Digitalisierung in der Schweißgeräte-Produktion

Digitalisierung
19.02.2020

 
Praxis. Mit Hilfe der Software „Solidworks Electrical“ können bei Lorch Schweißanlagen komplett mechatronisch konstruiert werden.
Paul Giesinger, F & E Technologiemanager Mechatronik bei Lorch.
Paul Giesinger, F & E Technologiemanager Mechatronik bei Lorch.
Kabel und Leiterkarten werden nicht mehr in der Montage irgendwie ins Gehäuse „gezwickt“ und dann rückwärts dokumentiert, sondern von vorn herein mit einkonstruiert.
Hochwertige Schweißanlagen für ein breites Spektrum von Anwendungen. Etwa der Elektroden-Schweißinverter Lorch MicorTIG 200 DC.

Seit 2017 arbeitet die Lorch Schweißtechnik GmbH, Auenwald, mit „SolidWorks Electrical“. Dabei hat das Unternehmen die neue DPS-Software nicht nur eingeführt, sondern auch seine Entwicklung/Konstruktion entsprechend umgestellt. Trotz dieser Aufwände ist man der Überzeugung, dass man die Arbeit dort gar nicht mehr anders machen könnte.

In der Vergangenheit waren elektrische und mechanische Konstruktion strikt voneinander getrennt. Beide Bereiche hatten eigene Chefs, manchmal ging die Trennung bis hinauf zu den Hauptabteilungsleitern. Die jeweiligen Projekte wurden zwar abgesprochen, die Abstimmungen waren jedoch zeitaufwändig und die Arbeit manchmal nicht besonders effizient. So kann man im Zeitalter der Mechatronik aber nicht mehr weiterarbeiten. Manche Firmen haben bereits Konsequenzen gezogen und die Teams räumlich zusammengesetzt, andere haben sogar einen gemeinsamen Konstruktionsleiter ernannt.

Noch deutlich weiter geht eine integrierte Konstruktion, bei der die Teams beider Bereiche in ein CAD-System hineinarbeiten und ein gemeinsames Modell erzeugen - mit vielen Vorteilen, wie nachfolgend dargestellt werden soll. So kann etwa die Firma Lorch in Auenwald bei Stuttgart in diesem Bereich als Pionier betrachtet werden.

Schweißanlagen für Industrie und Handwerk

Die 1957 gegründete Lorch Schweißtechnik GmbH hatte bereits ein Jahr nach der Firmengründung das erste tragbare Elektroden-Schweißgerät auf den Markt gebracht. Heute beschäftigt das Unternehmen weltweit rund 250 Mitarbeiter*innen. Die Schweißgeräte werden nach wie vor am deutschen Standort in Auenwald entwickelt und gefertigt. „Made in Germany wird von den Kunden rund um den Globus geschätzt“, so Paul Giesinger, F & E Technologiemanager Mechatronik. Immer wieder haben die Schwaben Innovationen herausgebracht, die dem Schweißen neue Impulse gaben. Ein großer Schwerpunkt liegt auf dem MIG/MAG-Schweißen, auch das WIG-Schweißen spielt seit 1969 seine Rolle.

Mechatronik-Schub

Dabei wird die Software immer wichtiger. Heute steuert sie u.a. den Lichtbogen - der Schweißprozess wird dadurch einfacher, sicherer und schneller. Mit Hilfe der Mechatronik wird jetzt die Entwicklung weiter beschleunigt und die Geräte werden deutlich kompakter.

Bereits 2006 hat Lorch die DPS-Software SolidWorks eingeführt. Die Installation beim Schweißtechnik-Spezialisten beinhaltet mittlerweile neben SolidWorks selbst auch den SolidWorks Composer (für die Dokumentation) und das PDM-System SolidWorks PDM Professional

Die Entscheidung für PDM (Produktdatenmanagement) ist vor allem gefallen, weil man mit SolidWorks Electrical und Mechanik-CAD nun noch mehr Daten erzeugt und ein zentrales Verwaltungssystem für diese Anwendung benötigt. Durch den mechatronischen Ansatz ist die Entscheidung für ein PDM-System absolut notwendig geworden, auch wenn man schon früher an einen Einsatz wegen der Mehrwerte wie bessere Speicherzeiten, relationale Datenbank, erhöhte Transparenz und Audit-Sicherheit gedacht hat.

Zudem gibt es eine direkte Kopplung von SolidWorks Electrical ans PDM. Mit nur zwei Buttons können die Projekte und Daten ein- und ausgecheckt werden und es entsteht somit ein zu 100 Prozent kontrolliert gesteuerter Workflow.

„Als vor rund fünf Jahren SolidWorks Electrical herauskam, haben wir uns schon dafür interessiert, das System war damals allerdings noch zu stark auf den Schaltschrankbau fixiert. Für einen Anlagenbauer mit elektrisch/mechanisch integrierten Teilen ging es noch nicht. Das hat sich aber bald zu unseren Gunsten geändert, und wir konnten einsteigen“, berichtet Giesinger.

Monatelange Testphase

Nach intensiver Vorbereitung inklusive Nutzerausbildung, begann eine sechsmonatige Testphase. In dieser Phase war die Unterstützung durch den Softwarelieferanten DPS beim Erlernen der Basisfunktionen und für das optimale Einrichten des Systems besonders wichtig. Die Aufgabe von Paul Giesinger und seinen Kollegen war es, die Software so lange auszuprobieren, „bis wir wussten, wie sie im Detail funktioniert und bis eine selbständige Beherrschung gegeben war“.

Grenzen überwinden

Die Software, um die es hier geht, kommt von der französischen Firma Trace, bekannt durch ihr Teilekatalogsystem Traceparts. Dabei stehen drei Pakete zur Verfügung:

  • SolidWorks Electrical Schematics, ein 2D-Paket für die Schaltplanentwicklung mit umfangreicher Bauteilbibliothek.
  • SolidWorks Electrical 3D. Um die Vorteile der Mechatronik zu erfahren, braucht man die Integration ins 3D. Über SolidWorks Electrical 3D wird die 3D-Darstellung der elektrischen Komponenten bewerkstelligt.
  • SolidWorks Electrical Professional enthält beide oben genannten Einzelpakete, die dann nur eines einzelnen Installations- und Lizenzierungsschrittes bedürfen.

SolidWorks Electrical bietet Vorteile bei der Kabelverlegung, bis hin zur Konstruktion von Kabelbäumen. Die Leitungsführungstechnologie im System ermöglicht stark vereinfachtes automatisches Verlegen von Drähten, Kabeln und Kabelbäumen aus dem 3D CAD-Modell heraus. Die detaillierten Informationen zur Leitungsführung sind sofort für alle am Projekt beteiligten Benutzer verfügbar.

Benutzer können auch parallel arbeiten, alle Entwurfsdaten werden in Echtzeit zwischen Elektrik und Mechanik synchronisiert, so dass keine Inkompatibilitäten auftreten. So erlaubt SolidWorks Electrical die Erstellung von Anlagen-Fließbildern, die nicht nur im Anlagenbau zu einer vollständigen Beschreibung der Produkte genutzt werden können.

Ohne digitale Werkzeuge nicht mehr denkbar

Bei Lorch ist das Ergebnis jedenfalls erfreulich: Es passe wirklich alles zusammen und die Geräte werden noch kompakter, freut sich Technologiemanager Paul Giesinger. Ein neues Gerät zum 200 Ampere WIG-Schweißen wiegt jetzt nur noch 7,5 Kilogramm. Ebenfalls sehr zu schätzen sei der Zeitvorteil. Weil etwa die Kabelbäume virtuell genau eingepasst werden können, seien sie auch schon bestellbar. Bis dann die anderen Teile für den Bau des Prototyps in der Werkstatt ankommen, sind auch die Kabelbäume da. Sie müssen nicht erst dann vom Elektriker „hineingefriemelt“ werden, um danach die wahren Längen der einzelnen Stränge abzumessen, diese rückwärts zu dokumentieren und dann bestellen zu können. „Das spart uns Wochen“, meint Giesinger. „Eine andere Arbeitsweise ist in Zukunft nicht mehr denkbar.“

www.lorch.eu
www.dps-software.de

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