Wissen als entscheidender Faktor
Von der klassischen Heizungsregelung zum intelligenten Gebäudemanagementsystem ist es kein weiter Weg, betonen Branchenkenner. Vielmehr eröffnen sich durch moderne Techniken, künstliche Intelligenz und Datenanalyse eine Reihe neuer Geschäftschancen für Installateur*innen.

Digitalisierung ist eines jener Schlagworte, die üblicherweise gleichzeitig Hoffnung und Sorge hervorrufen. In der Gebäudetechnik ist die Digitalisierung seitens der Hersteller längst angekommen. Was vor wenigen Jahren noch als Zukunftsvision galt, wird heute bereits auf Baustellen, in Wohnanlagen und gerade auch bei Sanierungen umgesetzt. Für Installateur*innen stellt sich daher nicht die Frage, ob sie sich mit digitaler Gebäudetechnik beschäftigen sollten, sondern vielmehr wann und wie der Einstieg erfolgen soll. Wenig Wunder, eröffnen sich dadurch doch neue Geschäftsfelder, die klassische Installationsarbeit mit Datenanalyse, Service und Beratung verbinden.
Gleich mehrere Faktoren treiben diese Entwicklung dabei an, so verschärfen etwa EU-Richtlinien und nationale Vorgaben wie die OIB-Richtlinien den Druck auf energieeffizientes Bauen und Sanieren. Zudem erwarten Kund*innen zunehmend Smart Home-Komfortfunktionen, also etwa Temperaturregelung per App, automatische Anpassung an die Nutzung des Raumes oder transparente Verbrauchsdaten. Nicht zuletzt spielt auch die Klimapolitik eine wichtige Rolle, hat sich Österreich doch verpflichtet, den Gebäudebestand bis 2040 klimaneutral zu machen. „Gebäude sind in Österreich für rund ein Drittel des Endenergieverbrauchs verantwortlich und verursachen mehr als 10 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen)“, schreibt dementsprechend Peter Hanke, Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur, im Vorwort zum „Gebäudereport Österreich 2025“. Ohne intelligente Steuerung von Heizungs-, Kühl- und Lüftungssystemen ist das Ziel der klimaneutralen Gebäude bis 2040 kaum zu erreichen.
Für Installateur*innen bedeutet dies, dass sie mehr denn je zu Schlüsselfiguren werden, wenn es darum geht, smarte Komponenten nicht nur fachgerecht einzubauen, sondern auch im Zusammenspiel verschiedener Gewerke zu integrieren. Ein Blick auf die Produktentwicklungen der letzten Jahre zeigt, wie stark sich die Arbeit dadurch verändert. Klassische Ventile oder Thermostate sind mittlerweile vielfach durch digitale Varianten ersetzt, die mehr können, als nur Durchfluss oder Temperatur zu regeln. Systeme wie digitale Stellantriebe erfassen Daten in Echtzeit, messen Druckverluste, analysieren Temperaturdifferenzen und lassen sich über Smartphones konfigurieren.
Klaus-Dieter Fuhrmann, seines Zeichens Geschäftsführer IMI Hydronic Engineering, betont, dass solche Lösungen nicht nur die Energieeffizienz erhöhen, sondern auch dabei helfen, Installateur*innen zu entlasten. Einstellungen lassen sich präziser vornehmen, Fehlfunktionen schneller erkennen, Inbetriebnahmen dokumentieren. Für die Praxis bedeute dies aber eine Umstellung im Arbeitsalltag. Denn während früher der Fokus auf Schraubenschlüssel und Dichtung lag, würden heute zunehmend Laptop und Tablet zum unverzichtbaren Werkzeug. Im Rahmen eines Seminars des Unternehmens Mitte September in Wien zeigten Fuhrmann und Kollegen, wie Installateur*innen von der Digitalisierung profitieren können.
So könne beispielsweise der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) Fachleute zwar nicht ersetzen, dennoch werde die Technologie den (Büro)-Alltag erheblich beeinflussen. „Die Kombination von Scanner Software mit KI kann für Installateur*innen bei der Bestandaufnahme zu wesentlichen Zeit- und Aufwandsreduktionen führen und dadurch den nachträglichen hydraulischen Abgleich für Bestandsanlagen attraktiver machen.“

Stichwort Datensicherheit
Die größte Herausforderung für heimische Installationsbetriebe ist weniger die Technik selbst als vielmehr der Umgang mit ihr. Digitale Gebäudetechnik verlangt nach neuem Wissen, beispielsweise welche Protokolle relevant sind („BACnet“, „KNX“, „Modbus“, usw.; Anm.d.Red.) oder wie Schnittstellen zur Gebäudeleittechnik funktionieren. Zudem kommt der Faktor Sicherheit, also beispielsweise welche Sicherheitsstandards zu beachten sind, wenn Daten über Netzwerke fließen. Viele Betriebe in Österreich sind hier bereits aktiv. Seminarangebote – etwa zur Norm „ISO EN 52120-1“, die den Rahmen für Gebäudeautomation vorgibt – werden verstärkt nachgefragt. Auch Hersteller bieten gezielte Weiterbildungen an, in denen praxisnah vermittelt wird, wie sich smarte Ventile oder Thermostate installieren und konfigurieren lassen. Für Installateur*innen ist diese kontinuierliche Weiterbildung entscheidend, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten und gleichzeitig neue Geschäftsfelder erschließen zu können.
Gerade im österreichischen Markt mit seiner Mischung aus Neubauprojekten, aber auch einem hohen Anteil an sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden ergeben sich vielfältige Möglichkeiten. In Neubauten werden Gebäudeautomationssysteme mittlerweile oft bereits in der Planungsphase berücksichtigt. Hier können Installateur*innen ihre Kompetenz einbringen, indem sie nicht nur Produkte einbauen, sondern auch Schnittstellen zu anderen Gewerken koordinieren.
Noch spannender ist aber der Bestand. In Zinshäusern, Wohnanlagen oder öffentlichen Gebäuden lassen sich mit vergleichsweise überschaubaren Eingriffen – etwa durch digitale Thermostate oder den Austausch von Ventilen – deutliche Verbesserungen bei Komfort und Energieverbrauch erzielen. Solche Maßnahmen können Installateur*innen als „Einstiegsprojekte“ nutzen, um Erfahrungen mit digitalen Systemen zu sammeln und Kundinnen und Kunden von den Vorteilen zu überzeugen. Ein weiterer Aspekt ist die Serviceorientierung. Wer heute smarte Komponenten installiert, kann ergänzend Monitoring oder Wartungsverträge anbieten. Die Anlage wird nicht nur einmal in Betrieb genommen, sondern kontinuierlich überwacht. Abweichungen werden erkannt, bevor größere Schäden entstehen, Optimierungen lassen sich aus der Ferne vornehmen. Für Installateur*innen entsteht so ein wiederkehrendes Geschäft, das über das klassische Einmalgeschäft hinausgeht.
Hürden überwinden
Viele kleinere Betriebe verfügen allerdings noch nicht über eigenes IT-Know-how und fürchten den zusätzlichen Aufwand. Auch die Vielfalt an Systemen und Protokollen sorgt für Unsicherheit. Denn nicht jedes Produkt ist mit jeder Anlage kompatibel, die Integration erfordert Planung und Abstimmung. Dazu kommen Investitionskosten für Schulungen, Software und Werkzeuge, die zunächst abschrecken können.
Beispiele aus der Praxis zeigen aber, betont auch Fuhrmann, dass diese Hürden überwindbar sind. Entscheidend ist, nicht sofort das große Komplettprojekt anzustreben, sondern mit klar abgegrenzten Anwendungen zu beginnen. Ein Pilotprojekt in einem Mehrfamilienhaus, die Nachrüstung von Thermostaten in einem Schulgebäude oder die Einbindung eines digitalen Stellantriebs in einer Gewerbeanlage können wertvolle Erfahrungen liefern. Schritt für Schritt wächst so die Kompetenz – und mit ihr die Bereitschaft, größere Projekte zu übernehmen.
Die digitale Gebäudetechnik steht erst am Anfang. In den kommenden Jahren werden sich Trends wie die vorausschauende Erkennung von Störungen, oder selbstlernende Systeme auch in Österreich verbreiten. Künstliche Intelligenz könnte helfen, Regelstrategien automatisch zu optimieren, indem Verbrauchsdaten und Nutzerverhalten ausgewertet werden. „KI erleichtert vor allem repetitive und textbasierte Aufgaben. Viele Berufe profitieren davon, ohne dass die KI den Menschen ersetzt. Häufig übernimmt sie nur Teilaufgaben, wie das Formulieren von E-Mails, das Vorbereiten von Präsentationen oder das Zusammenfassen von Informationen“, unterstreicht Fuhrmann. KI könne aber beispielsweise die Heizlast- und Rohrnetzberechnung durch Automatisierung, Mustererkennung und Vorschläge ergänzen, „aber nicht vollständig ersetzen“. „Die Rolle des Fachplaners bleibt zentral, insbesondere bei der normgerechten Auslegung und Verantwortung gegenüber Bauherren und Behörden.“ Für Installateur*innen bedeutet dies, dass sie zunehmend Partner in einem System, das über einzelne Produkte hinausgeht und die gesamte Gebäudeperformance umfasst, werden.
Damit verbunden sind auch neue Geschäftsmodelle – wer etwa Monitoring und Fernwartung anbietet, kann langfristige Kundenbeziehungen aufbauen. Wer sich auf Retrofit-Lösungen spezialisiert, wird wiederum in der Sanierung von Altbeständen gute Chancen haben – ein Feld, das in Österreich angesichts des hohen Sanierungsbedarfs enorme Bedeutung hat. Und wer frühzeitig in Standards und Schnittstellen investiert, kann sich als kompetenter Partner für Planer*innen und Bauträger etablieren.
Vom Einzelgerät zum vernetzten System
Digitale Gebäudetechnik hilft Kosten zu sparen, die Effizienz des Systems zu steigern und erhöht den Komfort der Bewohner*innen. Ihre volle Stärke entfaltet sich allerdings erst durch die Integration verschiedener Komponenten in ein Gesamtsystem. Eine moderne Gebäudeleittechnik (GLT) fungiert dabei als zentrale Schaltstelle und ermöglicht verschiedene Vorteile, darunter etwa zentrale Überwachung und Steuerung. So finden sich alle Anlagenkomponenten in einer übersichtlichen Oberfläche, es existiert ein Alarmmanagement bei Störungen oder ungewöhnlichen Betriebszuständen, die Energieverbrauchsanalyse findet in Echtzeit statt und Benutzer*innen erhalten, basierend auf den Verbrauchsmustern, automatische Optimierungsvorschläge.
So können die Betriebskosten durch eine optimierte Anlagenfahrweise reduziert werden, die Lebensdauer der Anlagenkomponenten wird deutlich verlängert, die Betriebsparameter werden rechtssicher dokumentiert und Wartungsbedarf wird bereits vorausschauend erkannt.