Sanierungsgipfel

“Wir sind viele”: Gemeinsam den Gebäudebestand transformieren

Wie gelingt die Transformation des Gebäudebestands in Österreich? Diese Frage stand im Zentrum des ersten österreichischen Sanierungsgipfels am 20. Mai 2025 in Wien. Am Ende eines informativen und diskussionsreichen Tages stand fest: "Wir wollen alle das Gleiche". Daran wird jetzt gemeinsam gearbeitet.

Am 20. Mai 2025 versammelten sich Vertreter*innen von 24 Verbänden und Organisationen zum ersten österreichischen Sanierungsgipfel in Wien. Organisiert wurde er von der IG Lebenszyklus Bau und Renowave.at in Zusammenarbeit mit der Bundeskammer der Ziviltechniker*innen. Ziel der ganztägigen Veranstaltung war es, Lösungen für die Transformation des Gebäudebestands in Österreich zu finden, wobei ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte im Mittelpunkt standen. Unter dem Leitsatz “Gemeinsam den Gebäudebestand transformieren – wir sind viele” ging man ans Werk, um zentrale Herausforderungen und Lösungsansätze zu identifizieren.

Sanierung ist das Thema der Zukunft

Wolfgang Kradischnig, Vertreter der IG Lebenszyklus Bau, Delta, eröffnete die Veranstaltung mit der Feststellung, dass Sanierung ein zentrales Thema für die Zukunft sei, das in den kommenden Jahren intensiv behandelt werden müsse. Er betonte die Vielzahl an wertvollen Initiativen in Österreich, die jedoch nur dann Wirkung entfalten können, wenn sie gemeinsam und einheitlich kommuniziert werden. Die hohe Beteiligung der Verbände, die mehrere tausend Unternehmen vertreten, verdeutlicht die wirtschaftliche Relevanz des Themas.
Ulla Unzeitig von Renowave.at, einem Innovationslabor, das sich auf Sanierungen spezialisiert hat, wies darauf hin, dass der Fortschritt in diesem Bereich oft durch verschiedene Hindernisse gebremst wird. Sie betonte, dass es wichtig sei, diese Hindernisse sichtbar zu machen, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Daniel Fügenshuh, Präsident der Bundeskammer der Ziviltechniker*innen, hob die Rolle von innovationshemmenden Normen und Anforderungen hervor, die die Sanierung behindern. Er wies darauf hin, dass Österreich bereits vollständig bebaut sei und dass die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen oft zu Leerstand und Zersiedelung führen.

Advertorial
Der erste Sanierungsgipfel Österreichs brachte 24 Verbände und Organisationenzusammen, um gemeinsam die wesentlichen Hürden und Lösungsansätze zur Sanierung zu diskutieren. Die Initiator*innen (v. l.): Helene Konrad (IG Lebenszyklus Bau), Iris Kaltenegger (Renowave.at), Daniel Fügenschuh (Bundeskammer der Ziviltechniker*innen), Martin Aichholzer (ÖIAV), Inge Schrattenecker (ÖGUT, klimaaktiv Gebäude), Margot Grim (IG Lebenszyklus Bau, e7), Wolfgang Kradischnig (IG Lebenszyklus Bau, Delta), Ulla Unzeitig und Susanne Formanek (Renowave.at). © Sanierungsgipfel.at/Leo Hagen
Der erste Sanierungsgipfel Österreichs brachte 24 Verbände und Organisationen zusammen, um gemeinsam die wesentlichen Hürden und Lösungsansätze zur Sanierung zu diskutieren. Die Initiator*innen (v. l.): Helene Konrad (IG Lebenszyklus Bau), Iris Kaltenegger (Renowave.at), Daniel Fügenschuh (Bundeskammer der Ziviltechniker*innen), Martin Aichholzer (ÖIAV), Inge Schrattenecker (ÖGUT, klimaaktiv Gebäude), Margot Grim (IG Lebenszyklus Bau, e7), Wolfgang Kradischnig (IG Lebenszyklus Bau, Delta), Ulla Unzeitig und Susanne Formanek (Renowave.at). © Sanierungsgipfel.at/Leo Hagen

Sechs Herausforderungen und Lösungsansätze

Aus knapp 60 im Vorfeld kartierten Problemfeldern wurden schließlich sechs wichtige Herausforderungen identifiziert, die als Ausgangspunkt für die Bildung von verbandsübergreifenden Arbeitsgruppen dienen sollen. Diese Gruppen werden in den kommenden Monaten konkrete Maßnahmenvorschläge erarbeiten, um die identifizierten Probleme anzugehen – mit dem Ziel, gemeinsam auf Politik, Verwaltung und Wirtschaft zuzugehen und die Sanierung in Österreich voranzutreiben.

© Sanierungsgipfel.at/Leo Hagen
© Sanierungsgipfel.at/Leo Hagen

Identifizierte Herausforderungen und erste Lösungsansätze:

  1. Bodenverbrauch & Raumplanung: Der Flächenverbrauch in Österreich wächst schneller als die Bevölkerung, was zu einem Missverhältnis führt. Dies hat auch Auswirkungen auf die Selbstversorgung mit landwirtschaftlichen Produkten aus Österreich.
    Lösungsansatz: Einführung ökologischer Lenkungsinstrumente, wie eine Grundsteuerreform, differenzierte Steuersätze für unbebaute Grundstücke oder eine Verkehrserregerabgabe.
  2. Fehlender Auftrag für Hausverwaltungen: Hausverwaltungen spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen im mehrgeschossigen Wohnbau. Die Willensbildung in Wohnungsgemeinschaften ist jedoch oft komplex und kostenintensiv.
    Lösungsansatz: Anreizsysteme, Schulungen und Dialogformate, um Hausverwaltungen als Partner für klimafitte Sanierungen zu gewinnen.
  3. Fehlende wirtschaftliche Anreize für Sanierung: Die rechtlichen Rahmenbedingungen machen Sanierungen, insbesondere im preisgedeckelten Mietsegment, oft unrentabel.
    Lösungsansatz: Reform des Richtwertsystems unter Berücksichtigung energietechnischer und baulicher Qualitätskriterien, um gezielte Investitionen zu ermöglichen.
  4. Investitionen scheitern an Liquidität und langen Abschreibungsfristen: Geringe Abschreibungssätze bremsen Investitionen und hemmen die Dynamik bei Sanierungen.
    Lösungsansatz: Einführung flexiblerer und kürzerer Abschreibungszeiträume, gekoppelt an Nachhaltigkeitskriterien.
  5. Fehlende Daten und unklare Nachhaltigkeitsziele: Wichtige Informationen – etwa zum energietechnischen Zustand von Gebäuden – sind unvollständig oder nicht vergleichbar, da die Umsetzung nationaler Vorgaben auf Länderebene stagniert. Benchmarks als Leitplanken und klare Definitionen für eine ganzheitliche Betrachtung fehlen.
    Lösungsansatz: Aufbau von Daten der Errichtung und der Nutzung, um Einsparungsziele festlegen zu können. Koordinierte Datenerhebung und neue Datenerhebungsformate zwischen Bund, Ländern und Gemeinden für klare Definitionen.
  6. Blockierende Gesetze: Sanierungsmaßnahmen scheitern häufig an starren gesetzlichen Vorgaben oder Eigentumsverhältnissen.
    Lösungsansatz: Prüfung und Anpassung relevanter Gesetze wie MRG, WEG und ABGB zur Ermöglichung notwendiger Sanierungsmaßnahmen.

Zu diesen Themen werden sich in den kommenden Monaten verbandsübergreifende Arbeitsgruppenbilden, die die Grundlage für einen detaillierten Themen- und Maßnahmenkatalog erarbeiten.
(bt)

Redaktion Handwerk + Bau

Die Redaktion von Handwerk und Bau vereint erfahrene Journalist:innen und Expert:innen aus der Bau- und Handwerksbranche. Mit fundiertem Fachwissen und einem Gespür für aktuelle Trends informieren wir Sie über Neuheiten, innovative Technologien und bewährte Techniken. Unser Ziel ist es, Sie mit praxisnahen Tipps und tiefgehenden Analysen bei Ihren Projekten zu unterstützen.