Bundesinnung Bau

Baumeister und Baugewerbetreibender im Gewerberecht

Bundesinnung Bau
12.04.2022

Dem Baumeister und Baugewerbetreibenden räumt die Gewerbeordnung (GewO) einen ­besonderen Stellenwert ein. Neben den speziellen Ausführungen in § 99 GewO gelten für das reglementierte Baumeistergewerbe auch die allgemeinen Regelungen des Befähigungsnachweises.
Baumeister Collage

Für das reglementierte Baumeistergewerbe ist bei der Gewerbeanmeldung ein spezieller Befähigungsnachweis zu erbringen. In welcher Form dieser erbracht werden kann, ist davon abhängig, ob das Baumeistergewerbe uneingeschränkt (= Baumeister) oder auf ausführende Tätigkeiten eingeschränkt ­(= Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf …) angemeldet und ausgeübt werden soll. 

Ganz allgemein ist unter einem Befähigungsnachweis der Nachweis zu verstehen, dass der Gewerbetreibende die fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, um die dem ­betreffenden Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten selbstständig ausführen zu können. Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort hat für diese Zwecke für jedes reglementierte Gewerbe durch Verordnung festgelegt, durch welche Belege – für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander – die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hierfür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls („generell“) als erfüllt anzusehen sind. 

Für das Baumeistergewerbe sind die generellen Befähigungsnachweise in der Baumeister-Verordnung (Bmstr-VO) geregelt. Diese unterscheidet zwischen den Zugangsvoraussetzungen der Berufsgruppe der Baumeister einerseits und der Baugewerbetreibenden andererseits und beschreibt den sogenannten generellen Befähigungsnachweis. 

Genereller Befähigungsnachweis für Baumeister

Unabdingbare Voraussetzung für die Anmeldung des uneingeschränkten Baumeistergewerbes, das – zusätzlich zu den ausführenden Tätigkeiten – die Planung, Berechnung, Leitung und Bauaufsicht von Hochbauten, Tiefbauten und anderen verwandten Bauten beinhaltet, ist die Ablegung der Baumeisterbefähigungsprüfung. 

Die Inhalte der Baumeisterbefähigungsprüfung werden in einer eigenen Verordnung des Erweiterten Präsidiums der Wirtschaftskammer Österreich, der Baumeister-Befähigungsprüfungsordnung, festgelegt. Diese gliedert die Prüfung in drei Module, die unterschiedliche Prüfungsgegenstände aufweisen. Sowohl die Prüfungsgegenstände als auch die Module werden jeweils getrennt voneinander beurteilt. 

Neben der Baumeisterbefähigungsprüfung müssen vom Anmeldungswerber Praxis­zeiten nachgewiesen werden, welche in § 1 Abs. 1 Z 1 Bmstr-VO detailliert aufgelistet sind. Abhängig von der schulisch-akademischen Vorbildung müssen zwischen drei und sechs Jahre fachliche Tätigkeit nachgewiesen werden, davon mindestens zwei Jahre als Bau­leiter oder Polier. Bei Überprüfung durch die Gewerbe­behörde kommt es dabei weniger auf die Bezeichnung „Bauleiter“ oder „Polier“ an, als auf die damit verbundenen tatsächlichen Tätigkeiten. So muss der Anmeldungswerber nachweislich dafür Sorge getragen haben, dass verfasste Pläne vorschriftsgemäß in die Realität umgesetzt werden konnten. Hierfür benötigt er notwendigerweise eine Kon­troll- und ­Weisungsbefugnis, um die einzelnen Gewerbetreibenden auf der Baustelle koordinieren zu können und die Gewerke in technischer Hinsicht und die Abrechnungen auf ihre Richtigkeit kon­trollieren zu können. 

Genereller Befähigungsnachweis für Baugewerbetreibende

Anders als beim uneingeschränkten Baumeistergewerbe sehen die Zugangsvoraussetzungen für den Baugewerbetreibenden, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten, keine Baumeisterbefähigungsprüfung vor. Für dieses eingeschränkte Gewerbe müssen – abhängig von der schulischen Vorbildung – zwischen drei und sechs Jahre Praxistätigkeiten nachgewiesen werden, die allerdings (zumindest teilweise) nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie nicht vor mehr als zehn Jahren beendet worden sind. 

Individueller Befähigungsnachweis für Baugewerbetreibende

Kann der generelle Befähigungsnachweis gem. § 2 Bmstr-VO nicht erbracht werden, besteht – anders als beim uneingeschränkten Baumeistergewerbe – die Möglichkeit der Feststellung der individuellen Befähigung als nicht standardisierten Befähigungsnachweis gem. § 19 GewO. Der Gesetzgeber geht hierbei davon aus, dass die für die selbstständige Ausübung eines Gewerbes notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen auf unterschiedliche Art und Weise erworben werden können. 

Zur Beurteilung der individuellen Befähigung überprüft die Gewerbebehörde anhand von individuell beigebrachten Beweismitteln wie Zeugnissen, Belegen, Arbeitsproben, Fachgesprächsgutachten etc., ob der Anmeldungswerber mit seinen individuellen Qualifikationen in der Lage ist, den Befähigungsnachweis zu erbringen. Hat die Behörde Zweifel, ob die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vorliegen, kann sie weitere Beweise verlangen. Insbesondere kommt hierfür die Durchführung eines Sachverständigen­beweises in Betracht, wofür die Behörde ein Gutachten der zuständigen Fachorganisation einer Landes-Wirtschaftskammer heranziehen kann. Die Ergebnisse dieses Sachverständigenbeweises (also ob die Belege geeignet oder nicht geeignet sind, die erforderliche fachliche Befähigung nachzuweisen) hat die Kammerorganisation in ihrem Fachgutachten festzuhalten und das Vorliegen der Befähigung für das jeweilige Gewerbe zu bejahen oder zu verneinen. 

Bejaht die Gewerbebehörde (z. B. auf Basis dieses Fachgutachtens) das Vorliegen der ausreichenden Befähigung, erlässt sie darüber einen positiven Feststellungsbescheid und hat unverzüglich die Eintragung in das Gewerbeinformationssystem Austria zu veranlassen. Liegen die Gewerbe­voraussetzungen nicht vor (also wird der individuelle Befähigungsnachweis verneint), hat die Behörde die Ausübung des Gewerbes zu untersagen. 

Der individuelle Befähigungsnachweis ist beim Baumeistergewerbe stark eingeschränkt, da dieser nicht für Tätigkeiten des uneingeschränkten Baumeistergewerbes (also für die Planung, Berechnung, Leitung und Bauaufsicht von Hochbauten, Tiefbauten und anderen verwandten Bauten) erbracht werden kann

Buchtipp: Baumeister und Baugewerbetreibender im Gewerberecht

Die GewO 1994 regelt für die Mehrzahl der österreichischen Unternehmen deren Berechtigungsumfang. Ein gewerberechtliches Fachbuch steht damit gewissermaßen vor dem Problem, sich entweder auf die allgemeinen Themen zu konzentrieren – was den Nutzer dann ratlos zurücklässt, wenn er nach konkreten Abgrenzungen zwischen den Gewerben sucht – oder aber ins Detail zu gehen. In letzterem Fall hat der Nutzer zwar ein umfangreiches Werk in Händen, allerdings hat ein Großteil der Ausführungen darin für ihn keinen praktischen Nutzen.
Im neuen Buch „Baumeister und Baugewerbetreibender im Gewerberecht“ werden sämtliche Teile der GewO behandelt, die für alle Gewerbetreibenden von Bedeutung sind (etwa der Begriff der Gewerbsmäßigkeit an sich), aber ganz besonders und im Detail auch Fragen der Abgrenzung des Baumeistergewerbes von anderen Bau­gewerben. Obwohl dieses Buch nicht vorrangig im Hinblick auf die Vorbereitung zur Befähigungsprüfung für das Baumeistergewerbe geschrieben wurde, war dies die Leitlinie für die Frage, was in diesem Buch berücksichtigt werden soll und was nicht. Die Vertiefung geht aber weit über ein vergleichbares Skriptum hinaus und sollte dem Praktiker bei der Beantwortung seiner Fragen helfen.

Infos und Bestellung:
200 Seiten, 1. Auflage 2022
Preis: 44 Euro (inkl. MwSt.)
Versandkostenfreie Bestellung unter: www.lindeverlag.at

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