CO2-reduzierter Beton

"Es fehlt nur noch die Anwendung"

CO2-Fußabdruck
30.08.2022

Warum klimafreundliche Produkte nicht immer Selbstläufer sind und sich Betoninnovationen und Normen manchmal nicht so leicht miteinander vereinbaren lassen, erklärt Franz Denk von Wopfinger Transportbeton im Interview.
Franz Denk ist Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton
Franz Denk ist Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton

Beton und Zement stehen in Sachen Klima­freundlichkeit regelmäßig in der öffent­lichen Kritik, gleichzeitig brauchen neue klima­freundlichere Produkte vergleichsweise lange, um sich am Markt zu etablieren. Franz Denk, Geschäftsführer von Wopfinger Transportbeton, über ­Hemmschwellen, Betonnormen und Klinkeranteile. 

Recyclingbeton und CO2-arme Betone gibt es schon seit einiger Zeit am Markt. Warum sind diese Neuheiten auf der Baustelle noch nicht so recht angekommen?

Franz Denk: Die Baubranche war Neuheiten gegenüber noch nie sonderlich aufgeschlossen. Hier ­müssen wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten – vor allem bei den Ausschreibern. Erfreulicherweise gibt es bei öffentlichen Auftraggebern wie ÖBB und ­Asfinag aber mittlerweile Arbeitsgruppen, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Seit circa drei Jahren kommt hier endlich Bewegung hinein. 

Um nachzuweisen, dass die neuen CO2-armen Betone gleichwertig sind, muss man erst einmal prüfen, was die alten Betonsorten können.

Franz Denk, Wopfinger Transportbeton

Was sind die größten Vorbehalte gegenüber den neuen CO2-reduzierten Betonsorten?

Denk: Eines der Hauptprobleme derzeit ist, dass CO2-arme Rezepturen für Beton zwar schon hergestellt werden können, diese aber zum Teil noch nicht der aktuellen Norm entsprechen. Es gibt zwar die Möglichkeit, über eine technische Begleitung nachzuweisen, dass alle Anforderungen der Norm erfüllt werden, aber der Argumentationsbedarf ist dennoch hoch – immerhin sprechen wir bei Beton von einer Lebensdauer von 100 Jahren und mehr. Da möchten viele Bauherren auf Nummer sicher gehen und setzen lieber auf herkömmliche Sorten. Deshalb ist es ein vorrangiges Ziel, durch neue Regelwerke die Gleichwertigkeit der CO2-reduzierten Betone nachzuweisen. 

Warum kann die Betonnorm nicht einfach den neuen Anforderungen anpasst werden?

Denk: Beton wird quasi nach einem Kochrezept hergestellt, das in der ÖNorm B 4710-1 festgehalten ist. Wenn man sich an diese Rezeptur und das Mischverhältnis hält, passen die Materialeigenschaften. Die ÖNorm erlaubt auch ein Abweichen von dieser ­Rezeptur, allerdings muss man als Hersteller nachweisen, dass der neue Beton die gleichen Eigenschaften hinsichtlich Carbonatisierung, Chloridbeständigkeit und Co. hat. Das Problem dabei ist: Außer der Festig­keit werden die Eigenschaften eigentlich nie laufend geprüft. D. h., damit man nachweisen kann, dass die neuen CO2-­armen Betone gleichwertig sind, muss man erst einmal prüfen, was die alten können. Und genau für diese neuen Nachweise und Prüfungen braucht es ein Regelwerk, an dem die Branche mittlerweile seit dreieinhalb Jahren arbeitet. Bis Ende des Jahres soll die Normenrichtlinie aber nun endlich fertig sein. 

Das klingt nach einem langwierigen Prozess. ­Warum dauert das gar so lange?

Denk: In unserer Branche ist das leider nicht unüblich. Das liegt unter anderem an den vielen verschiedenen – zum Teil auch geschäftlichen – Interessen. Außerdem wollen sich die Prüfinstitute genauestens absichern, sollte es später zu Schadens- oder Streitfällen kommen. Um das Ganze zu beschleunigen, hätte man auch bereits festgelegte Grenzwerte aus der Schweiz übernehmen können, aber in Österreich will man eigene Grenzwerte feststellen und festlegen. Diese zahlreichen Prüfungen sind kosten­intensiv, und deshalb wird die CO2-arme Bauweise zwar gut geprüft, aber auch teurer sein. 

Technisch können wir CO2-arme Betonrezepturen, jetzt müssen sie "nur noch" angewandt werden. 

Franz Denk, Wopfinger Transportbeton

Seit Anfang dieses Jahres haben Sie den neuen LCE-­Beton (LCE steht für Low Carbon Emission, Anm.) im Programm. Was kann der neue Beton, und wie wird er angenommen?

Denk: Das Ziel der gesamten Branche ist es, den Klinkeranteil in der Betonrezeptur und dadurch auch den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Die Zementindustrie forciert deshalb den CEM-II/B-Zement. In absehbarer Zeit wird auch der CEM-II/C-Zement kommen, der derzeit aber noch nicht in der Norm erfasst ist. Wir Betonhersteller versuchen ebenfalls den Klinker­anteil zu reduzieren. Bei unserer LCE-Rezeptur wird der für die Betonrezeptur notwendige Bindemittel­anteil aus einer Kombination von Portlandzement und Zusatzstoffen hergestellt. So können wir normgemäßen Beton mit einem möglichst geringen Klinkeranteil erzeugen. Die Festig­keiten und die Frischbetoneigenschaften sind gleich wie beim herkömmlichen Beton, für den Verarbeiter auf der Baustelle ändert sich auch nichts. Das ist auch notwendig, um die Akzeptanz unserer ­Kunden aus dem Baugewerbe und der ­Bauindustrie zu erreichen.  

Gibt es in Bezug auf die Einsatzmöglichkeiten Einschränkungen?

Denk: LCE-Beton kann in erster Linie für Projekte im Hochbau eingesetzt werden. Wir sind aber dabei LCE-Betone für höhere Güten bzw. für ein weiteres Anwendungsspektrum wie zum Beispiel Betone im Tiefbau zu entwickeln. Der Vorteil unserer Rezeptur ist, dass wir damit sehr schnell und flexibel auf die verschiedenen Anforderungen ­reagieren können.

Wie viel CO2 lässt sich mit dem LCE-Beton einsparen?

Denk: Durchschnittlich lassen sich die CO2-­Emissionen mit dem LCE-Beton um circa 13 Prozent reduzieren – im Vergleich zu unserem Standardbeton (CEM II/A + AHWZ). Genaue Prozentangaben sind aber immer zu hinterfragen, denn oft wird von unterschiedlichsten Ausgangs­werten ausgegangen. Im Güteverband Transport­beton wird deshalb an einem CO2-Rechner gearbeitet, damit für jede Rezeptur mit einer einheitlichen ­Berechnungsmethode dargestellt werden kann, wie viel CO2 pro Kubikmeter in der ­jeweiligen Betongüte emittiert wird.

Sie haben bereits angesprochen, dass die neuen CO2-armen Betone teurer werden. In welcher Größenordnung spielen sich die Mehrkosten ab?

Denk: Die liegen bei circa fünf bis zehn Prozent. Wenn man rechnet, dass beispielsweise bei einem Wohnbau der Beton vielleicht fünf Prozent der ­Gesamtbaukosten ausmacht, dann sprechen wir hier von Mehrkosten von 0,25 bis 0,5 Prozent. Das sollte nicht das große Hindernis sein. Aber solange CO2-­armer Beton nicht ausgeschrieben wird und auch noch teurer ist, wird ihn kaum jemand verwenden. Wenn der Gesetzgeber den Einsatz von CO2-reduzierten Betonen unterstützen würde, wäre das ein wichtiger Schritt die Akzeptanz zu erhöhen und so die gemeinsamen CO2-Ziele zu erreichen.

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