Alternative Antriebe

Am Weg zu emissionsfreien Baumaschinen

CO2-Neutralität
11.08.2023

Sparsamer Verbrauch oder gänzlich ohne ­Diesel, mit Batterie oder alternativer Motoren­technologie – immer mehr Möglichkeiten ­werden im Baumaschinen-Einsatz machbar.
emissionsfreie Baufahrzeuge

Drei Stränge sind es, an denen hinsichtlich Emissionsreduktion derzeit im Bereich der unterschiedlichen Baumaschinen ganz groß gearbeitet wird: konventionelle Dieselmotoren in Sachen Effizienz auf ein neues Level bringen, den Verbrennungsmotor gänzlich tauschen sowie den Motor dahingehend umzukonfigurieren, um ihn mit umweltverträglicheren Kraftstoffen anzutreiben.
Der erste Punkt ist nichts Neues, aber auch das Bestehende darf nicht aus den Augen verloren werden. Die durchschnittlichen Flotten sind selten auf dem neuesten technischen Stand und werden nach und nach gegen neuere Modelle getauscht, die höhere Emissionsrichtlinien einhalten (müssen). Seit einigen Jahren gilt EU-Stufe V als Grenzwert für den Ausstoß von Dieselpartikeln für alle neu in Einsatz gebrachten Maschinen, so wird die Erneuerung von Flotten eine Reduktion an Feinstaubpartikeln und Stickoxiden über die kommenden Jahre mit sich bringen.
Parallel wird immer weiter an Alternativen gearbeitet – die eine Lösung gibt es nicht, aber für jede Anwendung, für jede Maschine und für jeden Einsatzort gibt es passende Optionen. Bei all der technologieoffenen Zugangsweise seitens der Hersteller*innen kristallisiert sich immer deutlicher heraus, welche Wege den flüssigen Übergang darstellen, welche in Richtung der emissionsfreien Baustelle nicht mehr wegzudenken sind und welche in naher Zukunft die Marktreife erreichen und einiges um­­krempeln werden.

Gekommen, um zu bleiben
Bei den Kompakten dominieren ganz klar elektrische Antriebe. „Die Strategie von Takeuchi ist, Produkte zu produzieren, die der Markt fordert“, erläutert Wolfgang Rigo, Geschäftsführer von Huppenkothen und Importeur der japanischen Kompaktmaschinen, „das heißt, dass derzeit der Fokus vor allem in der Entwicklung und Produktion von batteriebetriebenen Maschinen der Ein- bis Sechs-Tonnen-Klasse liegt.“ Wesentlich seien vor allem die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auch Produktionsmöglichkeiten und verfügbare Rohstoffe sind zentrale Fragen, die es hinsichtlich alternativer Antriebe stets zu bedenken gilt.

Die Strategie von Takeuchi ist, Produkte zu produzieren, die der Markt fordert.

Wolfgang Rigo, Huppenkothen

Wolfgang Rigo, Huppenkothen
Wolfgang Rigo, Huppenkothen

Ähnlich sieht man das auch bei Wacker Neuson. Andreas Gstöttenbauer, Head of Product Management im Standort Linz, berichtet, dass sich das Unternehmen neben dem batterieelektrischen Antrieb mit weiteren Alternativen beschäftigt und Entwicklungen im Blick behält. „Derzeit ist die Batterie für uns die Lösung, die technologisch sehr gut funktioniert und die sinnvollste Variante ist, die sich in den letzten Jahren auch schon vielfach bewährt hat“, erklärt er den Status quo. Denn die Frage sei, welche Antriebsart für welche Art der Baustelle und welche Maschinenklasse im realen Einsatz Vorteile bringt. „Schon heute können wir unseren Kunden das anbieten, um eine gesamte innerstädtische Baustelle ohne lokale Abgasemissionen zu betreiben.“ Die Erweiterung des Sortiments an Zero-Emission-Maschinen ist derzeit aber nicht der einzige Fokus, in den Vordergrund ist auch das „gesamte Ökosystem“ gerückt und damit das Thema Energieversorgung. Mit der sogenannten Charging Box, einem mobilen Energiespeicher, können sowohl Akkus von Baugeräten als auch von Kompaktmaschinen einfach vor Ort geladen werden.

Caterpillar_Zeppelin_Alternativantrieb
Vorausschauend: Zeppelin präsentiert nicht nur neue elektrische Cat-Maschinen, auch die Ladeinfrastruktur beschäftigt den Hersteller.

Vom Speichern und Laden
Das Thema Infrastruktur beschäftigt zunehmend die Hersteller*innen von Baumaschinen selbst. So hat Zeppelin auf der Bauma nicht nur vier batterieelektrische Prototypen – zwei Bagger und zwei Radlader – für die unterschiedlichen Leistungsspektren präsentiert, sondern auch die Energieversorgung mitgedacht. „Es wird längst an einem umfassenden Batterie- und Energiemanagement gearbeitet, das Kunden parallel zur Baumaschine angeboten werden soll“, so Staale Hansen, der als Leiter für das Produktmanagement für Großgeräte bei Zeppelin auch das Thema Nachhaltigkeit betreut. „Das mobile Ladegerät für den Untertageeinsatz ist der Anfang – die Technologie lässt sich für viele Anwendungen auf Erdbewegungsmaschinen übertragen“, führt er zur transportierbaren Cat-Ladestation MEC500 aus. Dennoch, betont man bei Zeppelin, müsse langfristig das Laden über Nacht zur Routine auf Baustellen werden.
Diese erforderliche Umstellung hebt auch Liebherr hervor, die ihrerseits ein mobiles Energiespeichersystem für lokal emissionsfreie Baustellen vorgestellt haben. Liduro Power Port (kurz LPO) wird ab kommendem Jahr dem steigenden Bedarf Rechnung tragen. Da nicht nur Maschinen selbst, sondern auch Dieselgeneratoren Emissionen ausstoßen, können diese durch den Einsatz von LPO reduziert und ein lokal emissionsfreies Betreiben und Laden elektrifizierter Maschinen vorangetrieben werden.

Groß im Kommen
Die deutliche Nachfrage nach Zero-Emission-Modellen begründen die Hersteller*innen vor allem in den steigenden Anforderungen bei Ausschreibungen, insbesondere im städtischen Bereich. Die fortschrittlichen Entwicklungen im Bereich von Batterien und Zelltechnologien ermöglichen mittlerweile immer größere, schwerere und leistungsstärkere Maschinen, die einen Arbeitstag lang durchhalten können. Vier bis fünf Stunden im intensiven Einsatz sind keine Seltenheit mehr.

Volvo Electric Power Unit für die Baustelle
Ganzheitlich Die E-Flotte von Volvo wächst immer weiter an, das Portfolio umfasst Maschinen ebenso wie einen umfassenden Rundumservice.

So wächst auch bei Volvo Construction Equipment die Flotte an mittelgroßen Elektrobaggern und -radladern immer weiter an. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen Lösungen liefern, die es unseren Kunden ermöglichen, ihre Ziele im Hinblick auf die Reduzierung ihres CO₂-Ausstoßes zu erreichen“, erklärt Carl Slotte, Leiter der Verkaufsregion Europa bei Volvo CE, den Zugang. Um den Umstieg rasch und einfach zu ermöglichen, wird es im Lauf dieses Jahres auch noch die Möglichkeit geben, den Mittelkasse-Radlader L120H auf Elektroantrieb umzurüsten.
Diese Dringlichkeit sieht auch Komatsu. Repräsentant Stefan Kuhn hebt die klaren Ziele des Unternehmens hervor: „Eine Reduktion der CO₂-Emissionen um 50 Prozent bis 2030, CO₂-Neutralität bis 2050.“ Mittels Kooperationen und Zusammenschlüssen arbeitet man an unterschiedlichsten Ideen und Technologien, die einen Schritt weiter gehen sollen. Das untermauert der kürzlich vorgestellte Prototyp eines vollelektrischen Radladers. Dieser Kompaktradlader ist nicht nur batteriebetrieben, sondern durch und durch elektrisch, gänzlich ohne hydraulische Komponenten.

Technologieoffen - Liebherr
Technologieoffen: Liebherr will Möglichkeiten parallel anbieten, um die passenden Lösungen je nach Einsatzzweck und -ort parat zu haben.

Die Zeit ist reif
In ganz neue Sphären tauchen aktuell vor allem die Hersteller*innen von Baggern ein, der Begriff Wasserstoff geistert seit einiger Zeit durch Medienberichte aller Art. Die Marktreife stand schon lange kurz bevor, hohe Preise und fehlende Infrastruktur wirkten jedoch dämpfend. Nun zeigen immer mehr Länder bei der Produktion von grünem Wasserstoff auf, der weltweit erste Speicher ist im Frühjahr in Ober­österreich in Betrieb genommen worden, Pilotprojekte gehen in die Zielgerade, und die Diskussionen über Transport und Routen werden konkreter.
Hersteller*innen sehen großes Potenzial darin, vor allem für größere Maschinen. Sowohl in Form von Dieselersatz als auch von Brennstoffzellen, die die Reaktion aus Wasser- und Sauerstoff zur Erzeugung von Strom nutzen, um batterieelektrische Maschinen anzutreiben.
So hat Liebherr mit dem R 9XX H2 auf der Bauma Weltpremiere gefeiert. Der Prototyp ist der erste Raupenbagger von Liebherr, der durch einen Wasserstoff-Verbrennungsmotor angetrieben wird. Bis 2025 soll die Serienproduktion von Wasserstoff-Motoren an den Start gehen. Komatsu hat indes den Weg in Richtung Wasserstoff-Brennstoffzelle eingeschlagen. Für die Konzeptmaschine eines mittelgroßen Hydraulikbaggers verspricht man sich eine höhere Energiedichte sowie schnellere Ladekapazitäten im Vergleich zu einer Batterie. Eine Machbarkeitsstudie soll die Einführung dessen forcieren. Von Zeppelin heißt es, auf der nächsten Bauma wird es so weit sein, dass Cat etwas aus dem Bereich Wasserstoff-Brennstoffzelle präsentiert.

Dicht befüllt
Zu guter Letzt bleibt neben dem Thema Motoren- und Antriebstechnologie auch noch die entsprechende Befüllung. Die Optimierung des Bestehenden ist seit geraumer Zeit ein wichtiges Thema, denn Verbrennungsmotoren werden nicht von heute auf morgen verschwinden, und der lange Lebenszyklus einer Maschine ist ökonomisch wie ökologisch als wertvoll zu betrachten. Einiges wurde in den vergangenen Jahren präsentiert und probiert, von LPG (Liquefied Petroleum Gas) über synthetische Kraftstoffe bis hin zu Biovarianten.
Aktuell dominiert vor allem HVO, kurz für Hydrogenated Vegetable Oils, dieses Segment. HVO, betonen Hersteller*innen unisono, ist nicht mit früherem Biodiesel zu vergleichen oder gar gleichzusetzen. Liebherr legt besonderen Wert darauf, dass lediglich Abfallstoffe herangezogen werden, die sodann chemisch aufbereitet werden. Die Werksfreigabe für eine derartige Befüllung hat auch Kubota auf der vergangenen Bauma für all seine Maschinen verkündet, Komatsu hat im April damit begonnen, in Europa produzierte Maschinen ab Werk mit HVO erstzubefüllen.
Ebenso hat Zeppelin das Thema auf der Bauma groß aufgegriffen, um Kund*innen die Vorzüge vor Augen zu führen. Das Unternehmen ist sich der Herausforderungen, wie etwa der derzeit schwierigen Verfügbarkeit, sehr bewusst, hält dem aber entgegen, dass es eine rasche Überganglösung darstellen kann, um Emissionen zu reduzieren, auch angesichts einer steigenden CO₂-Bepreisung. Da eine gänzliche Umstellung weg vom Verbrennungsmotor nicht über Nacht passieren kann, lässt sich mittels der hydrierten Pflanzenöle in der Zwischenzeit einiges sparen. Eine Umrüstung ist nicht notwendig, Nachbehandlungstechnologien, Filter, Schläuche und alle wesentlichen Teile sind damit kompatibel.

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