Baumaschinen

Echtzeitsteuerung auch über große Distanzen

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18.12.2023

Mehr Effizienz und Nachhaltigkeit – zwei Schlagworte, die in den letzten Monaten und Jahren zahlreiche Branchen geprägt haben. Auch in der Baubranche ist das Bestreben, Arbeitsprozesse zu optimieren und gleichzeitig nachhaltiger zu gestalten, mittlerweile massiv angewachsen.
unbemannte Baumaschine

Ein wichtiges Hilfsmittel der digitalen Transformation in der Baubranche sind moderne Technologien im Bereich der Maschinensteuerung und des Fuhrparkmanagements. Allerdings stellt die Entwicklung Unternehmen auch vor neue Herausforderungen. Einen Einblick, welche Möglichkeiten winken, gab im Sommer die Demonstrationsfachmesse "Steinexpo". "Zu sehen waren hochintelligente Maschinen, Fahrzeuge und Dienstleistungen. So kamen beispielsweise autonom fahrende oder ferngesteuerte Baumaschinen zum Einsatz", unterstreicht Messeleiter Friedhelm Rese. Im Blickpunkt standen autonomes Fahren, Elektromobilität oder die Möglichkeit, Maschinen aus der Ferne zu bedienen, wie bei erhöhten Gefahrenlagen oder nach katastrophenverschuldetem, unzugänglichem Gelände.

Kommandobereich
Zeppelin zeigte unlängst im Rahmen einer Fachmesse, wie sich ein Cat Kettenbagger 323 von einer externen Bedienstation fernsteuern lässt.

Paradigmenwechsel

Die traditionelle Baubranche erlebt einen Paradigmenwechsel. Maschinensteuerungssysteme, die vor nicht allzu langer Zeit als Luxus angesehen wurden, sind mittlerweile unverzichtbare Werkzeuge, um Zeit- und Ressourceneffizienz zu maximieren. Moderne Bagger, Krane und andere Baumaschinen sind mit hochentwickelten Sensoren und GPS-Technologien ausgestattet, die es ermöglichen, die Position der Maschinen in Echtzeit zu verfolgen und präzise zu steuern.
Aktuelle Innovationen würden beispielsweise die Prozesse und Arbeitsabläufe, wie auf der Steinexpo gezeigt, in einem Steinbruch radikal verändern, ist sich auch Holger Schulz, Vorsitzender der Geschäftsführung von Zeppelin Baumaschinen, sicher. Der Hersteller zeigte auf der Fachmesse einen "Cat Kettenbagger 323", der per Fernsteuerung "Cat Command" und nicht mehr direkt von einem Maschinisten, der in der Kabine sitzt, bewegt wurde, sondern von einer Bedienstation aus. "Unsere Station ist eine vielseitig nutzbare Universalstation, mit der eine Person bis zu vier verschiedene Baumaschinen bedienen kann. Daher bewegt der Fahrer auch nicht die typischen Bagger-Joysticks, sondern Universal-Joysticks, die etwa auf einem Bagger, aber auch auf einer Raupe funktionieren müssen", erläutert Christian Berling, Caterpillar Vertriebsbeauftragter für CatCommand bei Zeppelin.
Dementsprechend baute die Demo-Station auf der Messe nicht nur eine Verbindung für den kontinuierlichen Datenaustausch über ein lokales Wifi zu dem rund 30 Meter entfernten Cat Kettenbagger 323, sondern auch über das öffentliche 5G-Netz bis ins 1900 Kilometer entfernte Málaga (wo Caterpillar eine große Demofläche unterhält, Anm. d. Red.) auf. "Wir wollen demonstrieren, wie sich präzise damit arbeiten lässt, selbst wenn man nicht mehr direkt in der Fahrerkabine sitzt. Bereits heute sind Cat Bagger der Baureihe 320 bis 395 und Cat Raupen D6 XE und D7 damit verfügbar. Die Fernsteuerung von Baumaschinen ist keine Vision mehr, sondern Zeppelin kann das heute schon Kunden anbieten und sie dabei unterstützen, Cat Command zeitnah auch ins Feld zu bringen. Die Systeme laufen erfolgreich in den USA und seit April gibt es sie auch in Europa", betont Berling.
Visuelle Eindrücke liefern dabei vier standardmäßig montierte Kameras, diese liefern Fahrer*innen auf dem Bildschirm einen Echtzeit-Videostream. Die Kameras seien genau auf den jeweiligen Maschinentyp zugeschnitten und liefern laut dem Anbieter eine gute Bildauflösung. Um das Umfeld besser überwachen zu können, sei es zudem empfehlenswert, eine 360-Grad-Überwachungskamera einzusetzen. Diese wird außerhalb des Arbeitsbereiches montiert und auf einem zweiten Bildschirm an der Station angezeigt.
Doch was passiert, wenn ein Fahrzeug oder eine Person der ferngesteuerten Baumaschine zu nahekommt? "Auch dafür haben wir eine Lösung. Personen, die im Umfeld der Baumaschine unterwegs sind, können ein externes Gerät in der Größe eines Smartphones mitführen. Drückt man darauf das Stoppzeichen, schaltet sich oben auf dem Bagger eine rote LED-Leuchte ein und das ganze System wird sofort ausgeschaltet. Gibt man den Bagger wieder frei, hupt er und das signalisiert dem Umfeld in der Arbeitsumgebung, der Bagger bewegt sich wieder", erklärt Berling. Auch wenn Fahrer*innen die Hände von der Joystick-Steuerung nehmen würden, halte die Baumaschine an. Aus Sicherheitsgründen stoppe die Maschine auch sofort, wenn die Datenübertragung unterbrochen ist.

Effizienz von Arbeitsabläufen steigern

Auch Liebherr legt einen Fokus auf die Maschinensteuerung. In Kooperation mit Leica Geosystems bietet das Unternehmen unterschiedliche Maschinensteuerungssysteme für Hydraulikbagger ab Werk an.

Liebherr
In Kooperation mit Leica Geosystems bietet Liebherr unterschiedliche Maschinensteuerungssysteme für Hydraulikbagger an.

Fahrerassistenzsysteme wie Maschinensteuerungssysteme von Leica Geosystems würden im Zuge der digitalen Transformation an Bedeutung gewinnen, betont ein Sprecher des Unternehmens. Wenig Wunder, würden diese Maschinenbediener*innen doch mittels neuester Technologien und Echtzeit-Informationen bei der Ausführung ihrer Tätigkeiten unterstützen. Die Qualität der Arbeitsergebnisse, die Effizienz der Arbeitsabläufe sowie die Sicherheit könne dadurch deutlich gesteigert werden, verspricht der Hersteller.

Liebherr

Dementsprechend seien die Maschinensteuerungssysteme von Leica Geosystems bereits in unterschiedlichen Ausführungsvarianten für Mobil- und Raupenbagger von Liebherr verfügbar. Dazu zählen die Maschinensteuerungssysteme "2D passiv und 3D passiv" für die Generationen "6" und "8" sowie das "2D '3D- ready' semi-automatik" und das "3D semi-automatik" für die Generation 6. Die Verfügbarkeit der semi-automatischen Maschinensteuerungssysteme wurde nun auf Raupenbagger der Generation "8" ausgeweitet und ist seither auch für zahlreiche "R"-Modelle erhältlich.

Produktivität steigern

Alle Maschinensteuerungskomponenten von Leica Geosystems werden Liebherr zufolge bereits im Produktionsprozess optimal verbaut, Kund*innen würden die Maschine bereits fertig kalibriert erhalten. So können Stillstandzeiten infolge einer nachträglichen Installation vermieden werden. Je nach Baustellensituation biete Liebherr das passende Maschinensteuerungssystem. Während Maschinenbediener*innen bei einem passiven System zur Erledigung des Arbeitsauftrages den Anzeigen auf dem Display in der Fahrerkabine folgen und dabei die Maschine selbst bedienen müssen, unterstützt das semi-automatische Maschinensteuerungssystem aktiv mit einem teilautomatisierten Abziehmodus. Via Joystick werden lediglich die Stielbewegung der Maschine und die Geschwindigkeit gesteuert. Das System stellt automatisch den korrekten Bewegungsablauf der gesamten Ausrüstung ein, um das Soll-Profil zu erstellen. Durch den Einsatz eines semi-automatischen Maschinensteuerungssystems kann die Produktivität gesteigert werden, so der Hersteller. Arbeiten können damit auch über einen längeren Zeitraum präziser ausgeführt werden. Gleichzeitig verringern sich kostenintensive Nacharbeiten.

Schritt halten

Komatsu bietet indes das "Smart Construction 3D Machine Guidance Kit" als einfache und flexible technologische Erweiterung für viele Komatsu-Standardmaschinen sowie für gemischte Flotten an.

Kuhn Baumaschine/Komatsu
Zusätzlich zum Anzeigesystem verfügt das 3D Machine Guidance Kit optional auch über eine integrierte Nutzlastwaage für Komatsu-Maschinen.

"Unsere Kunden sagen, dass Produktivität, Baustelleninformationen in Echtzeit und das Schritthalten mit der digitalen Transformation heute zu ihren größten Herausforderungen gehören. Als Antwort auf diese Bedürfnisse hat Komatsu das 3D Machine Guidance Kit entwickelt", unterstreicht Jim Venerus, Product Marketing General Manager bei Komatsu, die Ambitionen des Unternehmens in diesem Bereich. Mit dem 3D Machine Guidance Kit kann jeder Hydraulik- oder Mobilbagger mit einem Gewicht von 13 bis 120 Tonnen mit einem 2D- und 3D-Anzeigesystem ausgestattet werden. "Einer der Hauptvorteile des 3D Machine Guidance Kits ist die einfache Installation und die Möglichkeit, jeden Bagger, egal aus welcher Generation, jederzeit digital umzurüsten." Das 3D Machine Guidance Kit könne dabei mit verschiedenen Sonderausrüstungen angepasst werden.

Kuhn Baumaschine/Komatsu

"Das 3D Machine Guidance Kit ist das Ergebnis umfangreicher Entwicklungsarbeit von Komatsu", ergänzt Richard Clement, Deputy General Manager Smart Construction bei Komatsu. Die Hardware-Komponenten des 3D Machine Guidance Kits wurden von Komatsu für Smart Construction nach den gleichen strengen Standards wie bestehende Baumaschinen entwickelt. "Das 3D Machine Guidance Kit wird durch das Komatsu-Vertriebsnetz und das digitale Know-How unseres Smart Construction Teams umfassend unterstützt", betont Clement.

Sicherheitszonen

Komatsu arbeitet dabei an einer gesteigerten Sicherheit auf der Baustelle. So wurde unter anderem eine Sicherheitszonenfunktion in das System integriert. "Damit können Kund*innen Gefahrenbereiche erstellen und importieren." Die Funktion diene der Vermeidung von Unfällen und sende Warnungen an Maschinist*innen, wenn sie sich in der Nähe von Gefahrenquellen (z. B. Stromleitungen) befinden. Zudem ist die automatische Dateikonvertierung des Guidance Kits mit den meisten gängigen Konstruktionsdateiformaten kompatibel. Dies gewährleistet eine nahtlose Integration in bestehende 3D-Systeme.
Zusätzlich zum Anzeigesystem verfügt das Kit optional auch über eine integrierte Nutzlastwaage für Komatsu-Maschinen. Diese Funktion ermöglicht ein dynamisches Wiegen von Material, das manuelle Kontrollen und Unterbrechungen überflüssig macht. So wird jeder Muldenkipper bis zur maximalen Kapazität beladen, aber nicht überladen.

Vorteile der Maschinensteuerung

Präzision und Effizienz: Durch die Integration von GPS-Technologien können Baumaschinen millimetergenaue Positionen erreichen. Dies führt zu präziseren Aushubarbeiten, weniger Verschwendung von Materialien und insgesamt effizienteren Bauabläufen.

Arbeitserleichterung für Bediener*innen: Die Modernisierung der
Maschinensteuerung erleichtert die Arbeit der Bediener erheblich. Die
Technologie übernimmt komplexe Berechnungen und unterstützt bei der
Ausführung präziser Bewegungen, was nicht nur die Arbeitslast reduziert,
sondern auch die Sicherheit am Arbeitsplatz verbessert.

Kostenreduktion: Präzise Maschinensteuerung trägt dazu bei, unnötige Kosten durch Materialverschwendung und ineffiziente Arbeitsprozesse zu minimieren. Die langfristigen Einsparungen können erheblich sein und die
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken.

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