Herausforderung

Schalungen: Schritt für Schritt zu Nachhaltigkeit

Die Schalungshersteller arbeiten ­fieberhaft daran, ihre eigenen Produkte nachhaltiger zu gestalten und weiterzuentwickeln, um den Anforderungen der neuen Zement- und Betongeneration gerecht zu werden.

Wenn es darum geht, an den richtigen Schrauben zu drehen, sind die Schalungshersteller meist weit vorne. Kein Wunder also, dass man diese Kompetenz auch bei den aktuellen Herausforderungen nutzen will. So spielt Nachhaltigkeit schon seit längerem eine wesentliche Rolle für alle Schalungshersteller, die Ziele sind meist ähnlich, und doch sind die Wege dorthin teils unterschiedlich. Gleichzeitig ist man auch ein wenig den Bestrebungen anderer Branchenteilnehmer*innen ausgeliefert, die ihre Produkte beinhart Richtung CO₂-Neutralität trimmen und damit auch Auswirkungen auf die benötigten Eigenschaften von Schalungen haben.

Licht in die eigene CO₂-Bilanz bringen

Geht es darum, Unternehmen und deren Produkte nachhaltig zu gestalten, steht am Anfang eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation. So hat beispielsweise Hünnebeck schon vor einigen Jahren den eigenen Ressourcenverbrauch für einen deutschen Nachhaltigkeitskodex-Bericht ermittelt, damit das hauseigene Umweltmanagement "Methoden, um Ressourcen zu schonen und Emissionen zu verringern", entwickeln kann.

Auch Doka hat 2019 damit begonnen, Licht in die CO₂-Bilanz der eigenen Produkte zu bringen. "In einem großangelegten, interdisziplinären Projekt hat Doka über zwei Jahre den Product Carbon Footprint für nahezu das gesamte Produktportfolio, rund 6.000 Produkte, berechnet – ein echter Meilenstein und gleichzeitig Ausgangspunkt für eine effiziente Klimastrategie auf Produktebene", beschreibt Robert Hauser, CEO von Doka, den Prozess: "Unser Ziel: ­Netto-Null-Emissionen bis 2040." Aufgrund ­dieses Product Carbon Footprint konnte ermittelt werden, dass entlang des Lebens­zyklus der Produkte der Materialeinsatz das entscheidende Thema ist. Daher betreffen die entscheidenden Fragen in der nachhaltigen Produktentwicklung sowohl die Materialauswahl als auch den effizienteren Einsatz von Materia­lien zum Beispiel durch eine längere Lebensdauer von Produkten.

"Bei Neuentwicklungen beginnen wir gerade, unsere Erkenntnisse aus dem Product Carbon Footprint miteinzubeziehen", gibt Hauser einen Einblick. "Dabei geht es einerseits darum, das richtige Material einzusetzen, und andererseits, den Materialeinsatz bei gleichbleibender Tragfähigkeit zu verringern." Ein Beispiel sei der seit Anfang des Jahres erhältliche N-Träger, für den in der Produktion nun rund 20 Prozent weniger Schnittholz benötigt werde.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie wir den Einsatz von CO₂-reduziertem Beton aktuell einfacher machen können und somit Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringen: erstens durch Betonmonitoring. Zweitens kann eine intelligent beheizbare Schalung die chemische Reaktion im Beton unterstützen und damit die nachteiligen Eigenschaften der CO₂-reduzierten Mischungen ausgleichen.

Robert Hauser, CEO Doka

Viele Ansatzpunkte, viele Lösungen

Auch bei Peri ist seit langem der Nachhaltigkeits­aspekt Teil der Forschung und Entwicklung. "Dabei betrachten wir das Thema auf mehreren Ebenen, zu denen neben dem schonenden Umgang mit Ressourcen auch die Sicherheit und der effiziente Einsatz von Material gehören", erklärt Peter Radel, Geschäftsführer von Peri. "So ist es unser Ziel, die Kreislaufwirtschaft umfassend in unseren Geschäftsfeldern zu etablieren." Deswegen will man in der nächsten Zeit ebenfalls Lebenszyklusanalysen für die wichtigsten Produkte, Komponenten sowie Nutzungssituationen durchgeführt haben. Ziel ist es, deren Umwelteinfluss auf die gesamte Lebensdauer zu beurteilen. Dazu zählen die Bereiche Produktion, Transport, Nutzung, Energieverbrauch, Erhaltung sowie ein mögliches Recycling nach Ende der Nutzungsdauer.

Wie weit diese Bemühungen gehen sollen, zeigen schon aktuelle Bemühungen. So setzt man bei Peri laut eigenen Angaben in der Produktion auf Werkstoffe wie Stahl und Aluminium, bei denen man eine Recyclingquote von nahezu 100 Prozent erreichen kann. Ebenso werden Sperr- und Schnittholz überwiegend von Lieferanten, die das PEFC- oder das FSC-­Siegel tragen und damit eine nachhaltige Forstwirtschaft garantieren, bezogen. "Das bedeutet auch, dass wir beispielsweise für unsere Duo-Schalung Kunststoffreste aus unserer eigenen Produktion nutzen", ergänzt Radel. "Und auch nach der Nutzungsphase ist unsere Duo-Schalung nahezu vollständig recycelbar."

Als ehemaliger Strabag-Baustofftechnologe weiß ich, dass man Lösungen stets im System betrachten sollte. So kann die Betonhaftung sich erhöhen und uns so vor interessante Herausforderungen bei Schalöllösungen stellen, auf die wir aber bestens vorbereitet sind. Neben den technischen Aspekten werden sich veränderte Aushärtungs- und Abbindezeiträume auch etwas auf die Mietdauer für Schalung auswirken.

Marius Wunder, Geschäftsführer Paschal

Weniger kann mehr sein

Materialreduktion ist auch bei Paschal ein ständiges Thema. "Weniger Material zu benötigen ­bedeutet­ stets auch eine geringere Bindung von Ressourcen und bietet Vorteile für den Kunden – sowohl in der Handhabung als auch beim Preis", führt ­Marius Wunder, Paschal-Geschäftsführer, aus. Dennoch setzt man wie die anderen Hersteller auch auf einen ressourcensparenden Ansatz, in dem man die Produkte langlebig gestaltet. Viele der eigenen Kund*innen hätten die Schalung über 36 Jahre im Einsatz, berichtet Wunder. Um das zu erreichen, sollte man die Schalung jedoch alle paar Jahre zurück zu ins Werk schicken, wo sie generalüberholt werden kann.

Diesem Gedankengang, dass langlebige Schalungen nachhaltiger und deutlich wirtschaftlicher sind, kann Thomas Graf nur zustimmen. "Nachhaltigkeit bedeutet für Meva, Abfälle und somit den Einsatz von Ressourcen für neues Material zu vermeiden: Die Basis bilden durchdachte Produkteigenschaften und hohe Herstellungsqualität", so der Geschäfts­führer von Meva Schalungssysteme. Die Schalungen aus Stahl oder Aluminium mit geschlossenen Rahmenprofilen seien stabil und langlebig, und hochwertige Verzinkung und Pulvereinbrennlackierung würden Korrosion und Beschädigung vorbeugen. Außerdem haftet weniger Beton an, wodurch die Reinigung der Schalung daher mit geringerem Ressourceneinsatz erfolgen kann. Doch so einig man sich auch beim Thema Langlebigkeit zeigt, so differenziert sind die Meinungen zu nachhaltigen Schalungsplatten.

Im Lebenszyklus eines Schalelements fällt bei Verwendung von Holzplatten viel Müll an. Hier kann man einfach nachhaltiger zu werden. Wir haben seit über 20 Jahren Erfahrung mit der Alkus-Vollkunststoffplatte und liefern alle Wand- und Deckenschalungssysteme, sowohl im Verkauf als auch im Mietpark, serienmäßig mit dieser aus.

Thomas Graf, GF MEVA Schalungssysteme

Streitthema Schalungsplatte

"Schalungen kann man nachhaltiger gestalten, indem man keine Kunststoffschalhaut verwendet", meint Wunder. Kund*innen, die Kunststoffschalhäute wünschen, erhalten sie zwar auch bei Paschal, aber solange die Frage des Recyclings nicht wirklich geklärt ist, darf man diese Technologie in seinen Augen nicht als nachhaltig bezeichnen.

Anders sieht man dies bei Meva, wo man seit 20 Jahren Erfahrungen im Einsatz mit Alkus Vollkunststoffplatten hat und alle Wand- und Deckenschalungssysteme serienmäßig mit den Platten ausstattet. "Diese Schalungsplatte ist einfach und stoffgleich reparierbar, verfügt über sieben Jahre Garantie und ermöglicht 1.500 Einsätze von gleichbleibender Qualität – anders gesagt: Eine Alkus-Platte ersetzt rund 30 Holzplatten", rechnet Graf vor. Zusätzlich könne man kleinere sowie einfache Reparaturen mit dem auf der Bauma letztes Jahr vorgestellten Alkus-Reparaturset leicht und kostengünstig durchführen. "Feuchtigkeit, UV- beziehungsweise Sonneneinstrahlung, Schalöl, Extremwetter und viele andere Einflüsse können der Alkus-Platte nichts anhaben", ergänzt Michael ­Tschenett, Geschäftsführer der Alkus AG. "Das sind nur einige der Gründe, weshalb sie deutlich länger hält als andere gängige Produkte am Markt."

Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind für uns kein Lippenbekenntnis. Wir haben zusätzlich zu den Kosten der PV-Anlage erhebliche Anstrengungen ­unternommen, um die von uns erzeugte grüne Energie in das Stromnetz einspeisen zu ­können.

Peter Rungger, ­Geschäftsführer Ringer

Am eigenen Standort investieren

Auch wenn es um die eigenen Firmenstandorte geht, spürt man eine Aufbruchsstimmung. Vor ­allem, wenn es sich um die Nutzung nachhaltiger Energie­formen dreht. So betreibt beispielsweise Ringer seit Jahren am Standort in Regau ein eigenes Biomasseheizwerk sowie eine Photovoltaikanlage, die vor kurzem auf eine Gesamtleistung von 1.360 kWp aufgestockt wurde. "Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind für uns kein Lippenbekenntnis", so Ringer-­Geschäftsführer Peter Rungger. "Wir haben zusätzlich zu den Kosten der PV-Anlage erhebliche Anstrengungen ­unternommen, um die von uns erzeugte grüne Energie in das Stromnetz einspeisen zu ­können."

Zusammen mit der eigenen Grünstromerzeugung möchte man auch bei Peri über Energieeffizienz­steigerungen weltweit rund 5.000 Tonnen CO₂ einsparen. Dafür soll bis 2025 ein zweistelliger Millionenbetrag investiert werden. Aktuell laufen zusammen mit Siemens erste Analysen zur Identifizierung von Effizienzpotenzialen in den Produktionswerken und bei mehreren Tochtergesellschaften.

Durch das Bereitstellen einer konstanten Temperatur, wie es zum Beispiel mit unserer Heizschalung MXH möglich ist, begünstigen wir den Aushärtevorgang auch von Low Cement Concret, um die Betonfestigkeit zu kon­­­trol­lieren, die Aushärtungszeit zu optimieren und beste ­Beton­ergebnisse sicherzustellen.

Peter Radel, Geschäftsführer Peri

Neue Rezepturen als Herausforderung

Wo man sich in der Branche sehr einig zeigt, ist, dass neue, CO₂-arme Produkte der Zement- und Beton­branche auch die Anforderungen an Schalungen verändern werden. "So kann die Betonhaftung sich erhöhen und uns so vor interessante Herausforderungen bei Schalöllösungen stellen", erklärt Wunder. "Neben den technischen Aspekten werden sich veränderte Aushärtungs- und Abbindezeiträume auch etwas auf die Mietdauer der Schalung auswirken."
Dafür ist man bei Paschal im engen Austausch mit Herstellern. Dabei profitiere man etwa vom Know-how hinsichtlich des Einsatzes von CO₂-reduziertem Beton der Fertigteilproduzenten in der Schweiz und unterstütze zusätzlich den Rohbau des BIG-Headquarters in Dänemark mit CO₂-reduziertem Beton mit einem Tool zur Berechnung des Frischbetondrucks.

"Wir sind mit der Zement- beziehungsweise der Betonbranche in regem Austausch, um unsere Kunden bestmöglich zu servicieren", bestätigt auch ­Perter Radel. "Unseren Informationen nach weisen die neuen CO₂-reduzierten Zemente eine ähnliche Festigkeitsentwicklung und Dauerhaftigkeit auf wie herkömmliche Standardzemente." Der reduzierte Klinkergehalt erfordere jedoch eine längere Nachbehandlung und einen höheren Schutz gegen Austrocknen, und die Betone weisen längere Aus­härtungszeiten auf. Durch konstante Temperaturen, wie zum Beispiel mit der Heizschalung MXH von Peri, begünstigt man den Aushärtevorgang auch von Low Cement Concret. Zusätzlich bietet man verschiedene Sensoriklösungen wie Peri InSite Construction an, durch deren Einsatz die Betonagearbeiten optimiert werden können.

Lösungen und Forschung

"Es gibt zwei Möglichkeiten, wie wir den Einsatz von CO₂-reduziertem Beton aktuell einfacher machen können und somit Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut bringen", stellt Robert Hauser fest. "Erstens durch Betonmonitoring, und zweitens kann eine intelligent beheizbare Schalung die chemische Reaktion im Beton unterstützen und damit die nachteiligen Eigenschaften der CO₂-reduzierten Mischungen ausgleichen." Für Ersteres bietet Doka die digitale Lösung Concremote an, die die Frühfestigkeitsentwicklung laufend misst und Echtzeitdaten über den Erhärtungszustand des Betons ausspielt.

An Letzterem arbeite man gerade. Ein funktionaler Prototyp einer intelligent beheizbaren Schalung ist gerade in einem nationalen Forschungs­projekt im Einsatz, dessen Ziel es ist herauszufinden, wie "gemeinsam entwickelte, innovative Rezepturen CO₂-reduzierten beziehungsweise -neutralen Betons praxistauglich eingesetzt werden können".

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