Baumaschinen

Kooperation und Digitalisierung für Erfolg im Spezialtiefbau

05.11.2025

Spezialtiefbau ist das wortwörtliche Fundament vieler Bauprojekte. Doch die Branche steht vor vielen Herausforderungen - Kostendruck, Fachkräftemangel, Digitalisierung und Nachhaltigkeitsanforderungen verändern den Markt schneller, als viele Unternehmen lange gewohnt waren.

Die heimische Bauwirtschaft litt in den vergangenen Jahren an einem massiven Einbruch, inzwischen mehren sich allerdings die Zeichen für eine Erholung. Eine wichtige Rolle dabei spielt der Spezialtiefbau. Infrastrukturmaßnahmen, wie beispielsweise Tunnelbau-Projekte (etwa Semmering- und Koralm-Tunnel) und auch der Ausbau der Eisenbahnnetze sorgen für eine stabile Auftragslage im Spezialtiefbau. „Investitionen in die Infrastruktur sind teils unvermeidbar, etwa beim Straßen- und Bahnnetz oder auch bei der Kanalisation, womit im Tiefbau immer Aufträge vorhanden sein werden“, betont Hagen Luckert, Geschäftsführer Infina Credit Broker, in seiner Analyse „Bauwirtschaft Österreich 2025“.
Derartige Projekte schaffen demnach eine stabile Basis für Unternehmen, die dadurch Planungs- und Ausführungsvolumen über mehrere Jahre hinweg erhalten. Gleichzeitig steigen aber die Baukosten deutlich. Der Baukostenindex für Wohnhaus- und Siedlungsbau lag beispielsweise laut Statistik Austria im August 2024 um 4,3 Prozent über dem Vorjahresmonat. Auch im Straßenbau (+3,4 Prozent), Brückenbau (+3,0 Prozent) und Siedlungswasserbau (+3,6 Prozent) waren die Kosten im selben Zeitraum signifikant höher.
Die Kostensteigerungen kommen gerade bei Spezialtiefbauprojekten besonders stark zum Tragen, da Materialien wie Beton und Stahl, Transport sowie Energie einen großen Anteil der Kosten ausmachen. Durch die angespannte Kosten- und Projektsituation konsolidiert sich indes auch die Branche verstärkt, ein gutes Beispiel dafür ist die Übernahme von Bauer Spezialtiefbau durch Züblin Spezialtiefbau (Teil der Strabag Gruppe, Anm. d. Red.). Die Akquisition wurde im Mai 2025 (siehe Seite XYZ, Produkt- & Projekt-News) abgeschlossen und zielt darauf ab, Kompetenzen zu bündeln.
„Diese Übernahme ist ein wichtiger Schritt innerhalb unserer Wachstumsstrategie. Durch den Zusammenschluss mit Bauer Spezialtiefbau Österreich können wir unser Know-how im Bereich der Errichtung von Pfählen vertiefen und wir freuen uns sehr, das neue Team nun in unseren Reihen begrüßen zu dürfen“, erklärte Reinhard Kerschner, Vorstandsmitglied von Züblin anlässlich der Übernehme. „Wir haben uns aus strategischen Gründen dafür entschieden den Spezialtiefbau in Österreich nicht weiterzuverfolgen und haben daher für unser Unternehmen und die Menschen eine gute Lösung gesucht. Diese haben wir mit Züblin gefunden und wünschen dem Team auch viel Erfolg für die Zukunft“, ergänzt Peter Hingott, Vorstand der Bauer AG.

Durch die Übernahme von Bauer Spezialtiefbau baut die Strabag-Tochter Züblin laut eigenen Angaben die bestehenden Kompetenzen weiter aus und bündelt das Angebot für Kund*innen in Österreich.
Durch die Übernahme von Bauer Spezialtiefbau baut die Strabag-Tochter Züblin laut eigenen Angaben die bestehenden Kompetenzen weiter aus und bündelt das Angebot für Kund*innen in Österreich. ©Züblin Spezialtiefbau GmbH

Bauen unter extremen Bedingungen

Zudem stellen die geologischen Besonderheiten Österreichs den heimischen Spezialtiefbau vor spezifische Herausforderungen. Alpine Gelände erfordert beispielsweise vielfach Hangsicherungen und Felsgründungen unter extremen Bedingungen. Gleichzeitig müssen in den Flusstälern und Beckenlagen häufig wechselhafte Bodenverhältnisse mit hohem Grundwasserspiegel bewältigt werden.
In urbanen Räumen kommen weitere Herausforderungen dazu, so lassen beengte Platzverhältnisse in dicht bebauten Innenstädten oft nur den Einsatz kompakter Spezialmaschinen zu. Die Nähe zu bestehender Bebauung erfordert erschütterungsarme oder erschütterungsfreie Verfahren wie Einpressbohrungen statt Rammpfählen. Zudem müssen historische Bausubstanzen und auch archäologische Fundstellen berücksichtigt werden, was zusätzliche Planungs- und Ausführungskomplexität mit sich bringt. Die Ausführungsgeschwindigkeit wird dabei zu einem zunehmend kritischen Faktor. Bauherren fordern kürzere Bauzeiten, während gleichzeitig die technischen und regulatorischen Anforderungen steigen.
Ein wichtiger Hoffnungsschimmer der Branche ist die verstärkte Nutzung digitaler Werkzeuge, die dabei helfen, Kostenrisiken und Fehlerquellen zu reduzieren. Building Information Modeling (BIM), Echtzeit-Sensorik und digitale Bohrprotokolle sind Teil solcher Entwicklungen. Während aber Großunternehmen verstärkt in BIM-Systeme und digitale Baustellendokumentation investieren können, arbeiten kleinere und mittlere Betriebe noch weitgehend konventionell. Der Grund dafür liegt nicht nur in den Kosten für die Implementierung von Building Information Modeling-Lösungen, sondern auch darin, dass Schulungen und Prozessanpassungen Ressourcen benötigen, die in wirtschaftlich angespannten Zeiten fehlen.

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Technische Herausforderungen

Maschinensteuerungssysteme mit GPS-Unterstützung sind bei modernen Geräten zwar oft verfügbar, deren Präzision hängt allerdings stark von den örtlichen Gegebenheiten ab. In dicht bebauten urbanen Bereichen oder in Tälern kann etwa die Satellitenabdeckung eingeschränkt sein. Und auch die Integration verschiedener Systeme unterschiedlicher Hersteller bleibt bislang eine wesentliche technische Herausforderung. Teilautonome Bohrgeräte befinden sich wiederum noch im Entwicklungsstadium. Einzelne Prototypen existieren zwar bereits, ein flächendeckender Einsatz ist aber noch für längere Zeit nicht absehbar. Zudem kommt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für autonome Baumaschinen noch ungeklärt sind, ebenso wie Haftungsfragen.
Sensorbasiertes Monitoring hat sich hingegen bei anspruchsvollen Projekten bereits durchgesetzt. Die Echtzeitüberwachung von Baugrubenverformungen und Grundwasserdrücken erhöht die Sicherheit, allerdings erfordert die Auswertung der Datenflut qualifiziertes Personal. Digitale Zwillinge, die das Bauwerk vollständig abbilden, kommen wiederum aufgrund der Kosten vorwiegend nur bei Großprojekten zum Einsatz. Die mittelfristigen Perspektiven für den Spezialtiefbau hängen zudem maßgeblich von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab. Prognosen gehen für 2025 von einer leichten Stabilisierung aus, eine deutliche Erholung ist jedoch nicht absehbar. Die Zinsentwicklung bleibt der entscheidende Faktor für die Bautätigkeit im privaten Sektor. Im Tiefbau seien außerdem staatliche Aufträge besonders wichtig, verweist Luckert. „Dabei ist nicht ausschließlich an den sehr bedeutenden Straßenbau zu denken, sondern etwa auch an Baumaßnahmen zur Verlegung von Glasfaser-Kabeln.“
Das Segment Bestandssanierung wächst indes zwar, allerdings oft mit kleineren Auftragsvolumina als im Neubau. Unterfangungen und Kellerabdichtungen sind personalintensiv und wenig automatisierbar, die Margen deutlich begrenzt. Ähnliches gilt für erneuerbare Energien. Diese schaffen zwar punktuell Aufträge – beispielsweise Fundamente für Windkraftanlagen, Gründungen für größere Solarparks – das Gesamtvolumen dieser Projekte bleibt jedoch überschaubar.

Investitionen im Millionenbereich

Angesichts der Zunahme von Naturkatastrophen in den letzten Jahren wird über Themen wie Hochwasserschutz und Klimawandelanpassung zwar breit – und oft politisch – diskutiert, die Umsetzung in konkrete Bauaufträge erfolgt allerdings oft verzögert und abhängig von öffentlichen Budgets, die immer stärker unter Druck stehen. Dass hier in absehbarer Zeit Investitionen im Millionenbereich fließen, ist zwar durchaus möglich, aber keineswegs gesichert. Zudem entwickeln sich die regulatorischen Rahmenbedingungen kontinuierlich weiter und stellen die Branche vor weitere Herausforderungen. Verschärfte Umweltauflagen, beispielsweise bei Lärmemissionen und Grundwasserschutz, erfordern Investitionen in moderne Technik. Auch die Arbeitssicherheitsvorschriften werden strenger, verursachen gleichzeitig aber erhöhten Dokumentations- und Schulungsaufwand.
Aus der Branche kommt der Wunsch nach mehr Planungssicherheit und realistischeren Zeitvorgaben bei öffentlichen Ausschreibungen. Zu knappe Ausführungsfristen zwingen zu Mehrschichtbetrieb und Ressourcenüberlastung, womit weder der Qualität noch der Wirtschaftlichkeit gedient ist. Auch eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Vergabeverfahren auf Bundes- und Landesebene würde administrative Lasten reduzieren. Gerade die Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich nachhaltiger Spezialtiefbau-Verfahren wird von vielen als notwendig erachtet. Pilot- und Demonstrationsprojekte, bei denen innovative Technologien unter realen Bedingungen erprobt werden können, könnten den Innovationsdruck mindern und den Transfer von der Forschung in die Praxis beschleunigen.
Ein großes Problem ist der Branche ist aktuell allerdings der auch in anderen Branchen vorherrschende Fachkräftemangel. Ob Bohrgeräteführer*in, Bauleiter*in oder geotechnische Ingenieur*innen – qualifiziertes Personal ist aktuell kaum zu finden. Das liegt unter anderem daran, dass viele erfahrene Fachkräfte in Pension gehen und ersetzt werden müssen. Die Unternehmen reagieren darauf mit eigenen Ausbildungsinitiativen, Kooperationen mit Fachschulen und gezielter Mitarbeiterbindung. Gleichzeitig steigt die Bedeutung internationaler Fachkräfte. Unternehmen, die attraktive Arbeitsbedingungen, Weiterbildung und moderne Technik bieten, haben dabei im Wettbewerb deutliche bessere Chancen. Zudem beeinflusst der Personalmangel die Innovationsfähigkeit – Digitalisierung, Automatisierung und BIM erfordern neue Qualifikationen, die noch nicht flächendeckend vorhanden sind. Ohne gezielte Ausbildungsoffensiven in diesem Bereich droht der österreichische Spezialtiefbau, technologisch den Anschluss zu verlieren.

Technische Herausforderungen und Innovationsdruck

Der Spezialtiefbau hat sich in den letzten Jahrzehnten technologisch stark entwickelt, die Anforderungen steigen allerdings ständig weiter. Besonders in engen innerstädtischen Baugruben sind maßgeschneiderte Lösungen gefragt, bei alpinen Projekten wiederum geotechnisches Know-how und Spezialgeräte.
Die Herausforderungen liegen dabei zunehmend im Zusammenspiel von Technik, Logistik und Planung. Digitale Werkzeuge – etwa 3D-Modelle, Baugrundsimulationen oder Bohrdatenanalyse in Echtzeit – gewinnen dementsprechend an Bedeutung. Die Implementierung solcher Systeme ist allerdings noch längst nicht flächendeckend erfolgt, zahlreiche Unternehmen arbeiten noch mit klassischen Planungsstrukturen, BIM-basierte Planung und Dokumentation kommen noch selten zum Einsatz.
Dabei eröffnen sich mit den digitalen Möglichkeiten viele Vorteile, etwa präzisere Mengenermittlung, bessere Abstimmung zwischen Planern und Ausführenden, höhere Kostentransparenz und optimierte Ausführungszeiten. Gerade bei komplexen Projekten mit hohen Sicherheitsanforderungen – etwa bei U-Bahn-Bauten oder der Sanierung historischer Stadtbereiche – ist das Potenzial enorm.
Auch im Bereich der Gerätetechnik schreitet die Entwicklung massiv voran. Moderne Bohrgeräte sind heute mit automatisierten Steuerungen, energieoptimierten Hydrauliksystemen und Datenlogging ausgestattet, die präzise Steuerung und Nachvollziehbarkeit ermöglichen.