Seit 2009 berät er Betriebe und ist durch seine Affinität zum Thema als Sägewerk-Betreiber auch immer wieder in Tischlereien unterwegs. Auf den ersten Blick seien viele Verbraucher gar nicht so sichtbar – genau deshalb ist es laut Radauer wichtig, neben den Bereichen Haus- und Gebäudeheizbedarf sowie Strom auch das Thema Mobilität unter die Lupe zu nehmen: „Mobilität wird oft nicht als Energieverbrauch bewertet, weil viele Tischler hier keine oder wenig Aufwände haben. Bin ich als Betrieb viel unterwegs, kommt allerdings recht rasch viel zusammen – hier kann ein intelligentes Fuhrparkmanagement viel Kosten sparen.“ Im ersten Step unternimmt der Berater deshalb eine Analyse des Ist-Zustands. Wenig überraschend ist die Absaugung einer der größten Verbraucher. „Bei der Absaugleistung sind wir bei Tischlereien bei 20 bis 40 Prozent des Gesamtstromverbrauchs – das ist schon massiv“, so Radauer. Außer es seien Reinluftgeräte im Einsatz, die allerdings einerseits aufwändig und teuer wären und darüber hinaus vom Arbeitsinspektorat eher skeptisch beäugt werden. „Eine gute Absaugung ist aber rechtlich bindend vorgesehen – im Bereich des Energieverbrauchs also ein Dilemma, das unvermeidbar ist.“
Sonnenkraft nutzen
Eine Möglichkeit, hier Kosten abzufedern, sei die Implementierung von PV-Anlagen. Der Vorteil: Durch die vorgegebene Arbeitszeit in den Betrieben kann der Sonnenstand über den Tag voll ausgenutzt werden, weil Energie tagsüber ge- und verbraucht wird. „Wir haben in einer kleinen Tischlerei im Tennengau eine kleine PV-Anlage mit 25 Kilowatt (kW) zum Ausprobieren installiert und schnell gemerkt, dass der Strom zur Gänze aufgesaugt wurde. Mittlerweile hat der Betrieb eine Anlage mit 200 kW – und es ist noch immer zu wenig.“ Ein Ausbau der PV-Anlagen lohne sich auch deshalb, weil die Technologie im Laufe der vergangenen Jahre deutlich leistbarer geworden ist. Und durch die hohen Energiekosten amortisiere sich eine Anschaffung oder Aufstockung in jedem Fall. „Der Einsatz von PV lohnt sich – auch ohne Förderung“, so Andreas Radauer weiter. Auch die Investition in Speicher sei sinnvoll, da vor allem kleinere Betriebe darunter leiden, dass sie fühlbar mehr zahlen, wenn sie zu Lastspitzenzeiten vom Gewerbetarif in den deutlich teureren Leistungstarif kommen, der üblicherweise bei einem Verbrauch von über 25 kW zum Tragen kommt.
Rot – gelb – grün
Energieberater Radauer hat sich hier ein System überlegt, das auf einen Blick zeigt, welche Verbraucher im Lastspitzenbereich unterwegs sind – und wann diese Pause machen sollten. In einer Tischlerei im Flachgau wurde ein schlaues Ampelsystem installiert, das zeigt, wann eine Maschine im Lastspitzenbereich unterwegs ist und zu viel verbraucht. Eine Art Priorisierungshilfe, um Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Verbraucher gerade laufen. „Nicht alle Maschinen müssen in der Tischlerei gleichzeitig betrieben werden. Wenn die CNC läuft, muss meist der Hacker nicht gleichzeitig laufen – oder umgekehrt.“ In Lastspitzenzeiten zeigt das Ampelsystem an, welche Maschine im roten oder im grünen Bereich ist. Und oft handle es sich nur um eine kurze Zeitspanne, in der die Maschine abgeschaltet werden muss, um nicht in einem höheren Leistungstarif zu landen. „Das System spart im laufenden Betrieb enorme Energiekosten, weil dadurch der normale Gewerbetarif genutzt werden kann und die Tischlerei nicht im Leistungstarif landet, wenn alle Verbraucher gleichzeitig laufen.“ Die Sorge des Beraters, dass die Mitarbeitenden sich eventuell gegen das System wehren könnten, blieb übrigens komplett unberechtigt. Ganz im Gegenteil: „Alle machen mit vollem Elan mit – es macht ihnen sogar Spaß, aktiv mitzuhelfen, Energie zu sparen.“

Alle an einem Strang
Apropos mithelfen: Ohne Einbindung der Mitarbeitenden bringe das beste Energiemanagement nichts. „Wir binden in unseren Beratungen oft schon die Teams voll mit ein – und das zahlt sich aus. Wenn man schlüssig argumentiert, dass sich das Engagement auszahlt, sind in der Regel alle voll mit dabei“, so Radauer. Schließlich gehe es darum, das Bewusstsein zu schärfen und nicht von oben herab Vorgaben zu predigen. Neben den großen Verbrauchern wie Absaugung, Druckluft oder Heizung gehe es auch darum, kleinere Verbraucher im Blick zu haben wie beispielsweise Lampen. Oder die Dimensionen der Anlagen: „Oft sind Absauganlagen nicht vernünftig dimensioniert, hier können Frequenzumformer helfen bzw. eine Teilung der Anlagen sinnvoll sein“, so Radauer denn, „wenn nicht alle Maschinen laufen, brauche ich mitunter nicht die gesamte Leistung“. Druckluft und Kompressor seien ebenfalls Verbraucher, die oft unbemerkt laufen.
Knackpunkt Gebäudehülle
Ein Punkt, der in Sachen Heizenergie oft unterschätzt wird, ist die Gebäudehülle. Hier zeigt sich oft unglaubliches Potenzial: „Wenn ein Haus gut gedämmt ist, brauchen viele Tischlereien gar keine Heizung mehr – beispielsweise kleinere Betriebe, die mit Reinluftgeräten arbeiten können.“ Die Kosten für eine Energieberatung liegen maximal im unteren vierstelligen Bereich – amortisieren sich aber schnell. „Viele Unternehmer wissen ganz gut, wo es Potenzial gäbe, sind aber überfordert mit der Umsetzung. Hier kann eine Energieberatung eine große Hilfe sein und entlasten – von der umfassenden Beratung bis hin zur kompletten Förderabwicklung.“




