(R)Evolution im Hallenbau

Nachhaltigkeit
21.06.2013

Die Errichtung des neuen Büro- und Lagergebäudes für den Logistikspezialisten Schachinger läuft derzeit auf Hochtouren. Die Österreichische Bauzeitung warf einen ersten, exklusiven Blick hinter die Kulissen von Europas ­ökologischster Logistikhalle.

Es ist wahrscheinlich Europas größte Lagerhalle in ökologischer Bauweise, die im Moment gerade in Hörsching bei Linz – dem Stammsitz der Schachinger Logistik Holding – aus dem Boden gestampft wird. Knapp drei Monate nach dem Spatenstich am 4. März dieses Jahres sind die Rohbauarbeiten weitgehend abgeschlossen. Insgesamt nur knapp sechs Monate soll die Bauzeit des durchgehend in Holzbauweise auf Passivhausstandard errichteten Großprojekts in Anspruch nehmen. Eine logistische Herausforderung nicht nur für die projektbeteiligten Bauunternehmen, auch für den Bauherrn selbst, der bis Mitte September die neue Halle inklusive integrierten Bürotrakts in Betrieb nehmen will. Aber schließlich handelt es sich bei Schachinger auch nicht um einen gewöhnlichen Bauherrn, sondern um einen Effizienzspezialisten, der sich in den vergangenen 75 Jahren seit der Gründung des ersten Transportunternehmens durch Max Schachinger europaweit einen Namen als einer der führenden Branchenlogistiker gemacht hat.

Die effiziente Gestaltung von Arbeitsabläufen, ein zeit- und kostenoptimiertes Projektmanagement und letztendlich die termingerechte Lieferung zählen von jeher zu den Kernkompetenzen des traditionsreichen Familienunternehmens. Und so sieht Schachinger auch der geplanten Fertigstellung relativ entspannt entgegen – ebenso wie die Architekten: „Die Bauarbeiten schreiten zügig voran, sodass der Übergabe in wenig mehr als drei Monaten eigentlich nichts im Wege stehen sollte“, zeigt sich der projektverantwortliche Architekt Andreas Prehal von Poppe*Prehal Architekten mit dem Baufortschritt zufrieden.

Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung im nachhaltigen Planen und Bauen mit bereits zahlreichen realisierten Gewerbebauten wurde das Architektenteam rund um Andreas Prehal und Helmut Poppe mit der Planung und architektonischen Gestaltung des Schachinger-Vorzeigeprojekts beauftragt. „Ein Gebäude, das hoffentlich Schule machen und viele Nachahmer finden wird“, zeigt sich der Bauherr von seinem neuen Logistikstandort überzeugt. 

Mit gutem Beispiel voran 

Die Errichtung eines nachhaltigen „Leuchtturmprojekts“ – kurz LT 1 –, wie Schachingers ihren Neubau gern bezeichnen, war für die Unternehmerfamilie nicht Kür, sondern selbstauferlegte Pflicht. Mit mehr als 500 Mitarbeitern und Standorten in Österreich, der Slowakei, Tschechien und Ungarn, einer Gesamtlagerfläche von 200.000 Quadratmetern und einem Jahresumsatz von rund 180 Millionen Euro fokussieren sie ihre Ressourcen auf innovative, umweltverträgliche Logistiklösungen, die auf die unterschiedlichen Branchen maßgeschneidert sind.

Gleichzeitig hat sich die Unternehmerfamilie zum nachhaltigen Wirtschaften verpflichtet und die sogenannte Green Scorecard eingeführt, die als Führungs-, Planungs- und Kontrollinstrument für die ökologische Entwicklung des Unternehmens dienen soll. Für dieses Engagement wurde Schachinger Logistik im vergangenen Jahr mit dem Oberösterreichischen Landespreis für Umwelt und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die Errichtung eines vorbildlich nachhaltigen Logistikstandorts am Konzernsitz in Hörsching lag damit auf der Hand und war oberste Prämisse bei der Planung des Neubaus.

Ein Kubus mit Mehrwert 

Dem Anforderungsprofil entsprechend entwarfen Poppe*Prehal eine sowohl ökologischen als auch ökonomischen Zielen verpflichtete Logistikanlage. Notwendig wurde die bauliche Erweiterung durch die neue, enge Logistikkooperation mit dem Großkunden Metro, der Nummer eins unter den heimischen Abholgroßmärkten. 

In dem hölzernen Kubus des Neubaus verbirgt sich ein 14 Meter hohes Hochregallager auf einer Grundfläche von 10.000 Quadratmetern mit einer Lagerkapazität für zirka 20.000 Europaletten. Knapp 400 Tonnen Food- und Nonfood-Artikel werden nach der Inbetriebnahme hier täglich verladen. Zusätzlich findet auch noch das neue Büro von Schachinger mit insgesamt knapp 1.000 Quadratmetern Fläche auf drei Etagen Platz. Sowohl baulich als auch in Hinblick auf den Warenumschlag ist das Gebäude auf dem aktuellsten Stand der Technik. 

„Ziel in der Planung und Umsetzung war es, ein Logistikgebäude mit noch nie da gewesener Konsequenz in den Bereichen Bauökologie und Energieeffizienz zu realisieren“, beschreibt Prehal die Projektidee. Baulich umgesetzt wird dieser hohe Anspruch in Form eines durchgängig in Holz errichteten, kompakten Baukörpers unter Verwendung weitgehend ökologischer Baumaterialien und einer Energieversorgung, die auf der Nutzung des Grundwassers basiert. So wird beispielsweise der gesamte Holzbau – von der Tragkonstruktion über die Wandaufbauten und die Dachelemente bis hin zur Fassade – ausschließlich aus heimischen Hölzern errichtet. Selbst dort, wo statisch bedingt nicht der Baustoff Holz zum Einsatz kam, setzte das Planungsteam auf ökologische Alternativen. So wurde beispielsweise die Bodenplatte aus einem speziellen CO2-armen Beton gegossen.

Gar nicht hölzern

Ganz und gar nicht hölzern, sondern im Gegenteil sogar sehr elegant präsentiert sich der aktuelle Bauzustand: eine feingliedrige Holzkonstruktion, ein Skelett aus schlanken Stützen und weitgespannten Trägern, das nun Schlag auf Schlag geschlossen wird und mit jedem vollständigen Feld einen besseren Eindruck von den gewaltigen Dimensionen des künftigen Hallenbaus offenbart. Mit einem Achsabstand von 22 Metern tragen die Vollholzstützen aus Konstruktionsleimholz sowohl die Primärträger als auch die sekundäre Dachkonstruktion aus massiven Leimholzbindern im Achsmaß von fünf Metern.

Im Bereich der Lagerhalle werden die Stützenfelder mit einer Wandkonstruktion in Holzleichtbauweise geschlossen, ebenso auch die gesamte Dachfläche. Beim Büroeinbau kommen aufgrund des erhöhten Dämmvermögens schichtverleimte Massivholzplatten zum Einsatz. Für die maßgenaue Realisierung des innovativen Holzbaus zeichnet die MHB Holz und Bau GmbH aus Waidhofen an der Ybbs verantwortlich, die bei diesem Projekt gleichzeitig auch als Teil-GU fungiert.

Bei Schachingers LT 1 stellt der Werkstoff Holz nicht nur sein statisches Können, sondern auch seine gestalterische Vielseitigkeit unter Beweis. So wird der wichtigste Garant für einen reibungslosen Ablaufs in der Logistik auch zum Thema in der Architektur: Unterschiedlich breite Holzlatten aus Weißtanne erzeugen im Wechsel mit unterschiedlich breiten und dunklen Zwischenräumen eine Fassade in Barcodeoptik. „Ohne Barcode geht in der Logistik gar nichts. Die Fassade spiegelt die hauptsächliche Funktion des Gebäudes wider“, so Prehal zu seiner Idee für das äußere Erscheinungsbild. 

Technik, die sich rechnet 

Das gesamte Gebäude – sowohl die Halle als auch das integrierte Büro – wurde von den Planern und Haustechnikern auf maximale Energieeffizienz hin optimiert. Das demonstriert auch der rechnerische Energieverbrauch von lediglich 10,3 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr. 

Die größte Herausforderung für die Haustechnik war nicht in erster Linie die Wärmeversorgung des gesamten Gebäudes, sondern vielmehr die Kühlung der Halle. Denn für die Lagerung der unterschiedlichen Waren ist eine konstante Temperatur im Bereich zwischen zwölf und 18 Grad bei einer relativen Luftfeuchte von 40 bis 60 Prozent notwendig. Die Lösung lag in der Nutzung des Grundwassers mittels Wärmepumpe, die sowohl für die Kühlung als auch für die Beheizung genutzt wird. Für ein angenehmes Arbeitsraumklima sorgt dabei ein Rotationswärmetauscher, der dem Austrocknen der Luft im Winter entgegenwirkt.

Für die Beheizung der Halle wird ebenfalls nur eine Wärmepumpe benötigt. Eine zweite wird zugeschaltet, wenn das Thermometer im Sommer auf Höchstwerte klettert und damit auch der Kühlbedarf steigt. In den kühleren Nächten oder während der Übergangszeit mit moderaten Temperaturen kann mittels Free-Cooling-Schaltung der Wärmepumpe das kühle Grundwasser auch direkt genutzt werden. Auf diese Weise können rund 20 bis 25 Prozent der Kühlleistung quasi „wärmepumpenfrei“ bereitgestellt werden, was sich deutlich in der Gesamtenergiebilanz des Gebäudes widerspiegelt – ebenso wie der durchgängige Einsatz von energiesparenden LED-Leuchten im gesamten Baukörper. 

Die tatsächlichen Mehrkosten, die die ökologische und energieoptimierte Bauweise sowie der Einsatz von effizienter Haustechnik im Vergleich mit einem konventionellen Hallenbau verursacht, belaufen sich auf rund drei Prozent der Errichtungskosten. Die Amortisationszeit liegt bei etwa fünf Jahren, heißt es vonseiten der Architekten und Haustechniker. Wobei die Einsparung der Kühlung aufgrund des wesentlich geringeren Wärmeeintrags der LED-Beleuchtung sowie die Einsparungseffekte infolge der Tageslichtlenkung in dieser Rechnung nicht berücksichtigt sind. 

Zahlen und Fakten

Logistikpark 1 4063 Hörsching Österreich 
PlanungsbeginnOktober 2012
BaubeginnMärz 2013
FertigstellungAugust 2013
Nutzfläche Lager10.000 m2
Nutzfläche Büro1.000 m2 
Energiekennzahl10,3 kWh/m2

Bautafel

LT 1 – Logistikgebäude
Logistikpark 1, A-4063 Hörsching

Bauherr Schachinger Logistik
A-4063 Hörsching

ArchitekturPoppe*Prehal Architekten
 A-4400 Steyr
www.poppeprehal.at

BaumeisterJos. Ertl GmbH
Paschingerstraße 1
A-4063 Hörsching
T +43(0)7221/63114-0
bautech@josertl.at
www.josertl.at

TragwerkIngenieurkonsulent 
DI Roland Mayr 
Brucknerplatz 2, A-4400 Steyr
T +43-0)7252/21301-969
office@ztmayr.at
www.ztmayr.at

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