Forschung & Innovation

Wissen für das Baugewerbe

Forschung
20.10.2023

Die Zukunftsagentur Bau (ZAB) forscht für das heimische Baugewerbe. Ihr Ziel: Forschung und Innovation voranzutreiben und das neue Wissen für die kleinen und mittleren Bauunternehmen in Österreich nutzbar zu machen.

Es gibt sie erst seit zwei Jahren. Aber sie hat bereits eine Reihe von bemerkenswerten Projekten umgesetzt: Die Rede ist von der Zukunftsagentur Bau (ZAB). Sie betreibt an ihren drei Standorten in Salzburg, Linz und Wien Forschung und entwickelt Innovationen für das heimische Baugewerbe. Damit liefert die ZAB einen wichtigen Beitrag für den Bauwirtschaftsstandort Österreich.

„Forschung, Digitalisierung sowie Aus- und Weiterbildung sind wesentliche Zukunftsthemen für das Baugewerbe. Um bereits existierende Aktivitäten in diesen drei Handlungsfeldern zu bündeln und weitere Maßnahmen ins Leben zu rufen, hat der Österreichische Baumeisterverband die Zukunftsagentur Bau in Kooperation mit der Bundesinnung und den Bauakademien in Österreich gegründet“, so Robert Jägersberger, Bundesinnungsmeister Bau und Landesinnungsmeister Bau NÖ, zur Motivation für die Gründung der ZAB vor zwei Jahren. „Als erweiterte Nachfolgerin des Kompetenzzentrum Bauforschung koordiniert und vernetzt sie österreichweite Forschungsprojekte.“

Digital dokumentieren

Zwei aktuelle Projekte verdeutlichen, welchen Beitrag das ZAB für das Baugewerbe leistet. Das erste Beispiel betrifft die Dokumentationsanforderungen für Bauunternehmen. Sie sind in den letzten Jahren stetig gestiegen und erfordern mittlerweile einen hohen bürokratischen Aufwand. Jetzt stehen mit der EU-Taxonomieverordnung und der Ökobilanzierung weitere Herausforderungen an. Speziell für kleine bis mittlere Betriebe sind sie schwer bis kaum bewältigbar. Mit dem Projekt „DigiBauRech“ will die ZAB hier helfen. Der Ansatz: Vorhandene Informationen werden strukturiert aus verschiedenen Quellen digital verfügbar gemacht. In Kooperation mit Inndata Datentechnik soll eine digitale Baudokumentation mit erweiterten Rechnungsdaten auf Positionsebene geschaffen werden.

Wie kann das funktionieren? Im Wesentlichen werden alle Informationen über Artikel, Menge, Preis und Produkteigenschaften für beliebige Softwaresysteme der Baugewerbebetriebe bereitgestellt. Das heißt: Die Systeme können über ein österreichweit allgemeingültiges Webservice aus den Quellen der ERP der jeweiligen Baustoffhändler und der Baustoffindustrie strukturierte, dokumentationsfähige Informationen sammeln. Die Daten können dann für Dokumentationen, Kostenrechnung, Nachkalkulation und Taxonomie-Nachweise verwendet werden. Das mühsame Sammeln von notwendigen Daten in Papier oder PDF-Form entfällt zu großen Teilen.

Ein praktisches Beispiel dafür ist die Erstellung der Ökobilanz. Diese ist – vereinfacht gesprochen – die Summe aller verwendeten Baustoffe multipliziert mit deren Gesamtmasse und ihren Eigenschaften laut EPD-Zertifizierung (Daten) und lässt sich daher auf Planungsbasis nur unvollständig ermitteln. Alle diese Informationen liegen vor, Abtippen aus Lieferscheinen oder Frachtpapieren ist aber eine ineffiziente Methode, diese zu sammeln. Buchhaltungsprogramme eignen sich auch nicht besonders zur Ökobilanzierung. Hier gibt es Diskrepanzen zwischen vorhandenen und benötigten Informationen.

Grundsätzlich lassen sich fast alle im Bauwesen erforderlichen Informationen auf vier Basisinformationsquellen zurückführen: Rechtliche Rahmenbedingungen (OIB, Normen, Baugesetze etc.), architektonische und technische Planung, Materialeigenschaften sowie Transaktionsdaten der Lieferanten (von Materialien und von Leistungen).

Die Lösung im Projekt „DigiBauRech“: Die für den jeweiligen Prozess notwendigen Teildaten werden aus diesen vier Quellen herausgesucht, extrahiert und richtig kombiniert der Zielsoftware bereitgestellt. Somit wird der kleine Baumeisterbetrieb in die Lage versetzt, die gewünschten Daten für die Ökobilanzierung zu liefern. Ob er diese dann selbst im Haus weiterverarbeitet oder an einen Gebäudezertifizierer weitergibt, hängt von seiner Größe und Ausrichtung ab. Anton Rieder, Landesinnungsmeister Bau Tirol: „Wir müssen auch die kleinen Baubetriebe in die Lage versetzten, die auf uns zukommenden ökologischen Nachweise möglichst einfach zu erbringen. Mit Zettelwirtschaft werden wir das nicht schaffen.“

Bis Dezember 2024 will die ZAB für eine breite Nutzerbasis die konkreten Anforderungen an Inhalten und Schnittstellen mit Handel, Gewerbe und Softwareunternehmen abstimmen. Unter Einbezug aller relevanten Sicherheitsstandards will sie für möglichst viele Marktteilnehmer eine kosteneffiziente IT-Abbildung finden.  

Einen ähnlich hohen Praxisbezug weist das 2022 abgeschlossene Projekt zur Vermeidung von Feuchteschäden auf: Um langfristige Bauschäden – und damit auch Kosten – im Hochbau zu reduzieren, entwickelte die ZAB eine Empfehlungsmatrix für technische Abdichtungslösungen mit Fokus auf Nassräume. An einem praktischen Modell wurde eine Sensortechnik getestet, die es ermöglicht, Feuchteschäden frühzeitig zu erkennen. Abhängig von der angewandten Bauweise und unter Einbeziehung von Wasserbelastungs- und Schadensfolgeklassen entstanden praktische Planungs- und Montagechecklisten für Planer*innen und Ausführende von Nassräumen.

Bei einem massiven, aus Stahlbeton errichteten, klassischen Ein- oder Mehrfamilienhaus besteht normalerweise ein geringeres Risiko von Feuchtigkeitseintritten als beispielsweise bei einem Geschoßdecke in einem Krankenhaus oder im Holzbau. Auf diese Unterschiede nimmt die betreffende Norm aber keine Rücksicht. Sie sollten daher dringend angepasst werden. Das Forschungsprojekt empfiehlt einige Änderungen: Da die Schadensfolgeklassen CC1 und CC2 im Massivbau kaum Relevanz haben, sollte im Massivbau keine zweite Abdichtung auf Rohbauebene zusätzlich zur Verbundabdichtung bei CC1 und CC2 notwendig sein. Voraussetzung ist aber eine funktionierende Detailabstimmung zwischen Estrichleger, Fliesenleger und Installateur. Holzkonstruktionen sind gesondert zu bewerten. Bei der Schadensfolgeklasse 3 (komplexe Bauwerke mit hohem Schadenspotenzial bei Wasserschäden) sollte eine zweite Abdichtungsebene und der Einsatz eines Monitoringsystems geprüft werden.

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