Der Umworbene

Baumaschine
16.01.2018

Von: Wolfgang Pozsogar
Fahrer sprechen beim Baumaschinenkauf ein gewichtiges Wort mit. Mit einem optimalen Arbeitsplatz wollen sie die Hersteller für ihre Marken gewinnen.
Baggerkabine von Volvo: Der skandinavische Hersteller meint, dass die meisten Fahrer diese Marke wegen der Gestaltung  der Kabine und der Bedienerfreundlichkeit bevorzugen.
Baggerkabine von Volvo: Der skandinavische Hersteller meint, dass die meisten Fahrer diese Marke wegen der Gestaltung der Kabine und der Bedienerfreundlichkeit bevorzugen.
Liebherr bietet innovative Beleuchtungsoptionen, die bei schlechten Lichtverhältnissen zur Steigerung der Arbeitssicherheit beitragen.
Caterpillar bietet Rundumsicht nicht nur durch Spiegel und große Glasflächen, sondern auch ein modernes Kamerasystem.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass das Bedienen eines Baggers harte Arbeit war. Bei den in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts angebotenen Maschinen erfolgte die Steuerung großteils über mechanische Hebel. Kräftiges Zupacken und Muskelkraft war notwendig, um einen Gang einzulegen oder die Schaufel anzuheben. Und abgehärtet musste der Fahrer sein. Eine geschlossene Kabine gehörte in den Fünfziger- und Sechzigerjahren noch lange nicht zur Standardausrüstung. Meist bot nur ein Dach leidlichen Schutz vor Regen, Sonne, Schnee und beißend kalten Winden. 

Arbeitsplatz als Verkaufsargument

Das ist Geschichte: Heute präsentiert sich der Arbeitsplatz des Baumaschinenfahrers vollklimatisiert sowie staub- und lärmgeschützt, die großen Hebel sind zu Joysticks geschrumpft, eine kleine Finger-
bewegung genügt, um 150 oder 200 Pferdestärken zu dirigieren. Der Sitz ist höchst bequem und lässt sich zusammen mit den Bedienungselementen präzis auf die individuellen Körpermaße einstellen. Keine Frage: Hier macht es Freude zu arbeiten. Und das ist auch der Sinn der aufwendigen Kabinengestaltung: Die ergonomisch optimale Umgebung soll es dem Fahrer ermöglichen, acht oder mehr Stunden am Tag voll konzentriert tätig zu sein. Es gibt aber noch einen anderen Grund: Eine Top-Kabine hilft wesentlich beim Verkauf des Geräts. Bei fast allen Bauunternehmen reden die Fahrer beim Maschinenkauf entscheidend mit. Sagt der Bedienungsmann, in der Kabine der XY-Maschine könne er nicht gut arbeiten, wird diese Marke kaum in die engere Wahl kommen. Deshalb betreiben die Hersteller beträchtlichen Aufwand, um die Fahrer mit unterschiedlichen Benefits und innovativen Ideen für ihre Marke zu gewinnen. Das Bemühen um den Fahrer beginnt schon in der Entwicklungsphase. Die Bedienungselemente sollen nicht nur die Ingenieure in den Werken begeistern, sondern auch diejenigen, für die sie bestimmt sind. Fahrer werden deshalb von fast allen Herstellern in die Entwicklung der Bedienelemente eingebunden. Caterpillar beispielsweise hat Top-Fahrer von „friendly customers“ aus der ganzen Welt zum Testen neuer Kabinenelemente in den vergangenen Jahren mehrmals nach Japan eingeladen. Was dabei herauskam, können Österreichs  Baumaschinenfahrer und ihre Chefs vom 14. bis 17. März 2018 auf der Mawev-Show in St. Pölten sehen. Zeppelin zeigt dort die neuen Cat-Kettenbagger mit den innovativen Fahrerarbeitsplätzen. Beste Rundumsicht wird hier beispielsweise nicht nur durch Spiegel und große Glasflächen, sondern auch durch ein auf neuestem Stand befindlichen Kamerasystem gewährleistet. Auf einem Split-Screen kann sich der Bedienungsmann neben allen Infos über die Maschine das Bild einer Kamera seiner Wahl einspielen: „Der Fahrer entscheidet“, erzählt Zeppelin-Geschäftsführer Friedrich Mozelt, „ob er die Vogelperspektive sehen will, den Blick über die hintere Kamera oder den über jene an der Seite.“ Der Bildschirm selbst biete nicht nur eine besonders hohe Auflösung, „mit ihm sind viele Einstellungen so einfach vorzunehmen wie am Handy“. Bedienelemente lassen sich damit etwa individualisieren: „Der Fahrer kann die Knöpfe am Joystick nach seinen Bedürfnissen belegen“, erläutert Mozelt. Eine weitere Lösung, die die Arbeit des Fahrers in bestimmten Situationen wesentlich erleichtert, ist ein elektronischer Zaun, der sich mit Techniken der 3D-Steuerung rund um den Bagger erstellen lässt. Das ist sinnvoll und eine wesentliche Erleichterung für den Fahrer beispielsweise bei Arbeiten neben Straßen, Bahngeleisen oder Stromleitungen. Der „E-fence“ bremst automatisch den Baggerarm, bevor er in den Gefahrenbereich kommt.

Alles und noch mehr

Die Vorzüge der Kabine und der Bedienungselemente wird von den Herstellern in der Werbung groß herausgestrichen. JCB etwa betont, dass die in seinen Radladern 411, 417, 427, 437 und 457 eingebaute Fahrerkabine die größte dieser Klasse sei. Dieses Feeling verstärken bis zum Boden reichende Glasscheiben, die eine hervorragende Panoramasicht auf den gesamten Arbeitsbereich ermöglichen. In der Kabine gibt es zwei LCD-Bildschirme für Einstellungsmenüs, Zustandsanzeigen und Rückfahrkamera.
Die Hydrauliksteuerungen sind am Sitz angebracht und schwingen mit, betont man bei JCB. Gewählt werden kann auch hier zwischen einem Servo-Joystick oder einer elektrohydraulischen Mehrhebelbedienung. In der Österreich-Ausführung dieser Kabine gibt es eine Reihe von Goodies serienmäßig, etwa eine verstellbare Lenksäule mit Memory-Funktion, Klimaanlage sowie zusätzlich Möglichkeiten der Maschinenkontrolle. Für optimale Sicht in der Dunkelheit sorgen insgesamt zehn Arbeitsscheinwerfer am Kabinendach vorn und hinten, sowie am Heckgrill. Wobei sich selbst bei Details wie dem Licht noch immer etwas verbessern lässt. Liebherr präsentierte kürzlich innovative Beleuchtungsoptionen für die XPower-Radlader, die bei schlechten Lichtverhältnissen zum entspannteren und vor allem sichereren Arbeiten beitragen. Die optional erhältliche adaptive Arbeitsbeleuchtung dieser Radlader reagiere mittels LED-Lichtsensoren intuitiv auf die Hubgerüstposition sowie die Arbeitsausrüstung und den Knickwinkel des Radladers. Diese zusätzliche Technik sei notwendig, meint man bei Liebherr, weil starke Scheinwerfer allein für eine optimale Lösung nicht ausreichen. Ihr helles Licht spiegle sich an Stahlteilen des zu beladenen Lkws, was unangenehme Blendungen zur Folge habe. Mit den Sensoren könne bei abgesenkter Schaufel deutlich mehr Lichtleistung geboten werden. Bei angehobener Arbeitsausrüstung werde das Licht automatisch reduziert, um Blendungen zu verhindern. Eine weitere leuchtende Neuheit bei Liebherr – die es allerdings auch bei anderen Anbietern gibt – ist ein Schlüssel mit Fernbedienung. Er öffnet die Tür automatisch, gleichzeitig wird die Innenbeleuchtung eingeschaltet, wodurch der gesamte Aufstiegsbereich gut beleuchtet ist.
Natürlich sind solche Novitäten nur für den Fahrer nur das Sahnehäubchen. Die Kabine selbst spielt auch bei Liebherr die wichtigste Rolle. Was der Hersteller aktuell hier bietet, zeigt beispielsweise der komfortable Arbeitsplatz in der neuen Laderaupe LR 626. Die Frontscheibe ist aus einteiligem Sicherheitsglas und erlaubt eine ungehinderte Sicht auf Arbeitsbereich und Arbeitsausrüstung. In der Kabine finden sich zahlreiche Ablageflächen, ein gekühltes Staufach und serienmäßig eine Klimaanlage. Ausgestattet ist die Maschine mit dem berührungsgesteuerten Systemdisplay für Liebherr-Erdbewegungsmaschinen. Damit lassen sich wichtige Betriebsparameter wie die Eco-Funktion, aber auch die Komfortfunktionen übersichtlich und intuitiv einstellen. Wesentlich zur Fahrerfreundlichkeit trägt bei, wie eine Maschine auf die Steuerbefehle reagiert. Bei der neuen Laderaupe von Liebherr sorgen die Arbeitshydraulik und die in der Einhebelsteuerung integrierten Automatisierungsfunktionen „automatischen Schaufelrückführung“, „Schwimmstellung“ und „Hubendabschaltung“ für schnelle und effiziente Bedienung der Arbeitsausrüstung. Auch gibt es in der Kabine nur einen Joystick für alle Fahr- und Lenkbewegungen. Die Funktion „Drehen mit gegenläufigen Ketten“ wird von der Maschine automatisch ausgeführt, wenn eine entsprechend enge Wendung gefahren wird. Eine komfortable und sichere Kabine ist traditionell eine Stärke der Skandinavier. Volvo behauptet denn auch vollmundig, dass die meisten Fahrer diese Marke wegen der Gestaltung der Kabine und der Bedienerfreundlichkeit bevorzugen. Sehen lassen können sich die Arbeitsplätze in den Maschinen dieses Herstellers auf jeden Fall. In den knickgelenkten Volvo-Dumpern etwa ist der Fahrersitz in der Mitte des Führerhauses angebracht, bequem erreicht man hier Lenkrad und alle anderen Bedienungselemente. Die Dumper kombinieren Bedienerfreundlichkeit mit automatischen Funktionen, die den Fahrer entlasten. So gibt es etwa einen „Hill Assist“, der in Verbindung mit der dynamischen Motorbremsfunktion beim Hinauf- oder Hinunterfahren im steilen Gelände eine noch bessere Kontrolle über die Maschine sichert.

Intelligenter Komfort

State of the Art sind natürlich die Kabinen der Komatsu-Baumaschinen. Space-Cab nennt sie der japanische Hersteller. Im Raupenbagger PC 210 etwa finden sich serienmäßig ein luftgefederter und beheizter Fahrersitz mit hoher Rückenlehne und vollständig einstellbaren Armstützen. Zusätzlich zum Radio, das zur Standardausrüstung des PC210LCi-11 gehört, ist ein Audioanschluss für externe Geräte vorhanden, sodass der Fahrer seine eigene Musik über die Lautsprecher der Kabine hören kann. Außerdem gibt es zwei 12-V-Steckdosen und ausreichend Stauraum für Getränke und Jause. Ein Kamerasystem – Komatsu nennt es „Kom Vision“ – biete Rundumsicht aus der Vogelperspektive. „Die komfortable Kabine ist aber nur ein Element, das dem Fahrer die Arbeit angenehmer und leichter machen soll“, meint Stefan Kuhn, „noch wesentlicher tragen dazu intelligente Steuerungssysteme und halbautomatische Betriebsmodi bei“. Komatsu hat mit seinen Baggern hier Pionierarbeit geleistet. So bietet der PC210LCi-11 bedienfreundliche und intuitive Steuerhebelfunktionen, mit denen der Fahrer per Tastendruck am linken Joystick die Offset-Einstellung nach oben oder unten korrigieren und über den rechten Joystick die halbautomatische Betriebsart aktivieren und deaktivieren kann. Die von Komatsu entwickelte intelligente Maschinensteuerung verhindert, dass der Löffel über das eingestellte Zielprofil hinaus in das Material eindringt. Sobald die Löffelkante das Zielprofil erreicht, begrenzt die Steuerung automatisch die Bewegung der Arbeitsausrüstung und stellt mittels Positionsbestimmung der Löffelkante in Echtzeit sicher, dass die Geländeplandaten eingehalten werden. Dem Fahrer wird damit ein wesentlicher Teil der Routinearbeit abgenommen. Er arbeitet entspannter und kann sich länger auf wesentlichere Aufgaben konzentrieren.
Und wie schaut es bei den kleinsten Maschinen aus. Sitzt der Fahrer hier wie einst im Freien und sortiert Hebel? „Die Zeiten sind lange vorbei, als Minibagger als bessere Spaten gesehen wurden“, sagt Joachim Stein, Leiter der Produktentwicklung bei Kubota Baumaschinen. Auch bei der Anschaffung der Kleinstmaschinen entscheidet schließlich der Fahrer mit, und manchmal nutzt sogar der Chef die Maschine selbst. Die Kompakten stehen deshalb den Großen punkto Komfort für den Fahrer um nichts nach.
Die Joysticks für die Hauptarbeitsfunktionen sind einstellbar an der Sitzkonsole befestigt und gewährleisten mit dem ergonomisch an die Körpergröße verstellbaren Fahrersitz eine optimale Sitzposition. Dies ist bei Kubota ebenso selbstverständlich wie eine leistungsstarke Kabinenheizung oder eine optionale Klimaanlage. Auch bei Kleinigkeiten wird auf Bedienungskomfort Wert gelegt: Die Frontscheibe der Modelle mit Kabine etwa lässt sich leicht öffnen, eine Gasdruckfeder hebt sie hoch. Anstelle eines seitlichen Displays bzw. analoger Anzeigen gibt es bei den Kompaktbaggern der Vier- bis Sechs-Tonnen-Klasse ein großzügiges digitales Display im Sichtbereich des Fahrers. Die Darstellungsweise kann den Wünschen des Fahrer angepasst werden: „Auf diese Weise erhält er übersichtlich alle notwendigen Informationen“, erläutert Joachim Stein. In Zukunft wird es bei einigen Modellen Kameras für eine optimale Sicht nach hinten bzw. zur Seite geben. Und es sind weitere Optimierungen zu erwarten. Kubota entwickelt wie die
Hersteller der großen Maschinen Kabine und Bedienbarkeit permanent weiter. Was hier kommen wird, will Stein allerdings noch nicht verraten. Derzeit werden  gemeinsam mit „friendly customers“ wieder einige neue Optionen und Maschinen auf Herz und Nieren getestet. „Lassen Sie sich überraschen“, meint er auf die neugierige Frage, welche Neuigkeiten diese Maschine für den Fahrer biete.

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