CO2-Emissionen
Gute Nachricht aus dem Norden
Die schwedische Hafenstadt Helsingborg hat es vorgemacht. Die Stadt beschloss 2018 zwei neue Wohnquartiere zu errichten. Das Besondere: Die CO2-Emissionen sollten beim Bau deutlich unter dem üblichen Maß liegen. Die beiden Anlagen sind mittlerweile fertigstellt. Das Ergebnis: Die Treibhausgase konnten tatsächlich halbiert werden.
Für Ida Karlsson sind die beiden Wohnanlagen in Helsingborg ein anschauliches Beispiel dafür, was sich schon heute in der Bauwirtschaft erreichen lässt. "Mit bestehenden Technologie kann man rund 50 Prozent der CO2-Emissionen reduzieren", so Karlsson. "Wenn man diese Technologien noch weiter verbessert, ist mittelfristig sogar eine Reduktion von 60 bis 70 Prozent möglich." Im Jahr 2045, so Karlsson weiter, könne das Netto-Null-Ziel erreicht werden. Dazu sei es aber zusätzlich notwendig, neue Technologien zu entwickeln.
Karlsson arbeitet an der Mistra Carbon Exit and Chalmers University in Göteborg. Bei Mistra Carbon Exit handelt es sich wiederum um eine Stiftung für strategische Umweltforschung, die das schwedische Carbon Exit-Forschungsprogramm finanziert. Karlsson ihre Kolleginnen und Kollegen suchen nach Potenzialen in Technik, Wirtschaft und Politik, mit denen sich das Klima-Ziel Schwedens erreichen lässt. Bis 2045 strebt das skandinavische Land beim CO2 die Netto-Null-Emission an.
Clevere Anreize
Karlsson befasst sich mit der Analyse von Lieferketten – "vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt, inklusive Energiebedarf bei Produktion und Transport." Das Beispiel aus Helsingborg zeigt ihrer Ansicht nach anschaulich, wie weit man jetzt schon kommen kann, wenn man an den richtigen Hebeln zieht.
Die Verantwortlichen der Stadt beschlossen, bei der Ausschreibung, gezielt Anreize für die Bauunternehmen zu setzen: Die Angebote wurde zu 80 Prozent nach dem Preis, zu 20 Prozent aber nach den Klimaauswirkungen bewertet. Zudem überließ man den Baufirmen einen großen Spielraum bei der Wahl der Materialien, der Methoden und der Ausführungszeit.
"Das ist ganz entscheidend. Man muss den planenden und ausführenden Unternehmen Anreize setzen, nachhaltig zu denken", meint Karlsson. Ein wirksamer Ansatz zum CO2-Sparen bestehe in einer schlanken Bauweise, für die weniger Material benötigt werde. "Dafür ist es aber notwendig, mehr Zeit und Aufwand in die Planung zu investieren, anstatt Standardlösungen zu wählen", so Karlsson weiter. Das kann sich auch wirtschaftlich lohnen. Bei der Ausschreibung in Helsingborg setzte sich jedenfalls die Baufirma NCC durch – sie bot den niedrigsten Preis aber auch geringsten CO2-Fussabdruck. Laut den Mistra-Experten kann durch intelligente Planung rund ein Drittel des Einsparungspotenzials von 50 Prozent realisiert werden.
Ein weiteres Drittel entfällt auf die Wahl der verwendeten Materialien. "Hier ist vieles möglich", so Karlsson. Die Palette reiche von recycelten Materialien, über gebrauchte Produkten wie Fenstern, Türen oder Ziegeln, die man wiederverwenden kann, bis zu CO2-reduziertem Beton. Beim Bau der Häuser in Helsingborg verwendete NCC zum Beispiel zementreduzierten Ortbeton, der 40 Prozent Schlacke aus der Eisenindustrie enthält.
Das letzte Einsparungs-Drittel orten die Forscher von Mistra in einer Kombination von verschiedenen Effekten: Welche Materialien verwenden die Hersteller der verwendeten Produkte? Mit welchen Energiequellen – nachhaltig oder fossil – produzieren sie? Und wie energie- und damit CO2-intensiv ist der Transport dieser Produkte?