Handeln gefragt

elektronische Vergabe
18.11.2014

Das Thema E-Vergabe beschäftigt die gesamte Europäische Union. Dennoch ist die Verbreitung – verglichen mit dem Interesse in Österreich – aktuell gering.
Alfred Jöchlinger, Geschäftsführer des Ankö (l.), und Matthias Öhler, Schramm Öhler Rechtsanwälte, raten KMUs, sich so bald wie möglich aktiv mit dem ­Thema E-Vergabe auseinanderzu­setzen.

Jeder Zweite will mit der E-Vergabe arbeiten, aber nur jeder Fünfzigste tut es – so lässt sich eine Befragung des Auftragnehmerkatasters Österreich (Ankö) aus dem vergangenen Herbst zusammenfassen. Das Interesse steht also im klaren Widerspruch zur tatsächlichen Nutzung und Verbreitung der elektronischen Angebotsabgabe im Bereich der öffentlichen Vergaben, die allgemein erst bei zwei Prozent liegt. Dennoch sollten sich gerade Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) jetzt mit der Thematik vertraut machen, da das Bundesvergabegesetz 2006 aufgrund eines EU-Richtlinienpakets zum öffentlichen Auftragswesen bis 2016 grundlegend zu überarbeiten beziehungsweise neu zu erlassen ist und ein wesentliches Ziel die Modernisierung des Auftragswesens darstellt. 

Die öffentlichen Auftraggeber werden verpflichtet sein, Vergabeverfahren vollelek­tronisch abzuwickeln. Dabei geht es immerhin um Aufträge im Wert von 54 Milliarden Euro jährlich. Ein wesentlicher Faktor hinter der Einführung der E-Vergabe ist die Effizienzsteigerung und Kostensenkung in Vergabeverfahren. Die EU-Kommission geht durch die raschere und papierlose Abwicklung von Einsparungen von fünf bis 20 Prozent der Beschaffungskosten aus. EU-weit sollen so bis zu 100 Milliarden Euro eingespart werden, das österreichische Finanzministerium beziffert die mögliche Kostensenkung mit 590 Millionen Euro. 

„Der wesentliche Vorteil der E-Vergabe ist neben der Kostenersparnis jener, dass zusätzlich für mehr Transparenz gesorgt wird“, sagt Matthias Öhler, Schramm Öhler Rechtsanwälte. „Der Prozess ist ein Baustein zum gläsernen öffentlichen Auftraggeber.“ Dies geschieht etwa durch Verschlüsselung der Angebote sowie dadurch, dass eine vorzeitige Öffnung der Angebote bereits technisch nicht mehr funktionieren wird. Korruption im Vergabeprozess werde dadurch beinahe unmöglich gemacht. Ebenso sollte diese Transparenz am Ende einer jeden Vergabe stehen. „Es wäre wünschenswert, das Datenmaterial nach Abschluss aufzubereiten und für jedermann ersichtlich zu machen“, fordert Alfred Jöchlinger, Geschäftsführer des Ankö. „So könnte man einfach feststellen, ob es bevorzugte Firmen gibt und Ähnliches.“ Die Zukunft liege überhaupt im Bereich der Open Data, Hamburg mache es schon seit Jahren vor. 

Ein wichtiger Punkt, der sich nach Jöchlinger ebenfalls noch ändern sollte, ist das Schnittstellensystem der verschiedenen Plattformen. „Sechs verschiedene, unabhängig voneinander arbeitende E-Vergabe-Plattformen in Österreich sind nicht notwendig“, so Jöchlinger. „Wir brauchen eine standardisierte Schnittstelle, die einen strukturierten Datenaustausch zwischen allen elektronischen Plattformen ermöglicht. Sonst behindern wir nur den Durchbruch der E-Vergabe.“

Um gerade KMUs die Umstellung auf elektronische Gebote oder Vergaben zu erleichtern, veröffentlichte nun das Ankö in Kooperation mit Schramm Öhler Rechtsanwälte die Broschüre „Fit für die E-Vergabe“. Darin wird die ­grundsätzliche Funktion der Vergabeform erläutert und eine detaillierte schrittweise Anleitung des Systems geboten. „Wir wollen nicht, dass die kleineren Betriebe bei der Umstellung auf der Strecke bleiben“, erklärt der Ankö-Geschäftsführer. „Es ist wichtig, dass sie sich schon jetzt damit beschäftigen und sich im besten Fall sogar Vorteile verschaffen können.“

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