Vergaberecht

Der Entwurf für die Vergaberechtsnovelle unter der Lupe

03.12.2025

Mit dem Entwurf zur Vergaberechtsnovelle 2026 steht eine moderate, aber praxisrelevante Reform bevor. Besonders im Unterschwellenbereich sollen die Spielräume für Auftraggeber erweitert werden. Welche Änderungen auf Bau- und Lieferaufträge zukommen, zeigt dieser Überblick.

Der Ministerialentwurf für die Novelle zum Vergaberecht liegt seit kurzer Zeit vor. Die Unterlagen dazu finden sich hier.
Die Novelle soll (wenn sie rechtzeitig beschlossen wird) bis zum 31.3.2026 in Kraft treten. Die neuen Bestimmungen würden dann im Wesentlichen für jene Vergabeverfahren gelten, die ab Inkrafttreten der Novelle eingeleitet werden. Insgesamt halten sich die Neuerungen in Grenzen. In einigen Punkten sind allerdings Änderungen vorgesehen, die für die Praxis wesentlich sind.

Mehr Spielraum im Unterschwellenbereich

Die auffälligsten Änderungen liegen bei den sogenannten „Subschwellenwerten“ (also im Unterschwellenbereich – außerhalb der Geltung der EU-Vergaberichtlinien) und den Bestimmungen, bis zu welchem geschätzten Auftragswert (Nettobeträge) welche Verfahrensart vom Auftraggeber gewählt werden darf. Im Wesentlichen sehen die geplanten Änderungen wie folgt aus (siehe Tabelle).
Die Möglichkeiten für die Heranziehung formloser Verfahrensarten (Direktvergaben) und solcher mit geringerer Transparenz (nicht offenes Verfahren ohne Bekannt­machung) oder geringerem Bieterrechtsschutz (Direktvergabe mit Bekanntmachung) sollen also insgesamt deutlich erweitert werden.
Dafür sollen Auftraggeber ab einem geschätzten Auftragswert von EUR 50.000,- grundsätzlich verpflichtet sein, sich „um zumindest drei Angebote oder unverbindliche Preisauskünfte zu bemühen“. Ein im Rechtsschutzweg durchsetzbarer Anspruch auf Bieterseite soll dafür aber nicht bestehen.

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Neue EU-Schwellenwerte ab 2026

Übrigens werden sich ab Beginn 2026 (wie immer alle zwei Jahre) die EU-Schwellenwerte, also die Grenzen zwischen Ober- und Unterschwellenbereich, voraussichtlich wie folgt ändern:

  • Bauleistungen: EUR 5.404.000,- (derzeit EUR 5.538.000,-)
  • Liefer-/Dienstleistungen für zentrale öffentliche Auftraggeber (zB Bundesministerien, Bundeskanzleramt, BBG): EUR 140.000,- (derzeit EUR 143.000,-)
  • Liefer-/Dienstleistungen für öffentliche Auftraggeber: EUR 216.000,- (derzeit EUR 221.000,-)
  • Liefer-/Dienstleistungen für Sektorenauftraggeber: EUR 432.000,- (derzeit EUR 443.000,-)
©ÖWV

Das teilweise verpflichtende Bestbieterprinzip (das Verbot, nur den Preis als Zuschlagskriterium zu verwenden) wird im Wesentlichen gekippt. Zwar soll es den Vorrang zum Bestbieterprinzip geben, wenn es sich nicht „um eindeutig und vollständig beschriebene Leistungen handelt“. Die Erfahrungen zeigen aber, dass es sich dabei um ein eher stumpfes Schwert handelt.
Andernfalls soll es nur mehr die Verpflichtung geben, (irgendwo) in Leistungsbeschreibung, technischen Spezifikationen, Eignungs-/Zuschlagskriterien oder Vertrag (irgendwelche) qualitätsbezogene umweltgerechte, nachhaltige, soziale, innovationsbezogene oder KMU-fördernde Aspekte unterzubringen. Fallweise wird diese Verpflichtung – mit einem leichten Hang zur Übertreibung – als „horizontales“ Bestbieterprinzip bezeichnet. Das gilt außerdem nur für bestimmte Leistungen (z.B. Dienstleistungsaufträge im Verhandlungsverfahren, Bauaufträge ab 1,5 Mio Euro bzw. im Sektorenbereich ab 10 Mio Euro geschätztem Auftragswert). Bei Subunternehmern soll es die bürokratische Erleichterung geben, dass diese – auch wenn sie eignungsrelevant sind – während des Vergabeverfahrens ausgetauscht werden dürfen (das soll aber nicht für die Nachnominierung von vergessenen Subunternehmern gelten).
Beim Zeitpunkt, in dem die Eignung eines Bewerbers/Bieters vorliegen muss, soll es künftig möglich sein, dass nicht für alle der gleiche Zeitpunkt gilt, sondern:

  • bei Vorliegen einer Eigenerklärung: der Zeitpunkt des Ablaufes der für die Vorlage von Nachweisen gesetzten Frist;
  • bei Nachweisen über Datenbanken: der Zeitpunkt des Zugriffes des Auftraggebers auf die Datenbank;
  • bei Mängelbehebungen: der Zeitpunkt des Ablaufes der gesetzten Frist

Bei der „Selbstreinigung“ soll die Verpflichtung zum Schadensausgleich erst ab rechtskräftiger Verurteilung gelten; die Verpflichtung zur „aktiven Zusammenarbeit“ zur Aufklärung aber auch bezogen auf den Auftraggeber (nicht nur Ermittlungsbehörden) und auch auf die Klärung des verursachten Schadens (nicht nur die Klärung der Straftat/Verfehlung). Und außerdem soll diese Verpflichtung zur „aktiven Zusammenarbeit“ vor einer rechtskräftiger Verurteilung (wenn trotzdem bereits eine Unzuverlässigkeit vorliegt) „laufend“ bestehen.

Die Novelle soll auch die ökologische Beschaffung stärken. Viel ist dazu aber nicht vorgesehen: Der Grundsatz der Umweltgerechtheit wird durch das Wort „Nachhaltigkeit“ ergänzt; die ökologische Aspekte, die ein Auftraggeber berücksichtigen darf, werden um die „Reduktion der Flächeninanspruchnahme“ und die „Priorität der Lebenszykluskosten“ ergänzt; und dieser Grundsatz kann ausdrücklich durch Eignungskriterien umgesetzt werden. Letzteres soll auch für soziale und innovative Aspekte gelten.
Im Rechtsschutzbereich soll das Problem beseitigt werden, dass ein Antragsteller die korrekte Pauschalgebühr an das Gericht zahlen muss, obwohl sich diese teilweise nach dem geschätzten Auftragswert richtet, der vom Auftraggeber nicht offenzulegen ist. Künftig soll der Auftraggeber zwar nicht den geschätzten Auftragswert angeben müssen, aber es werden „Kategorien“ dafür vorgesehen, und diese muss in der Ausschreibung angegeben werden: Beispiel: Wenn in der Ausschreibung „Gebührenkategorie 2“ steht, wüsste ein Antragsteller, dass er 2.000,-Euro an Pauschalgebühren zahlen muss (und er wüsste, dass der geschätzte Auftragswert zwischen 0,5 und 1,5 Mio. Euro liegt, denn das entspricht dieser Kategorie).


Der Autor

Thomas Kurz
© Christian Hofer
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RA Mag. Thomas Kurz ist Rechtsanwalt bei
Heid und Partner ­Rechts­­­anwälte GmbH, ­Kundmanngasse 21, A-1030 Wien
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