Glasarchitektur

Hochpräzise Elementfassade

29.07.2025

Für die von Fassadenbauer Focchi realisierte Glasfassade von "40 Leadenhall Street", einem der größten Bauprojekte in London, wurde ein "unitised System" mit Rahmenprofilen aus Edelstahl und strukturell silikongeklebter Doppelverglasung aus mehr als 30.000 Quadratmetern Sonnenschutz-Isolierglas vormontiert geliefert und Element für Element mit dem Gebäude verbunden.

Das Büro wird zum Lebensraum – mit Restaurants, Bars, Fitnesscenter, Wellness-Suite und Clubhaus, Veranstaltungsräumen und einer doppelstöckigen Lobby mit einem begrünten Atrium. Make Architects entwarfen einen eleganten Entwurf mit zwei Türmen, die sich von einem gemeinsamen Podium erheben, das von den klassischen New Yorker Wolkenkratzern inspiriert ist, und mit 17 Außenterrassen, die zur Themse hin abfallen. In der Ebene zieht sich das Gebäude von den Grundstücksgrenzen zurück und schafft neuen öffentlichen Raum mit großzügigen Fußgängerzonen. Wegen hoher Denkmalschutzauflagen musste es ober- und unterirdisch in historisch gewachsene Strukturen eingebettet werden. Das Restaurant im Erdgeschoss befindet sich zum Beispiel im “Grade II”-denkmalgeschützten Billiter Building aus dem 19. Jahrhundert, das teils in 40 Leadenhall integriert wurde.

Vormontierte “unitised façade”

Die City of London begeistert immer wieder durch die sorgsame Integration neuer Architektur in die historische Umgebung. Im Hintergrund: 40 Leadenhall Street. © Jack Hobhouse
Die City of London begeistert immer wieder durch die sorgsame Integration neuer Architektur in die historische Umgebung. Im Hintergrund: 40 Leadenhall Street. © Jack Hobhouse

Die Außenhülle ist eine sogenannte “unitised façade”, die Fassadenbauer Focchi realisierte. Sie besteht aus großformatigen Elementen, sogenannten Units, die komplett im Werk vormontiert wurden, mit Rahmenprofilen aus Edelstahl, strukturell silikongeklebten Zweifach-Isolierverglasungen, Dichtungen und Beschlägen. Die fertigen Module wurden anschließend auf die Baustelle geliefert und dort mit dem Gebäude verbunden, Element für Element, wie Legosteine. Vorteile dieser Bauart: Die Module können unabhängig vom Innenausbau montiert werden, für einen schnelleren Baufortschritt. Die Werkstattfertigung unter kontrollierten Bedingungen erzielt zudem eine hohe Qualität und bessere Abdichtung, sodass die Module witterungsunabhängig präzise in das große und komplexe Gebäude integriert werden konnten.

Maßgeschneiderter Sonnenschutz

AGC Interpane lieferte hierfür mehr als 30.000 Quadratmeter maßgeschneiderte, zweifach-silberbeschichtete “Stopray Vision 60”-Sonnenschutz-Isoliergläser, die das Gebäude vor sommerlicher Überhitzung schützen und gleichzeitig viel Tageslicht transmittieren. Die Doppelverglasung ist beidseitig als Verbundsicherheitsglas aufgebaut: Die äußere Unit (VSG 66.4) besteht aus zwei teilvorgespannten 6 Millimeter dicken Scheiben mit vier PVB-Zwischenlagen (1,52 mm), mit einer Randbedruckung auf Position 2 (RAL 7021), “Stopray Vision 60” auf Position 4 und mit fein geschliffenen Kanten. Im 16 Millimeter breiten Zwischenraum verbaute AGC Interpane Stainless Steel Spacer in schwarz und verwendete schwarzes Silikon (DS 3363). Die Innenseite (VSG 55.4) wurde aus zwei nicht vorgespannten 5 Millimeter dicken Scheiben mit vier PVB-Zwischenlagen (1,52mm) aufgebaut, ebenfalls mit geschliffenen Kanten. Durch die hochselektive Beschichtung “Stopray Vision 60” erzielen die Verglasungen trotz ihres beidseitigen VSG-Aufbaus eine hohe Tageslichttransmission von 58 Prozent, mit einem g-Wert von 32 Prozent hohen Sonnenschutz und Argon gefüllt eine exzellente Wärmedämmung von Ug = 1,0 W/(m2K).

Das Büro als hochattraktiver Lebensraum, mit Restaurants, Bars, Fitnesscenter, Wellness-Suite und Clubhaus, Veranstaltungsräumen und einer doppelstöckigen Lobby mit einem begrünten Atrium. © Jack Hobhouse
Das Büro als hochattraktiver Lebensraum, mit Restaurants, Bars, Fitnesscenter, Wellness-Suite und Clubhaus, Veranstaltungsräumen und einer doppelstöckigen Lobby mit einem begrünten Atrium. © Jack Hobhouse

Nachhaltiges Großprojekt

40 Leadenhall Street wurde für hohe Nachhaltigkeit und zeitgemäßes Arbeiten konzipiert, mit Büroetagen weitgehend ohne bauliche Einschränkungen, sodass die Mieter*innen ihre Räume nach individuellen Abforderungen gestalten konnten. Ermöglicht wurde dies durch eine Tragwerkskonstruktion mit sehr langen, stützenfreien Spannweiten. Den Großteil des benötigten Heizwärme- und Warmwasserbedarfs generieren Wasserwärmepumpen und die Rückgewinnung der Abwärme aus dem Kühlsystem. Ein intelligentes Gebäudemanagementsystem misst permanent zahlreiche Luftwerte, um den Belegungsgrad und Klimatisierungsbedarf zu ermitteln, Sensoren überwachen zudem die Außenluft und den Pollenflug. Das Gebäude ist also nicht nur im Design, sondern auch in der Nutzung freundlich zu seiner Umwelt: Es ist eines der ersten Gebäude im Vereinigten Königreich, das die NABERS 5-Star-Zertifizierung erhielt, eine Norm für Energieeffizienz, die neben der eingesetzten Technik auch den tatsächlichen Energiebedarf in der Nutzung bewertet. Das Gebäude übertrifft die Leistungsvorgaben der britischen Regierung für eine Netto-Nullbilanz und verursacht rund 40 Prozent weniger Kohlenstoffemissionen als es die Bauvorschriften erlauben. Zudem wurde es mit der Gebäudeumweltzertifikat BREEAM Excellent und dem EPC A Rating (Energy Performance Certificate) ausgezeichnet. Angestrebt sind außerdem WELL Platinum für Gesundheit und Nutzerkomfort, WiredScore Platinum als smarte Infrastruktur und SmartScore (SMART) mit dem Fokus auf digital-intelligente Gebäudesteuerung. Neben der Sonnenschutz-Glasfassade sorgen die seitlich versetzten Gebäudekerne für die Beschattung der Westfassade und minimieren den Kühlbedarf. Zusätzlich wurden vertikale Edelstahllamellen so angeordnet, dass sie die solaren Energiegewinne begrenzen und trotzdem viel natürliches Tageslicht ermöglichen.
(bt)

Wunderbar in das Londoner Stadtbild integriert: 40 Leadenhall Street. © Jack Hobhouse
Wunderbar in das Londoner Stadtbild integriert: 40 Leadenhall Street. © Jack Hobhouse