Konzeptstudie

Einfluss von Photovoltaikanlagen auf Flachdachabdichtungen

27.08.2025

Das Institut für Flachdachbau und Bauwerksabdichtung (IFB) hat eine Konzeptstudie erarbeitet, um Planung, Ausführung und Instandhaltung von Photovoltaikanlagen auf Flachdächern im Hinblick auf den Schutz der Dachabdichtung zu regeln. Sie soll in eine IFB-Richtlinie übergeführt werden. Lesen Sie hier erste Inhalte.

1. Zielsetzung und Anwendungsbereich

Diese Konzeptstudie über ein technisches Merkblatt, welches in weiterer Folge in eine IFB-Richtlinie überführt wird, wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe im IFB – Institut für Flachdachbau und Bauwerksabdichtung erarbeitet. Ziel ist es, Planung, Ausführung und Instandhaltung von Photovoltaikanlagen auf Flachdächern im Hinblick auf den Schutz der Dachabdichtung zu regeln. Sie richtet sich an Architekt*innen, Fachplaner*innen, ausführende Unternehmen sowie Sachverständige. Der Fokus liegt auf der Vermeidung bauphysikalischer und mechanischer Schäden infolge von Punktlasten, Schubspannungen und thermischen Einwirkungen auf die Dachabdichtung, insbesondere bei der Verwendung von Polymerbitumenbahnen.
Dieser Artikel dient ausschließlich als Diskussionsgrundlage für zukünftige Arbeitsgruppen.

2. Relevante Normen und Richtlinien

Für die Planung und Umsetzung von PV-Anlagen auf Flachdächern sind insbesondere folgende nationale und internationale Normen, Regelwerke und Fachliteraturquellen maßgeblich zu berücksichtigen:

Advertorial
  • ÖNorm B 3691 – Planung und Ausführung von Dachabdichtungen
  • ÖNorm M 7778 – Montageplanung und Montage von thermischen Solarkollektoren und Photovoltaikmodulen
  • ÖNorm B 2220 – Werkvertragsnorm für Bitumen- und Kunststoffdachbahnen
  • EN 1991-1-1, -1-3, -1-4 – Lastannahmen: Eigengewicht, Schnee, Wind
  • IFB-Richtlinien für genutzte Flachdächer und Aufbauten
  • Fachliteratur (kein Anspruch auf Vollständigkeit): z. B. Wolfgang Schröder: Photovoltaikanlagen auf Flachdächern, Heft 2/2024
  • Herstellerinformationen (kein Anspruch auf Vollständigkeit): BMI Austria GmbH, Büsscher & Hoffmann GmbH, Sika GmbH, Bauder GmbH, Slavonia GmbH (2024–2025) u.v.m.

3. Anforderungen an Dachaufbauten und Materialien

Für den dauerhaften Schutz der Dachabdichtung bei gleichzeitiger Nutzung durch Photovoltaikanlagen sind sowohl die Druckfestigkeit der Wärmedämmung als auch die Art und Anordnung der Abdichtungslagen entscheidend. Die thermomechanische Belastung durch Eigengewicht, Ballast, Wind-, Schnee- sowie thermische Längenänderungen darf nicht zu strukturellen Schäden führen.
Die nachstehende Tabelle bietet eine Übersicht über geeignete Dämmstoffe und ihre Druckfestigkeiten (kein Anspruch auf Vollständigkeit oder normative Begründung):

Geeignete Dämmstoffe und ihre Druckfestigkeit.
Geeignete Dämmstoffe und ihre Druckfestigkeit. © IFB

Ein schlüssiges Entwässerungskonzept für die Dachfläche ist festzulegen. Im Zuge dessen ist auch die Dachneigung zu definieren, welche im Bereich von 0 bis X Grad ausgeführt werden kann. Aufgrund zu erwartender Stauchungen im Dachschichtenaufbau durch die Auflast der PV-Aufständerungen ist punktuell mit kleinflächiger Pfützenbildung zu rechnen.
Sofern die PV-Anlage nicht kraftschlüssig mit der Baukonstruktion verbunden ist, sind insbesondere bei ballastierten Systemen Fixpunkte vorzusehen, an denen die Konstruktion gesichert wird. Dadurch kann einerseits eine Verschiebung infolge von Windsogkräften und andererseits eine Verlagerung durch temperaturbedingte Längenänderungen der Rahmenkonstruktion zuverlässig verhindert werden.

4. Lastabtrag und Schutzmaßnahmen

Die punktuelle oder linienförmige Einleitung hoher Lasten aus PV-Systemen kann zu lokalen Versagenserscheinungen der Wärmedämmung und Dichtungsbahnen führen. Deshalb sind geeignete Schutz- und Lastverteilungselemente zwingend erforderlich.
Der Schutzaufbau unterhalb von PV-Anlagen sollte mindestens folgende Schichten enthalten (von oben nach unten) auf Empfehlung eines Bitumenbahnen-Herstellers:

  • UV-beständige Trennlage (z. B. TOP-Elastomerbitumenbahn mit Kunststoffvliesträger)
  • elastische Schutzmatte (z. B. Gummigranulat, 1 cm)
  • diffusionsoffenes Trennvlies ≥ 150 g/m²

5. Typische Schadensbilder durch PV-Anlagen auf Flachdächern

Infolge falscher Systemwahl oder unzureichender Schutzmaßnahmen treten regelmäßig folgende Schäden auf:

Typische Schäden.
Typische Schäden. © IFB

6. Bewertung unterschiedlicher PV-Systemtypen

Je nach Aufbau und Befestigungsart der PV-Anlage ergeben sich unterschiedliche Risiken und Anforderungen an die Dachabdichtung. Die Auswahl des Systems hat entscheidenden Einfluss auf die Lebensdauer und Wartungsfähigkeit der Dachhaut.

Auswahl des PV-Systems.
Auswahl des PV-Systems. © IFB

7. Planung, Ausführung und Wartung

Eine fachgerechte Planung der PV-Anlage auf Flachdächern umfasst die Auswahl geeigneter Komponenten, eine statisch nachgewiesene Lastverteilung, die Sicherstellung der Entwässerung und Wartungswege sowie die Berücksichtigung aller bauphysikalischen Anforderungen.

Empfohlene Planungsschritte:

  1. Zustandsanalyse der Bestandsabdichtung und Wärmedämmung
  2. Prüfung der Tragfähigkeit (Eigenlast und Zusatzlasten)
  3. Wahl des geeigneten PV-Montagesystems unter Einbeziehung der Dachaufbauten
  4. Festlegen der Montagefixpunkte für die PV-Anlage
  5. Definition von Schutzlagen, Lastverteilungselementen und Wartungswegen
  6. Abstimmung mit Herstellerangaben und normativen Vorgaben
  7. Planung der Wartungsintervalle und Dokumentation
  8. Prüfen der Absturzsicherungen
  9. Einbau von Feuchtemonitoringsystemen

8. Dokumentation, Gewährleistung und rechtliche Hinweise

Für die rechtssichere Errichtung von PV-Anlagen auf Flachdächern ist eine umfassende Dokumentation unerlässlich. Diese muss insbesondere folgende Punkte enthalten:

  • Technische Beschreibung des Dachaufbaus
  • Verlegeanleitungen der PV-Systeme und Schutzlagen
  • Statische Nachweise der Lastabtragung
  • Nachweise über normgerechte Ausführung (ÖNORM, EN, IFB-Richtlinie)
  • Fotodokumentation vor / während / nach der Ausführung
  • Wartungskonzept inklusive Intervallplanung

Die Einhaltung der technischen Vorgaben der zu erarbeitenden IFB-Richtlinie ist Voraussetzung für die Gewährung von Materialgarantien durch Herstellerfirmen. Nicht normgerechte Ausführungen – insbesondere ohne Schutzlagen – führen regelmäßig zum Ausschluss jeglicher Gewährleistungsansprüche.

Anhang A – Maßnahmenkatalog

  • Sicherstellung der statischen Tragreserven vor Montagebeginn
  • Verwendung normkonformer Schutzlagen
  • Jährliche visuelle Kontrolle der Abdichtungsoberfläche
  • Lückenlose Dokumentation von Wartung und Reparaturen
  • Einsatz von Monitoring-Sensoren bei Gebäuden mit hoher Schutzanforderung

Anhang B – Prüfliste für PV-Projekte auf Flachdächern

Prüfliste für PV-Projekte auf Flachdächern.
Prüfliste für PV-Projekte auf Flachdächern. © IFB

Rückmeldungen zur vorliegenden Konzeptstudie können gerne an das IFB – Institut für Flachdachbau und Bauwerksabdichtung gemailt werden: office@ifb.co.at.
(bt)