Facelift vom Feinsten

Fassade
11.08.2023

Nach der Fassade ist vor der Fassade: Eine dermatologische Frischzellenkur für ein Gebäude, die ein eigenes Fundament braucht, klingt zunächst kompliziert. Ist es aber nicht, denn der Aufwand ist gut investiert.
Rubner Holzbau Fassade

Wie so oft, kommt es auch bei der Nachhaltigkeit nicht immer nur auf das Was, sondern auch auf das Wie an. Eine ökonomisch-ökologische Bauweise kann nur dann den ambitionierten Zielen entsprechen, wenn sie bestimmte Regeln und Grundsätze einhält – sowohl das Material als auch die Umsetzung betreffend. So geht es vor allem bei energetischen Sanierungen neben der grundsätzlichen Weiternutzung der Bausubstanz darum, Werte zu erhalten, den Energieverbrauch eines Gebäudes deutlich zu reduzieren und idealerweise großteils oder am besten ganz auf Neugebautes zu verzichten. Die Herausforderung ist groß, aber der Effekt eben auch.

Rubner Holzbau Fassade Detail
180-Grad-Wende: Die Gesamtschule mit neuer Fassadenstruktur ist nicht nur äußerlich, sondern auch energietechnisch nicht wiederzuerkennen.

Naturgemäß
Als unverzichtbaren Beitrag zu einem aktiven Klimaschutz und für die Erreichung der Klimaschutzziele sieht das auf Holzbau spezialisierte Familienunternehmen Rubner Group, und das berechtigt, denn die größte CO₂-Bindung und damit verbunden ein erhebliches Einsparungspotenzial erfolgt im Bauwesen: Jeder Kubikmeter verbautes Holz speichert den Kohlenstoff aus einer Tonne CO₂ und substituiert zudem CO₂ aus den meist energieaufwändig hergestellten, nicht nachwachsenden Baustoffen, die ansonsten zum Einsatz gekommen wären. Ein fundamentaler Aspekt, wenn bis 2050 die jährlichen Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent gesenkt werden sollen.

Schönheitskur im Bestand
Nach der Umsetzung der energetischen Sanierung der Grundschule der Stadt Treuchtlingen in Form einer vorgefertigten, großformatig elementierten, selbsttragenden Holz-Systemfassade mit Fassaden­elementen von 13 mal 4,25 Metern, die der bestehenden Stahlbetonskelettkonstruktion des Bestandsbaues vorgehängt wurden, wurde Rubner Holzbau mit Sitz in Augsburg für die energetische Fassadensanierung der Wollenberg Gesamtschule aus den 1970er-Jahren im hessischen Wetter beauftragt. Der Zeitrahmen für die Gebäudehülle als Pfosten-Riegel-Fassade inklusive Sonnenschutz, Bekleidung, Lüftungselementen und Türen war sehr ambitioniert, aber dank des hohen Vorfertigungsgrads der Fassa­denelemente und der detaillierten Vorplanung für eine präzise Abstimmung aller Gewerke konnte alles pünktlich fertiggestellt werden – und die Fassade erfüllt heute den Passivhausstandard.

Schule gemacht
Mit diesen Erfahrungen nahm Rubner Holzbau schließlich einen weiteren Auftrag für eine Schulsanierung in Niederwalgern an, diesmal mit einer Hürde mehr, denn die optische und energetische Aufwertung musste während des laufenden Schulbetriebes vonstattengehen. Auch hier war die architektonische Ausgangslage ähnlich wie in Wetter: Zwei viergeschoßige Betonskelettbauten aus den 1970er- Jahren sollten eine neue komplette Gebäudehülle in Holzbauweise erhalten, mit der Auflage, die lärm- und erschütterungsintensiven Arbeiten in die Pausenzeiten zu verlegen. Ziel war es, das Gebäude mit einer Mediathek und einer Aufstockung zu erweitern, optisch aufzuwerten und gleichzeitig die Gebäudetechnik auf den neuesten Stand und den Energieverbrauch mit passivhaustauglichen Komponenten unter das gesetzliche Niveau zu bringen.

Rubner Fassade Fundament
Sichtbar unsichtbar: Rubner baut eine Fassade auf einem eigenen Fundament, hinter der die eigentliche ­Sanierung stattfindet.

Mit Werkstattbedingungen
Umgesetzt werden konnte dieses nicht gerade unkomplizierte Bauvorhaben nur durch eine werkseitige Vorfertigung aller Bauelemente inklusive CNC-Abbund und Integration der Haustechnik unter optimalen klimatischen und technischen Bedingungen. Im Vorfeld wurden die bestehenden Fassadenriegel aus Stahlbeton demontiert, wobei die nach innen versetzten Alu-Fenster noch belassen und erst nach Errichtung der neuen Fassade entfernt wurden. Parallel dazu entstanden im österreichischen Rubner-Werk Ober-Grafendorf die neuen Fassadenelemente mit eingebauten Festverglasungen und Fenstern – damit waren die Module vorbereitet, um rasch und präzise auf der Baustelle verbaut werden zu können. Zuvor mussten jedoch noch die eigenen Fundamente für die neuen Fassaden errichtet werden, um die vertikalen Lasten der selbsttragenden Gebäudehülle, die direkt vor den Beton-Bestandsfassaden hochgezogen wurde, abzutragen. Um die horizontalen Lasten aufzunehmen, wurden zusätzliche Stützen aus Brettschichtholz an die vorhandenen Stahlbetonstützen montiert. Damit konnten Toleranzen von bis zu sieben Zentimeter aufgefangen werden.

Fassade von Rubner Holzbau

Ganz schön ausgeklügelt
Das Besondere an diesem System ist, dass es als eigenständige statische Konstruktion konzipiert ist. So wurde das Wandelement für die hinterlüftete Fassade in Holzrahmenbauweise mit verschiedenen Aufbauten ausgeführt. Der darin integrierte Hohlkastenträger wurde aus statischen Gründen beidseitig mit OSB-Platten beplankt, die großflächigen Glasfassaden wurden als Pfosten-Riegel-Elemente integriert. Neben dem statischen Spagat erfüllt die passivhaustaugliche Pfosten-Riegel-Fassade mit einem Ucw-Wert von 0,8 W/m²K die hohen energetischen Anforderungen an den Wärmeschutz. Im Gegenzug ist mit elektrisch betriebenen Raffstores, die in die Fassa­denelemente eingearbeitet sind, für sommerlichen Hitzeschutz und Verdunkelung der Räume gesorgt.

Leben und leben lassen
Mit dieser Methode, die neuen Elemente komplett vor die vorhandene Fassade zu bauen, ist es Rubner Holzbau gelungen, mit einer eigenen vorgesetzten Schale die Eigenschaften der Schulgebäude zu optimieren ohne den Bestand, der in fast allen Fällen wenig belastbar war, zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Fassadenstruktur mit all ihren Öffnungen wurde vom Bestand übernommen, um keine weiteren Umbaumaßnahmen zu erfordern. Einzig müssen einige Innenwände zur neuen Fassade hin ergänzt werden. Der wesentlichste Punkt war die minutiöse Vorbereitung, um dieses Projekt so abwickeln zu können: Die Ingenieurholzbau-Spezialisten von Rubner in Augsburg erarbeiteten in Abstimmung mit den Planern das Fertigungs- und Montagekonzept, verantworteten die Produktion, den Transport aller Bauelemente mit nur 13 Lkw-Fuhren sowie die Montage der kompletten Gebäudehülle.

Branchen
Bau Dach + Wand