Schallschutz in der Gebäudetechnik
Störende Geräusche aus haustechnischen Anlagen können vielfältige Ursachen haben. Schuld daran sind entweder nicht fachgerecht ausgeführte Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen oder unzureichend gedämmte Rohrleitungen und Armaturen, die wegen fehlender Schallentkopplung einen unmittelbaren Kontakt zum Baukörper herstellen.

Wie jeder von uns aus eigener Erfahrung weiß, hat Lärm erhebliche negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere Lebensqualität. Angesichts der vielfältigen Geräuschquellen, denen wir heutzutage ausgesetzt sind, ist das Thema Schallschutz bei der Planung und Konstruktion von Gebäuden wichtiger denn je. Besonders in bauphysikalischer Hinsicht spielt neben einer hochwertigen Fassadendämmung und guten Fensterisolierung eine fachmännische Installation von haustechnischen Anlagen eine zentrale Rolle. Andernfalls können etwa akustische Schwachstellen in den Rohrleitungen, die sich durch lautes Rauschen bei der Toilettenspülung oder durch nervige Knackgeräusche in den Heizkörpern bemerkbar machen, die Behaglichkeit in den eigenen vier Wänden sehr rasch schmälern. „Fachplaner und Installateure sollten daher ein grundlegendes Verständnis für zukunftsfähige Anforderungen und konstruktive Zusammenhänge entwickeln, um effektive Lösungen für den Schallschutz zu erarbeiten“, sagt Schallschutzexperte Heinz Ferk, der das Labor für Bauphysik an der TU Graz leitet. „Eine zukunftstaugliche Planung erfordert ein tiefgreifendes Verständnis der Physik des Schalls, der Schallausbreitung, des Bauteilverhaltens und der potenziellen Schwachstellen.“
Schallschutzprobleme in der Haustechnik
Installationsgeräusche bei der Abwasserentsorgung entstehen hauptsächlich durch Wirbel im hinabfließenden Wasser („Strömungsgeräusche“) und durch Umlenkungen in Abzweigen oder Bögen („Prallgeräusche“). Während Strömungsgeräusche im hohen Frequenzbereich liegen, sind Prallgeräusche dagegen im tiefen Bereich zu verorten – hier kann bereits eine geringfügige Überschreitung der Wahrnehmungsschwelle zu einer Belästigung führen, zumal sich Geräusche tiefer Frequenzen über große Entfernungen hinweg ausbreiten. In der Fachwelt wird dabei standardmäßig zwischen Luft- und Körperschall unterschieden: Die Verwirbelung des Abwasser-Luft-Gemischs bei hinabströmendem Wasser versetzt die Rohrwand in Schwingungen und strahlt als Luftschall hörbar vom Rohr ab. Ein Teil dieser Schwingungen wird über ungedämmte oder unzureichend gedämmte Rohrleitungen und Rohrschellen in die Installationswand und von dort in angrenzende Räume als Körperschall übertragen. Für einen effektiven Schallschutz in der Installation ist es deshalb zwingend erforderlich, sowohl den Körperschall als auch den Luftschall zu berücksichtigen.
Installationen vom Baukörper akustisch entkoppeln
Um die Schallausbreitung im Gebäude so gering wie möglich zu halten, müssen sämtliche Baubeteiligten und SHK-Installateure intensiv zusammenarbeiten. Dies umfasst die Konzeption und Dimensionierung des Gebäudekörpers inklusive Grundrissgestaltung und Raumanordnungen, die Auswahl geeigneter Baustoffe und die Ausprägung von Wänden und Decken. Haben tragende Innenwände beispielsweise keine ausreichenden Schalldämmwerte, können gesetzliche Normen und Schutzziele – auch bei Verwendung von modernsten Komponenten der technischen Gebäudetechnik – nur schwer erreicht werden. Das gilt insbesondere für Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, wenn erhöhte Anforderungen an den Schallschutz auf alte Bausubstanz treffen. Mit zeitgemäßen Lösungen lassen sich inzwischen jedoch sehr gute Ergebnisse erzielen, in dem die haustechnischen Installationen vom Baukörper akustisch entkoppelt werden. Voraussetzung dafür ist allerdings eine innovative Systemtechnik mit aufeinander abgestimmten Komponenten – vor allem bei schallgedämmten Entwässerungssystemen.
Eine realitätsnahe akustische Berechnung von Schallpegeln ist bei der Planung der technischen Gebäudeausrüstung unverzichtbar geworden. Julian Rehnen
Systemakustik mittels Schallschutzsoftware berechnen
So ermöglicht das hochschalldämmende Premium-Schallschutzrohr AS+ des deutschen Kunststoffrohrspezialisten Wavin dank mineralverstärktem Polypropylen und dreilagigem Rohraufbau eine überdurchschnittlich hohe Schallabsorption, berichtet der für die DACH-Region zuständige Produktmanager Julian Rehnen und verweist gleichzeitig auf eine weitere Unternehmensinnovation: „Eine realitätsnahe akustische Berechnung von Schallpegeln ausgelegt für unterschiedliche Raumgrößen ist bei der Planung der technischen Gebäudeausrüstung unverzichtbar geworden. Mit Hilfe unserer freizugänglichen Wavin SoundCheck Software können unsere Kunden schon vor der Erstellung ihres Bauvorhabens einschätzen, ob die gewählte Einbausituation den rechtlichen Schallschutzanforderungen entspricht oder welche Maßnahmen für die Erfüllung der Schallanforderungen am sinnvollsten sind.

Viel Sinn mache laut Rehnen aber auch die Kombination aus dem Premium-Schallschutzsystem AS+, der Wahl des Schellentypes und der Brandschutzmanschette BM-R90: „Alle genannten Systeme sind zu 100 Prozent kompatibel und auf einander zugeschnitten. Sie begünstigen daher eine möglichst effiziente, durch Systemprüfungen gesicherte und zeitsparende Installation.“
Rechtliche Verankerung von Schallschutz
Um einen effektiven Schallschutz zu gewährleisten, gelten hierzulande verschiedene Normen und Richtlinien, die eingehalten werden müssen. In Österreich sind etwa die Önorm B 8115-1 für den Schallschutz im Hochbau, die Önorm EN ISO 717-1 für den Luftschallschutz, die Önorm EN ISO 10140-2 für die Trittschalldämmung von Bodenkonstruktionen und die Önorm EN 12354-1 für die Bewertung des Schallschutzes von Gebäuden relevant. Zudem gibt es die OIB-Richtlinie 6, welche detaillierte Anforderungen und Empfehlungen für den Schallschutz und die Raumakustik in Gebäuden enthält. Diese Flut an Normen und Richtlinien gilt es bei der Planung und Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen in Österreich allesamt zu beachten, um sicherzustellen, dass ein angemessenes Maß an Schallschutz erreicht wird. Denn die häufigsten Entstehungsstellen von Geräuschen befinden sich nach wie vor in den Bereichen von Wand-, Boden- und/oder Deckendurchführungen oder werden nicht selten durch mangelhafte oder falsche Rohr- und Heizkörperbefestigungen verursacht.
Passive Schalldämpfer bei tiefen Audiofrequenzen?
Bei der Planung raumlufttechnischer Anlagen (RLT) für Neubauten oder bei Sanierungen nimmt der Schallschutz einen besonders hohen Stellenwert ein. Auch wenn hier der Drehklang des Ventilators in den meisten Fällen die dominierende Schallquelle darstellt, haben alle Einbaukomponenten von Klima- und Lüftungsgeräten – wie z.B. Wetterschutzgitter, Jalousieklappen, Wärmeübertrager, Kühler, Brandschutzklappen, Volumenstromregler, Lüftungsgitter, Deckenluftauslässe etc. – großen Einfluss auf den produzierten Raumschallpegel. Genauso wie der durch den Verkehrslärm an stark befahrenen Straßen erzeugte Schall von außen nicht über das Lüftungssystem ins Gebäude eindringen darf, muss auch die Schallübertragung zwischen den einzelnen Räumen eines Gebäudes begrenzt werden, so dass z.B. Gespräche nicht durch das Lüftungssystem im Nachbarraum zu hören sind. Um die Übertragung von Schall in Lüftungssystemen zu reduzieren, kommen zurzeit überwiegend passive Schalldämpfer mit porösem Absorptionsmaterial oder Helmholzresonatoren zum Einsatz. Laut Meinung vieler Raumakustikexperten sind allerdings passive Lösungen bei tiefen Audiofrequenzen oft nicht das Mittel der Wahl, da unverhältnismäßig große Schalldämpfer benötigt würden.
Aktive Schallschutzmodule machen Lüftungssysteme leiser
Um einen optimierten breitbandigen Wirkfrequenzbereich abzudecken und eine autonome Anpassung auf veränderliche Betriebsbedingungen zu ermöglichen, wurden kürzlich vom deutschen Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF aktive Schallschutzmodule (ANC) entwickelt, prototypisch umgesetzt und an einem Bürocontainer wissenschaftlich getestet. „Basierend auf dem Prinzip des aktiven Gegenschalls konnten die neuen kompakten ANC-Systeme störende Lüftungsgeräusche und Schalltransmissionen deutlich reduzieren und somit auch den Wohn- und Arbeitskomfort erhöhen“, erklärt der Leiter des LBF-Projektes ReinluftAkustik Jonathan Millitzer. Zukünftig sei auch eine Untersuchung der Skalierbarkeit des ANC-Konzepts geplant. „Wir möchten in absehbarer Zeit innovative Lösungsansätze für großformatige industrielle und kleinformatige Lüftungssysteme im Automotive-Bereich anbieten können.“
Schallemissionen bei Luft-Wasser-Wärmepumpen
Schallerzeugende Komponenten in Luft-Wasser-Wärmepumpen gibt es ebenfalls einige: Dazu zählen in erster Linie der Ventilator und Kompressor, doch auch das Gehäuse selbst und weitere Komponenten können störende Betriebsgeräusche verursachen. „Hier hilft ein kurzer Blick auf den Aufbau und die Struktur des Gehäuses“, empfiehlt Sebastian Albert, Leiter Produkt & Service Management bei Vaillant Deutschland. „Handelt es sich um dünnste, einfache Bleche, die lediglich mit wenigen Schrauben befestigt sind, reicht bereits ein prüfender Handgriff, ob sich das Gehäuse leicht in Schwingungen versetzen lässt.“ Insbesondere beim Hochfahren des Kompressors auf die benötigte Leistungsstufe können unerwünschte Schallemissionen entstehen. „Unsere Wärmepumpen fahren deswegen nur sehr langsam über einen Zeitraum von ca. zwei Minuten auf die volle Leistungsstufe“, erzählt Albert.
Was können Fachhandwerker*innen unternehmen, um Schallemissionen einer Wärmepumpe zu minimieren?
Eine ganze Menge!
Und was kann der installierende Fachhandwerker unternehmen, um die diversen Schallemissionen einer Wärmepumpe zu minimieren? Eine ganze Menge! Das beginnt mit dem Aufstellungsort und geht über die Montagefläche bis hin zu den Rohrleitungen. Entscheidend ist, schon bei der Planung die Gesamtsituation zu prüfen und mögliche akustische Probleme rechtzeitig anzusprechen und zu klären.
Bei allen gebäudetechnischen Anlagen wird raumakustisch zwischen Luft- und Körperschall unterschieden.
Körperschall wird vermieden bzw. reduziert, wenn
■ der Boden in der Lüftungszentrale aus einer Stahlbetonplatte besteht, schwimmend verlegt über einer mindestens zweilagigen Trittschalldämmung
■ Maschinenteile nicht kraftschlüssig mit Wänden, Stützen, Decken etc. verbunden sind
■ Maschinen und Geräte auf Schwingungsdämpfern federnd gelagert sind
■ Wand- und Deckendurchführungen mit einer Zwischenlage elastisch ausgebildet sind
■ die Verbindung zwischen Ventilator und Luftkanälen flexibel ausgebildet ist.
Luftschall wird vermieden bzw. reduziert durch
■ möglichst großen räumlichen Abstand der Zentralen, Außen- und Fortluftgitter von zu schützenden Räumen
■ die Ummantelung von sehr lauten Geräten
■ schallschluckende, -dämpfende und -dämmende Maßnahmen an den Wänden, Decken, Türen und Fenstern des Maschinenraums
■ günstige Kanalführung, schwere Elemente und große Querschnitte
■ Schalldämpfer im Kanal- bzw. Rohrleitungssystem (z.B. Resonanz-Schalldämpfer, Mineralwolle-Schalldämpfer, Rohr-Schalldämpfer, Telefonie-Schalldämpfer)