Naturschutz

Vogelschutz auf Baustellen

Ökologie
20.07.2021

Von: Redaktion Dach Wand
Zwischen März und September zwitschert es in ganz Österreich – auch an Gebäuden. Um Vögel und ihre Nester an Dachvorsprüngen oder Fassaden zu schützen, sollte bei Bauarbeiten auf sie Rücksicht genommen werden.
Zwischen März und September finden sich Brutplätze von Vögeln auch in vielen Nischen von Gebäuden. Bei Bauarbeiten sollte darauf Rücksicht genommen werden.
Zwischen März und September finden sich Brutplätze von Vögeln auch in vielen Nischen von Gebäuden. Bei Bauarbeiten sollte darauf Rücksicht genommen werden.

Als Brutplätze reichen Mehlschwalben, Mauerseglern, Turmfalken oder Haussperlingen oft schon kleine Mauerlöcher von wenigen Zentimetern – Nischen unter Dachvorsprüngen oder Ziegeln oder Mauerspalten und Halbhöhlen an Gebäuden, wo man oft gar keinen Brutplatz vermuten würde.

Gebäudebrütende Vögel sind streng geschützt

Doch hier ist besondere Vorsicht angesagt! Denn gebäudebrütende Vögel sind nach der EU-Vogelschutzrichtlinie und den Naturschutz­gesetzen der Länder streng geschützt. Eine Missachtung, etwa bei Sanierungstätigkeiten, kann eine Anzeige und Strafzahlungen zur Folge haben. Deshalb ist es ratsam, sich bereits während der Bau- und Sanierungsplanung Gedanken über Gebäudebrüter und ihre Förderung zu machen. Das erspart im Nachhinein nicht nur Zeit und Geld, sondern ist zugleich ein wichtiger Beitrag für die nachhaltige Gestaltung von Gebäuden.

Wie erkennt man einen Vogelbrutplatz?

Das regelmäßige Ein- und Ausfliegen von Vögeln, Bettelrufe von Jungvögeln oder frische Kotspuren können Hinweise auf eine Vogelbrut geben. Doch viele Vogelarten sind zum Schutz ihrer Jungen besonders bedacht: Sie verhalten sich in Nestnähe sehr unauffällig und entfernen oft auch den Kot ihrer Jungvögel, um Spuren für Nesträuber zu verwischen. Daher ist aufmerksames Beobachten gefragt sowie die genaue Kontrolle von Mauerlöchern und Ritzen.

Was tun, wenn man einen Brutplatz entdeckt?

Wenn ein Brutplatz entdeckt wird, sollten die Arbeiten in diesem sensiblen Bereich ans Ende der Brutzeit bzw. jedenfalls bis zum Ausfliegen der aktuellen Brut verschoben werden. Es handelt sich oft nur um wenige Tage. Die Eier werden – je nach Vogelart – zwischen zwölf und 20 Tagen bebrütet. Vom Schlüpfen bis zum Ausfliegen der Jungvögel kann es zwischen zwölf und 56 Tagen dauern. 
Ein frühzeitiges Entfernen der Nester oder ein „Umsiedeln“ von Nestern ist nur schwer möglich. Leider ist es selten erfolgversprechend, als Laie noch flugunfähige Vögel von Hand aufzuziehen. Wildtierstationen oder Vogelspezialisten haben hierbei die größten Chancen (siehe Notfalltipps und Link-Tipps).
Vorsicht heißt es daher auch schon beim Aufstellen des Baugerüstes und der Netze: Diese könnten den tierischen Untermietern den Anflug ans Nest erschweren oder sie könnten in den Netzen sogar zu Tode kommen. In der Folge würde die Brut aufgegeben werden und die Jungvögel verhungern elendiglich in ihrer Kinderstube. Sollten im Zuge von Sanierungsarbeiten außerhalb der Brutzeit Mauerlöcher oder Spalten geschlossen oder Nischen entfernt werden müssen, sollten jedenfalls Ersatznisthilfen angebracht werden. 

Notfalltipps

Auch wenn die rechtliche Situation zum Schutz von Neststandorten klar geregelt ist, kommt es in der Praxis oft zu Notfallsituationen, die Hilfsmaßnahmen erfordern. Neststandorte sind meist verborgen und können leicht übersehen werden, Baumaßnahmen können unaufschiebbar sein – was tun in solchen Ausnahmesituationen? Die Eulen- und Greifvogelstation Haringsee gibt Tipps.

Eine Verlegung von Neststandorten mit Gelegen ist nicht erfolgversprechend. Sie kann eventuell gelingen, wenn schon große Junge vorhanden sind und im Nahbereich geeignete, ungestörte, sichtgeschützte Standorte existieren. Die Entfernung zum ursprünglichen Standort sollte aber nicht mehr als wenige Meter betragen. Jedenfalls ist in solchen Fällen eine Kontrolle des Erfolgs anzuraten.

Gelege können geborgen werden und an eine spezialisierte Auffangstation übermittelt werden. Ein geeigneter Brutschrank ist dabei eine Voraussetzung für den Erfolg. Die Handaufzucht von kleinen Vogelarten, wie Schwalben, Mauer­seglern, Spatzen oder Rotschwänzchen vom Ei weg ist extrem schwierig und gelingt nur sehr erfahrenen Spezialisten. Bei Gelegen von Turmfalken, Dohlen oder Eulen sollte jedenfalls versucht werden, eine geeignete Auffangstation für Wildtiere zu kontaktieren, um eine Rettungsaktion zu realisieren. In Zweifelsfällen ist anzuraten, Fotos zur sicheren Bestimmung zu übermitteln. 

Geborgene Gelege behutsam bewegen, ruckartige Erschütterungen sind zu vermeiden, und die Eier sollten nie der Sonne ausgesetzt werden. Brutunterbrechungen, auch über mehrere Stunden, haben im Sommerhalbjahr nur selten Auswirkungen. Die erfolgreiche Aufzucht ist in spezialisierten Wildtierstationen eine gute und meist erfolgreiche Option und sollte auf jeden Fall versucht werden.

Wurden durch Baumaßnahmen Brutkolonien (Schwalben, Mauersegler) zerstört, sollten alternative Nisthilfen an geeigneten Positionen als Ersatz angeboten werden. Anleitungen dazu sind dem Internet zu entnehmen.

Ersatznisthilfen schaffen

Dabei können entweder neue Hohlräume nahe den ursprünglichen Nistplätzen geschaffen werden, oder man behilft sich mit künstlichen Halbhöhlen-Nisthilfen, die aufrecht bzw. leicht nach vorn geneigt unter Dach- oder Fassadenvorsprüngen angebracht werden. Das Einflugloch sollte von der Hauptwindrichtung abgewandt angebracht werden und optimalerweise nach Südosten oder Osten weisen. 
Es gibt bereits vielfältige Lösungen, wie sich Nisthilfen ins Erscheinungsbild eines Gebäudes optimal einfügen, wie die Beispiele unterschiedlicher Mauersegler-Nisthilfen aus Wien bestätigen. 

Oft lassen sich schon durch geringfügige Maßnahmen Brutplätze bei einer Sanierung und Aufstockung erhalten, wie hier ein Mauersegler-Brutplatz an einem Gründerzeithaus (rechts: Ausgangssituation, links: erhaltene Einflugöffnung).

Vogelschutz ist Naturschutz

Vögel sind schon lange keine Störenfriede mehr, sondern haben durch ihr Auftreten vielmehr sehr positive Effekte auf den Menschen: Schwalben etwa verfüttern pro Brut über einen Kilogramm Insekten an ihren Nachwuchs – damit sind sie eine „biologische Waffe“ gegen Stechmücken. Auch machen sie hautnahe Naturerlebnisse am Gebäude möglich und bringen durch ihren Gesang und ihre Rufe ein Gefühl für die Jahreszeiten in die Stadt. Vögel sind Indikatoren für eine intakte, lebenswerte Welt – dasselbe Bild, das auch durch nachhaltige Bauten vermittelt werden soll.
(bt)

Autoren: Katharina Loupal (BirdLife Österreich), Ferdinand Schmeller (Stadt Wien Umweltschutz)

Linktipps

Erste Hilfe für Wildtiere: www.eulen-greifvogelstation.at

Tierschutzhotline NÖ: T: 0800 000 134, www.tierschutzhotlinenoe.at

Artenporträts, Publikationen und weiterführende Informationen
zu Gebäudebrütern und deren Schutz:
www.gebaeudebrueter.wien.gv.at

Studie der TU Wien zu bauphysikalischen Aspekten bei der Integration von Nistkästen in WDVS

Tipps zum Vogelschutz ums Haus: birdlife.at/page/vogelschutz-ums-haus

Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht: www.naturschutzanwalt.at/
wp-content/uploads/voegel_glas_licht_2012.pdf

Geprüfte Muster gegen Vogelanprall an Glasflächen: www.naturschutzanwalt.at/wp-content/uploads/wua-vogelanprall-muster_2014.pdf

Branchen
Dach + Wand Glas