Smart Living hinter plastischer Fassade

Mit dem Studierendenwohnheim StuWo SG20 am Schönaugürtel 20 ist in Graz ein bemerkenswertes Beispiel für zeitgemäßen Wohnbau im Spannungsfeld von Dichte, Flexibilität und gestalterischem Anspruch entstanden. Die plastischen Fassadenflächen zeigen nicht nur ästhetische Qualität, sondern auch technische Raffinesse.

Der Neubau positioniert sich im südlichen Teil des Bezirks Jakomini – in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof sowie der FH Joanneum und weiteren Hochschulen – auf einem rund 0,56 Hektar großen Grundstück. Realisiert wurde das Projekt auf Basis eines geladenen Architekturwettbewerbs, bei dem sich das Büro Dietger Wissounig Architekten ZT GmbH mit einem durchdachten und städtebaulich überzeugenden Konzept durchsetzen konnte. Der Baubeginn erfolgte 2021, die Fertigstellung wurde im August 2023 abgeschlossen.
Das Ergebnis ist ein U-förmiger Gebäudekomplex in Stahlbeton-Skelettbauweise, der sich straßenseitig mit einer dynamisch gestalteten Fassade zum Schönaugürtel öffnet und rückseitig einen begrünten, geschützten Innenhof fasst. Die insgesamt rund 11.000 m² Bruttogeschoßfläche verteilen sich auf vier Regelgeschosse und ein Dachgeschoß, in denen etwa 360 Wohneinheiten für Studierende Platz finden. Die Wohneinheiten variieren in Größe und Typologie zwischen ca. 19 und 25 m², wahlweise als Einzelapartments oder in Wohngemeinschaften. Zusätzlich sind allgemeine Mietwohnungen untergebracht – mit jeweils separaten Zugängen zu den drei Baukörpern.

Smart Living im urbanen Wohnbau

Der städtebauliche Umgang mit dem Grundstück zeichnet sich durch eine klare Differenzierung der Funktionen aus. Während das Erdgeschoß zur Straße hin Gewerbeflächen, Gastronomie und Co-Working-Zonen aufnimmt, bleibt der Hofbereich den gemeinschaftlichen Nutzungen und der Ruhe vorbehalten. Die Zimmer im Dachgeschoß verfügen über kleine Terrassen mit Blick auf den Grazer Schlossberg. Räume zur gemeinsamen Nutzung befinden sich im Erd- und Untergeschoß des Gebäudes. Den Bewohner*innen steht auch eine großzügige Gemeinschaftsterrasse mit Dachgarten am östlichen Gebäudeteil zur Verfügung. Weitere geteilte Einrichtungen wie Fitnessraum, Medienlounge, Kino, Café und Waschsalon und der begrünte Innenhof mit befestigter Terrasse zur gemeinsamen Nutzung runden das Smart Living-Konzept ab.
In Summe gelingt es dem Projekt, die Anforderungen an zeitgemäßen, urbanen Wohnbau – insbesondere im Kontext des studentischen Lebens – in gestalterischer, funktionaler und ökologischer Hinsicht überzeugend zu erfüllen.

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Fassade mit Tiefenwirkung

Architektonisch besonders hervorzuheben ist die plastische Gestaltung der straßenseitigen Fassadenflächen, die nicht nur ästhetische Qualität, sondern auch technische Raffinesse zeigt. Die Gebäudehülle wurde als hinterlüftete Fassade mit bronzemetallic-beschichteten Alucobond-Platten ausgeführt. Dieses System erlaubt eine natürliche Hinterlüftungsebene, die der Abführung von Feuchtigkeit dient, die thermische Belastung reduziert und die Langlebigkeit der Konstruktion verbessert.
Die bronzefarbenen Metallplatten wurden in bewusst unregelmäßigem Rhythmus vor- und zurückspringend montiert und lenken den Blick auf die einzelnen Zimmer abwechselnd nach Osten oder Westen. Damit erhält die Fassade eine lebendige, dreidimensionale Wirkung und verleiht dem Gebäude eine Tiefe, die mit dem flächigen Volumen des Baukörpers kontrastiert. Die technische Ausführung verantwortete die ICC-Fassadentechnik GmbH aus Mondsee, Mitglied des Österreichischen Fachverbands für hinterlüftete Fassaden – ÖFHF. Die präzise Verarbeitung der Fugen und Anschlussdetails zeugt von hoher handwerklicher Qualität und einem sorgfältig durchdachten Entwurf.

Die bronzefarbenen Metallplatten wurden in bewusst unregel-mäßigem Rhythmus vor- und zurückspringend montiert und lenken den Blick auf die einzelnen Zimmer abwechselnd nach Osten oder Westen.
Die bronzefarbenen Metallplatten wurden in bewusst unregelmäßigem Rhythmus vor- und zurückspringend montiert und lenken den Blick auf die einzelnen Zimmer abwechselnd nach Osten oder Westen. © ICC Fassaden GmbH

Herausforderungen in Planung und Ausführung

Die Planung und Konstruktion erfolgte durch Erstellung eines vollständigen 3D-Modells zur Visualisierung und Kollisionsprüfung. Ein besonderes Hauptaugenmerk wurde auf die Bemaßung im Grundriss und die Winkel und Verschneidungen, sowie der eindeutigen Markierung der Innen- und Außenecken gelegt. Alle relevanten Maße mussten exakt verortet werden. Die Bemaßung der Gehrungen und Kantverläufe, insbesondere an den Außenecken und Übergängen wurde exakt bestimmt. Um der Funktionsweise der vorgehängten hinterlüfteten Fassade nicht zu schaden, wurde der Hinterlüftungsverlauf genauestens geplant und die Positionen der Zu- und Abluft genau dokumentiert. Damit wird die Durchlüftung – auch an den Verschneidungen vorbei – sichergestellt.
Eine besondere Herausforderung des Fassadenprojekts war die Planung der Untersichten bei den dreieckigen Bauteilbereichen und auch die Beachtung des einheitlichen Rasterbildes bei sichtbaren Befestigungen. Das optische Raster musste durchgängig, sprich in einer Linie – auch bei Plattenstößen – durchgeführt werden. Übergänge zu WDVS-Anschlüssen mussten sauber gelöst werden und Unebenheiten des Vollwärmeschutzes aufnehmen. Das Gefälle der Entwässerung (5 Grad) und die Wasserdichte bei den Übergängen zur Fensterbank und Attika, sowie beim obersten Geschoss der Geländeranschluss mussten sichergestellt werden.
Damit die Montage vor Ort reibungslos funktionieren konnte, war eine Vorab-Montageabstimmung und frühzeitige Kommunikation mit dem Montage-Team über die einzelnen Montageschritte, deren Reihenfolge und Anschlüsse notwendig. Im Rahmen dieses engen Austauschs mit den Monteuren war es möglich, potenzielle Probleme in der Ausführung zu erkennen und diesen bereits in der Planungsphase frühzeitig entgegen zu steuern.
(bt)

Eine besondere Herausforderung des Fassadenprojekts war die Planung der Untersichten bei den dreieckigen Bauteilbereichen.
Eine besondere Herausforderung des Fassadenprojekts war die Planung der Untersichten bei den dreieckigen Bauteilbereichen. © ICC Fassaden GmbH